Leidenschaft in den Highlands
war völlig absurd. Avery würde ihn niemals hintergehen. Sie war keine Hure, die Spiele mit ihm trieb, sondern eine ehrenhafte Frau.
Patrick legte seine Hand beruhigend auf Ewans Oberarm. »Das liegt mir fern. Aber deine heftige Reaktion zeigt mir, dass ich nicht ganz falschliege. Sie bedeutet dir viel. Ich möchte dich nur daran erinnern, deine Ziele trotz allem nicht aus den Augen zu verlieren. Warum bereiten sich unsere Männer nicht auf den Angriff vor? Soll das am Ende heißen, wir stoßen nur leere Drohungen aus? Bald tanzen uns nicht nur die MacBaines auf der Nase herum. Wir haben ihnen eine Frist gesetzt. Halten sie diese nicht ein, müssen wir handeln, sonst verlieren wir unser Gesicht. Das kann nicht in deinem Interesse sein.«
»Ist es auch nicht«, sagte Ewan nachdenklich.
»Chief, wir sollten mit den Vorbereitungen beginnen. Die Boten aussenden, ein Treffen der Chieftains einberufen, die Truppen sammeln.«
»Es bleibt uns noch genügend Zeit. Aber ich verspreche dir, dass ich nicht von meinem Plan abrücke. Darauf hast du mein Wort.«
Patrick nickte, aber eine steile Falte zwischen seinen Augen verriet, dass er mit der Antwort nicht gänzlich zufrieden war. »Ich wünschte, wir würden nicht länger warten.«
Der Junge hatte nicht unrecht. Das musste Ewan einsehen.
»Also gut, nimm du es in die Hand. Sprich mit den Chieftains. Aber keiner von ihnen soll sich erdreisten, ohne meinen Befehl voranzustürmen. Diese Angelegenheit kann immer noch friedlich gelöst werden.«
Patrick nickte.
Ewan fühlte sich überhaupt nicht wohl in seiner Haut. Er liebte eine Frau aus dieser Familie. Er konnte und wollte ihr kein Leid zufügen. Andererseits büßte er Ansehen bei seinen Männern ein, wenn er einen Rückzieher machte oder den MacBaines gar das Land übereignete. Dabei wäre es genau das, was er tun würde, wenn er seinem Herzen folgte. Avery hatte seinem Leben einen neuen Sinn gegeben. Nicht Macht und Besitz waren das, was er begehrte, nicht mehr.
Ewan machte sich auf den Weg zum Westturm. Aber dann hielt er inne und kraulte seinen Vollbart. Er hatte eine Idee.
Cathee trug ein Tablett mit einem Laib Brot, zwei Schüsseln Fischeintopf, Heidehonig, Frischkäse und Schafswurst sowie zwei Flaschen Ale herein. Sie stellte alles auf den Tisch und wischte sich die Hände an ihrer Schürze ab.
»Willst du mich mästen?«, fragte Avery, überrascht von der Üppigkeit des Mahls.
»Laird MacCallen hat einen gesunden Appetit. Ihr müsst achtgeben, dass Ihr etwas davon abbekommt.«
Avery lachte. »Danke für den Rat. Aber wer viel trainiert, hat auch einen Bärenhunger.«
»Aye, da habt Ihr recht, Lady MacBaine.«
In diesem Moment ging die Tür auf, und Ewan MacCallen trat ein.
»Es ist angerichtet«, sagte Cathee.
»Sehr gut. Ich danke dir.«
Sie knickste und ging.
Avery musterte Ewan. Er sah irgendwie anders aus. Aber sie wusste nicht recht, was sich verändert hatte.
Die schwarzen Haare waren aus seinem charaktervollen Gesicht gekämmt und zu einem langen Zopf gebunden. So kam sein markanter Kiefer, der ihm einen Ausdruck von Entschlossenheit und Stärke verlieh, noch besser zur Geltung.
Seine Wimpern waren dicht. Sie erinnerten an einen dunklen Wald, in dem sich zwei dunkle, tiefe Seen verbargen. Die Lippen formten einen sinnlichen Mund, den ein zartes Lächeln umspielte. Ihr schien, als präsentiere er ihr sein Gesicht zum ersten Mal seit langer Zeit in seiner ganzen Schönheit.
Der Bart! Natürlich. Wie hatte ihr das nur entgehen können?
Endlich sah sie, was sich darunter verbarg: ein haarloses, kräftiges Kinn mit einem Grübchen und wundervolle Lippen, die sie bisher nur hatte erspüren können.
Fünf Jahre war es her, seit sie ihn ohne Bart gesehen hatte. Und nun, da er ihn abrasiert hatte, stellte sie fest, dass er noch genauso aussah wie damals am See.
Ewan schien ihren Blick bemerkt zu haben und fuhrsich mit der Hand über die glatte Haut. »Ich dachte, eine Veränderung wäre dringend nötig. Gefällt es dir?«
»Aye. Es steht dir gut.« Sie lächelte ihn an. Sein Gesicht wirkte nun viel freundlicher.
»Das freut mich. Möchtest du?«, fragte er und reichte ihr eine der beiden dampfenden Schüsseln, aus denen es köstlich nach Fisch duftete.
»Gern.«
Avery genoss jeden Bissen. Zum Nachtisch gab es Mürbeteiggebäck, ganz nach ihrem Geschmack.
»Mein Bauch fühlt sich an, als würde er gleich platzen«, sagte sie, nachdem alle Teller und Schüsseln geleert waren.
Ewan schien
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