Leidenschaft und Pfefferkuchen
den Feiertag bei niemandem verbringen konnten. Aber alle haben schließlich abgesagt. Also war Mark Kincaid mein einziger Gast.“
Sie schnappte sich die Kaffeekanne und eilte durch die Schwingtür in den Gastraum. Nur drei Tische waren besetzt; an der Bar saß ein einzelner Mann. Fast alle Gäste hatten bereits das Essen serviert bekommen. Nur ein Pärchen studierte noch die Speisekarte. Sie nahm schnell die Bestellung auf und lieferte den Zettel in der Küche ab.
Janie wartete bei der Kaffeemaschine. Ihr langer blonder Zopf wippte wie ein Pferdeschweif, als sie den Kopf schüttelte. „Entschuldige, aber hast du gerade ’Mark Kincaid’ gesagt?“
Darcy lächelte und hoffte inständig, dass sie nicht verlegen aussah. „Mmh. Wir wohnen Tür an Tür, und er ist Stammgast hier. Ich habe ihn noch nie mit anderen Leuten gesehen und dachte mir, dass er sich am Feiertag einsam fühlen könnte. Diese Jahreszeit kann hart für jemanden sein, der keine Familie in der Nähe hat.“
Janie wirkte so entgeistert, als hätte Darcy den Verstand verloren. „Also hast du ihn einfach eingeladen?“
„Ja.“
„Und er hat einfach zugesagt?“
Darcy versuchte, sich lässig zu geben. „Sicher. Warum sollte er nicht?“
„Ich weiß nicht. Seit er nach Whitehorn zurückgekommen ist, wirkt er nicht besonders gesellig.“ Janie setzte eine nachdenkliche Miene auf. „Gibt es irgendwas Interessantes zu berichten?“
„Na ja, er ist ganz nett.“
„Und?“
Sie hielt dem forschenden Blick stand und zuckte mit den Schultern. „Und was? Wie gesagt, er ist ein netter Kerl. Ziemlich ruhig. Er hasst Gemüse.“
Janie lachte. „Das überrascht mich nicht. Er weigert sich immer, Salat zu nehmen, wenn er zum Lunch oder Dinner herkommt. Ich wusste gar nicht, dass du ihn kennst.“ Ihre Belustigung verflog. „Ich bin froh, dass er zu Thanksgiving bei dir war. Hättest du ihn nicht eingeladen, wäre er wohl ganz allein geblieben.“
Darcy blickte in die Runde, um sich zu vergewissern, dass keiner der Gäste sie brauchte. Dann sagte sie mit gesenkter Stimme: „Ich weiß, dass er keine Angehörigen hier in der Stadt hat. Ich habe den Eindruck, dass er sowieso nicht viel Familie hat.“
„Nur eine Schwester. Maddie. Seine Eltern sind gestorben, als er auf dem College war.“ Janie hielt inne und überlegte einen Moment. „Und da war noch eine andere Verwandte. Eine Tante, denke ich. Mark hat sich bis zu seinem Collegeabschluss um Maddie gekümmert. Danach hat diese Tante die Aufgabe übernommen, damit er nach New York gehen konnte.“
Darcy bemühte sich, nicht zu viel in diese Information hineinzuinterpretieren. Er hatte sich also um seine Schwester gekümmert, wie sie es bei ihrem Bruder tat. Na und? Das haben wir gemeinsam, aber wenig sonst. „Wo ist denn diese Maddie jetzt?“
„Irgendwo auf Achse. Sie lebt vom Barrel Race, das ist diese spezielle Disziplin beim Westernreiten, die nur von Frauen absolviert wird. Sie ist ständig zu irgendwelchen Rodeoveranstaltungen unterwegs und kommt nur selten hierher.“
Die Tür öffnete sich; zwei Paare traten ein. Darcy führte sie an einen Tisch und nahm die Bestellungen auf. Dann musste sie Essen servieren, Kaffee nachschenken und neue Gäste bedienen. Es mochte nicht so hektisch zugehen wie an einem gewöhnlichen Werktag, aber sie war derzeit die einzige Servicekraft.
Sie hatte etwa eine Stunde ihrer Schicht absolviert, als sie spürte, wie sich die Haare in ihrem Nacken sträubten. Beinahe wäre ihr der Toast, den sie gerade mit Butter bestrich, aus den Fingern geglitten. Obwohl sie wusste, was sie erwartete, musste sie sich einfach umdrehen.
Tatsächlich kam Mark Kincaid gerade herein. Über das abgenutzte Linoleum hinweg, an einem halben Dutzend Gästen vorbei starrten sie einander an. Etwas in seinem Blick – eine Verbundenheit, die aus unvergesslicher Leidenschaft erwuchs – ließ heftige Gefühle in ihr auflodern.
Lass dich bloß nicht darauf ein, ermahnte sie sich. Männer wie er sind Herzensbrecher. Also reiß dich zusammen.
Doch während ihr Verstand eifrig bereit war, diesen ausgezeichneten Rat zu befolgen, verhielt sich der Rest ihres Körpers weit weniger kooperativ.
5. KAPITEL
Mark setzte sich in seine übliche Nische. Abgesehen von einem leichten Funkeln in den Augen und einem vagen Lächeln auf den Lippen sah er aus wie immer. Darcy beneidete ihn um seine Seelenruhe. Ihr klopfte das Herz bis zum Hals, und ihre Hände zitterten sogar, als sie sich die
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