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Leidenstour: Tannenbergs neunter Fall

Leidenstour: Tannenbergs neunter Fall

Titel: Leidenstour: Tannenbergs neunter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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verständnislosen Blick.
    »Da ist er«, versetzte der Mechaniker. Anschließend zauberte er einen Fahrradhelm hinter seinem Rücken hervor und hielt ihn dem Jungprofi vor die Nase. »Dieses Ding hier hat dir möglicherweise das Leben gerettet. Siehst du die tiefen Schrammen da oben und an der Seite. Du solltest diesen Helm unbedingt als Maskottchen behalten.«
    Mit betretener Miene nickte Florian. Nacheinander ließ er beide Schultergelenke kreisen und inspizierte Arme und Beine. Außer ein paar kleineren Schürfwunden hatte er offensichtlich keine ernsteren Verletzungen davongetragen.
    »Der Doc wird dich nachher noch eingehender untersuchen. Aber ich bin sehr zuversichtlich, dass auch er nicht mehr finden wird als ich.« Jenny tätschelte den prallen Oberschenkel des Sportlers. »Du solltest in Zukunft besser auf dich und deinen knackigen Adoniskörper aufpassen.«
    »Mach ich«, versprach Florian seinem kessen Engel, der ihn mit einem herausfordernden Lächeln von der Seite her betrachtete.
    Etwa eine halbe Stunde später begutachtete Dr. Schneider den Körper des jungen Radsportlers. Jennys optimistische Vermutung fand sich vollends bestätigt: Florian hatte außer ein paar oberflächlichen Blessuren keine besorgniserregenden Verletzungen von seinem halsbrecherischen Sturz davongetragen. Da er nur leichte Kopfschmerzen verspürte, verzichtete der Teamarzt zunächst auf die Anordnung weiter gehender diagnostischer Maßnahmen.
    Abschließend verpasste ihm der Sportmediziner zwei Spritzen. Nach seiner Aussage sollten dadurch die beim Training verbrauchten Vitamine und Mineralstoffe ersetzt und die Regeneration des Sportlers beschleunigt werden. Zudem überreichte er Florian mehrere kleine Plastikschälchen mit bunten Pillen und eine detaillierte Einnahmeanweisung. Auf Florians Zögern bei der Entgegennahme der Medikamente reagierte Dr. Schneider ziemlich unwirsch.
    »Stell dich mal nicht so an, mein junger Freund«, pflaumte er ihn an. »Oder bist du etwa auch einer von diesen weltfremden und verantwortungslosen Naturaposteln, die aus ideologischen Gründen ihre eigenen Kinder nicht impfen lassen?«
    »Nein, nein«, gab Florian eingeschüchtert zurück.
    »Lass dir mal eins gesagt sein: Ohne die innovative medizinische Forschung, die unter anderem dein Brötchengeber maßgeblich mitfinanziert, könnte die Menschheit niemals ihre herausragenden Spitzenleistungen vollbringen – weder im kognitiven noch im sportlichen Bereich. Kapierst du das?«
    »Ja.« Florian blickte devot hinab zu seinen Fußspitzen. »Muss ich diese Medikamente eigentlich selbst bezahlen?«, fügte er leise hinzu.
    Der Teamarzt lachte stakkatoartig auf. »Nein, mein Junge, mach dir mal darüber keine Gedanken. Wenn du deinen Job zu unserer Zufriedenheit erledigst, musst du keinen müden Cent für deine Medizin lockermachen. Die Kosten übernimmt der Turbofood-Konzern. Deshalb darfst du deine großzügigen Sponsoren auch niemals enttäuschen.« Er fixierte sein Gegenüber mit einem stechenden Blick. »Das hast du ja auch nicht vor, oder?«
    »Nein.«
     
    In dieser Nacht konnte Florian Scheuermann lange Zeit keinen Schlaf finden. Ruhelos wälzte er sich in seinem Bett hin und her.
    Eine zermürbende Frage nach der anderen wirbelte durch seinen aufgewühlten Geist: Hat er mir vorhin vielleicht auch Epo gespritzt? Hätte ich ihn nicht besser danach fragen sollen? Kann ich diesen Medikamentencocktail wirklich unbedenklich schlucken? Haben mich meine Kollegen nicht vielleicht doch absichtlich den Hang hinabgestoßen? Aber warum?
    Gegen drei Uhr in der Frühe meinte er, im Halbschlaf Stimmen vor seiner Zimmertür zu hören. Wie von einer Tarantel gestochen, schnellte er in die Höhe.
    Ein furchterregender Gedanke schoss durch sein Bewusstsein: Kommen sie zu mir, weil sie noch einmal versuchen wollen, mich zu töten?
    Florian schlich zur Tür und legte ein Ohr aufs Türblatt. Tatsächlich vernahm er im Flur ein gedämpftes Stimmengewirr, das sich jedoch von seinem Zimmer entfernte. Er löschte das Licht und spähte durch den Türspion.
    Am Ende des langen, von grellem Neonlicht durchfluteten Korridors entdeckte er fast alle seine Kollegen. Einige machten gymnastische Übungen, andere liefen einfach nur auf und ab oder hüpften auf der Stelle herum.
    Epo!, leuchtete in blutroter Farbe auf seiner inneren Leinwand auf.
    Klar, dieses Teufelszeug verdickt das Blut so stark, dass bereits mehrere Rennfahrer nachts im Schlaf an einem Herzinfarkt gestorben

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