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Leidenstour: Tannenbergs neunter Fall

Leidenstour: Tannenbergs neunter Fall

Titel: Leidenstour: Tannenbergs neunter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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abgrundtiefen Groll gegenüber dieser aufdringlichen Frau, die mehrmals am Tag mit ihrem fettleibigen Pudel durchs Musikerviertel schlich und nichts anderes im Sinn hatte, als irgendwelche Informationen zu erhaschen, über die sie sich anschließend das Maul zerreißen konnte.
    Solche Menschen konnte er partout nicht ausstehen. Außerdem ließ sie ihren Hund sein stinkendes Geschäft nicht selten direkt vor der Haustür der Tannenbergs verrichten. Und wenn man sie auf diese Schweinereien hinwies, reagierte sie stets völlig unbeeindruckt mit dem Satz: »Irgendwo muss sich ja mein süßer kleiner Schatz lösen.«
     
    Nachdem sich der Leiter der Kaiserslauterer Mordkommission umgezogen und ausgiebig geduscht hatte, erschien er in seiner Dienststelle am Pfaffplatz. Als er den Vorraum des K 1 betrat, saßen alle seine Mitarbeiter am Besuchertisch, dippten Schokoladestücke in ihre Kaffeetassen, führten die angeschmolzene, dunkelbraune Masse in den Mund und gaben sich mit geschlossenen Augen den Sinnenfreuden hin.
    »Was macht ihr denn da?«, fragte Tannenberg verwundert.
    Petra Flockerzie, Sekretärin und guter Geist des K 1, erhob sich und reichte ihm ein Rippchen schwarze Schokolade, das am oberen Ende mit Alufolie ummantelt war.
    »Guten Morgen, Chef«, begrüßte sie ihn freudestrahlend. »Tut mir leid, dass wir schon ohne Sie angefangen haben.« Sie machte eine ausladende Handbewegung. »Aber die Kollegen haben’s nicht mehr länger ausgehalten.«
    »Womit habt ihr angefangen?«
    »Mit der Verköstigung des wohlschmeckendsten und gesündesten Genussmittels, das es auf Erden gibt und jemals gegeben hat.« Ihre Augen leuchteten dabei wie bei einem kleinen Kind, das zum ersten Mal in seinem jungen Leben vor einem Weihnachtsbaum steht.
    Diese Behauptung löste umgehend eine stille Protestreaktion Tannenbergs aus, denn er war in dieser Angelegenheit zu keinerlei Kompromissen bereit: Für ihn erfüllte nur ein einziges Lebens- beziehungsweise Genussmittel diese beiden Superlative: Weizenbier – und damit basta!
    »Und das soll ausgerechnet Schokolade sein?«, höhnte er, während er mit geschürzten Lippen den Schokoladenriegel in seiner rechten Hand betrachtete.
    »Ja, Chef, so ist es«, beharrte Petra Flockerzie auf ihrer Meinung.
    Mit einer Geste bat sie ihn abermals, am Tisch Platz zu nehmen. Während er sich widerwillig hinsetzte, begleitete sie ihn mit einem duldsamen Lächeln. Es ähnelte stark dem des Dalai Lama.
    »Meine lieben Kollegen waren zunächst auch alle sehr, sehr skeptisch«, erklärte sie, während sie seine Kaffeetasse befüllte. »Aber schauen Sie doch selbst, wie sie jetzt alle strahlen.« Sie seufzte und schob mit verklärtem Blick nach: »Unsere Kollegen haben sich in andere Menschen verwandelt, finden Sie nicht?«
    »Ja, wirklich, Wolf, das ist so – es ist ein Traum!«, säuselte Sabrina. »Seitdem ich Flockes Schokolade gegessen habe, fühle ich mich wie neugeboren.«
    »Ich auch«, stimmte Mertel begeistert zu. »Ich bin bedeutend ausgeglichener und gelassener, als ich es jemals zuvor in meinem bisherigen Leben war.«
    Das zischende Geräusch, das Tannenbergs gedehnter Seufzer erzeugte, erinnerte an eine Luftmatratze, der man gerade den Stöpsel gezogen hatte. »Sagt mal, Leute, ihr wollt mich doch gerade total veräppeln, nicht wahr? Oder war vorhin vielleicht ein Kollege vom Drogendezernat hier und hat euch von seinem neuen Dope probieren lassen?«
    »Nein, Chef«, kicherte Geiger. »Zur Erzeugung unserer Glücksgefühle brauchen wir solche illegalen Sachen nicht mehr. In dieser hochprozentigen Schokolade ist nämlich ganz viel …«
    »Klar, jetzt verstehe ich endlich«, fiel ihm sein Vorgesetzter ins Wort. Er klatschte sich an die Stirn. »Dass ich Hornochse nicht gleich darauf gekommen bin. Da ist Schnaps drin. Und zwar anscheinend eine ganze Menge.« Erschrocken legte er die Hand vor den Mund. »Oh je, hab ich mal wieder einen Geburtstag vergessen?«
    »Nein, Chef, keine Sorge«, meinte die Sekretärin in sanftem Ton. »In dieser Edelherb-Schokolade ist auch kein Alkohol drin, sondern Kakao.«
    »Also darauf, dass in Schokolade Kakao drin ist, wäre sogar ich gekommen«, warf Tannenberg dazwischen.
    »Natürlich steckt in jeder Schokolade Kakao«, fuhr Petra Flockerzie unbeeindruckt fort. »Aber das Entscheidende an schwarzer Schokolade ist die hohe Konzentration dieses segensreichen Inhaltsstoffes.« Sie nahm eine unversehrte Tafel vom Tisch und hielt sie in die Höhe. »Der

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