Leidenstour: Tannenbergs neunter Fall
mich?«
»Bitte beruhigen Sie sich. Wenn Sie in aller Ruhe über diese Dinge nachdenken, wird Ihnen sehr schnell klar werden, dass uns gar nichts anderes übrig blieb, als diese Nebelkerzen zu zünden. Wir mussten sicherstellen, dass keine Störfeuer vonseiten der Turbofood-Leute oder von Ihrer Seite her diese Jahrhundert-Aktion gefährden würden.«
Wolfram Tannenberg schnellte in die Höhe, eilte wutschnaubend zum Fenster, stemmte die Hände in die Hüften und schimpfte: »Das ist ja wirklich der Gipfel! Wir waren mal wieder BKA-Marionetten. Genau wie vor sechs Jahren bei dem Frauenmörder habt ihr elende Saubande uns schon wieder rundum verarscht.«
Wie Rumpelstilzchen stapfte er durch den von Rauchschwaden durchsetzten Raum. Er riss das Fenster auf und sog wie ein Asthmatiker nach Luft.
»Ich verstehe ja, dass Sie sich aufregen«, bekundete Wagner Verständnis für Tannenbergs Erregung. »Deshalb wollte ich ja auch unbedingt persönlich mit Ihnen darüber sprechen. Wir hatten wirklich keine andere Wahl. Dem Schutz unseres Kronzeugen und der Chance, endlich etwas Wirksames gegen diese skrupellosen Verbrecher zu unternehmen, mussten wir alles unterordnen, wirklich alles.«
Von Sekunde zu Sekunde reduzierte sich Tannenbergs Empörung bezüglich dessen, was ihm da gerade zu Ohren gekommen war. Je länger er darüber nachdachte, umso mehr konnte er die Vorgehensweise seines BKA-Kollegen nachvollziehen.
Verdammt, wahrscheinlich hätte ich ganz genauso gehandelt, sagte er zu sich selbst und erbat sich einen weiteren Espresso, zu dem er sich diesmal einige der verlockenden Cantuccini gönnen wollte.
»Interessiert Sie denn nicht brennend, woher die Turbofood-Drahtzieher eigentlich wussten, dass Joop van der Miel als verdeckter Ermittler für Europol gearbeitet hat?«, fragte Wagner.
»Ich kann’s mir denken. Einer unserer Den Haager Kollegen wird wohl auf der Gehaltsliste des organisierten Verbrechens stehen«, erwiderte sein Gegenüber schmatzend.
»So ist es.«
Tannenberg brummte genüsslich. »Wirklich köstlich, Ihre Cantuccini.«
Wagner überging die abschweifende Bemerkung. »Diesen Informanten kennt Dr. Schneider übrigens nicht mit Namen. Er weiß lediglich, dass er existiert.«
Der Angesprochene nickte stumm.
»Woher?«
»Legslow hat in meinem Beisein des Öfteren damit geprahlt.«
»Weshalb hat die NADA bei ihrer unangekündigten Trainingskontrolle eigentlich keine Dopingmittel gefunden?«
Dr. Schneider grunzte höhnisch. »Unangekündigt? Dass ich nicht lache! Natürlich hat Legslow auch bei der WADA und der NADA seine Spitzel sitzen, die ihn rechtzeitig mit den entsprechenden Informationen versorgen. Überall hat er seine Frühwarnsysteme installiert.«
»Hätte ich mir wirklich auch denken können«, sagte der Kaiserslauterer Ermittler und futterte ohne Rücksicht auf die anderen weiter. »Tut mir leid, aber ich habe einen Riesenhunger«, entschuldigte er sich.
»Freut mich, dass sie Ihnen so gut schmecken. Ich hab noch welche im Schrank.«
Auf einen Wink hin füllte Wagners Kollege die Gebäckschale wieder auf.
»Wo habt ihr denn nun dieses Doping-Teufelszeug versteckt?«, fragte Tannenberg den Sportmediziner. »Und zwar anscheinend so gut, dass wir es bei unserer Durchsuchungsaktion nicht entdeckt haben.«
»Da kommen Sie nie drauf«, behauptete Wagner.
Der Leiter des K 1 blies die Backen auf und stieß den aufgestauten Atem zielgerichtet in die Rauchschwaden hinein, die vor seinem Gesicht herumwaberten.
»Da hab ich jetzt wirklich keine Idee«, musste er eingestehen.
»Los, sagen Sie’s ihm«, drängte der BKA-Beamte. Sein Gesicht leuchtete erwartungsvoll auf.
»Eigentlich dürfte man so etwas Geniales niemals preisgeben«, mimte Dr. Schneider den Zauderer.
»Nun lassen Sie schon endlich die Katze aus dem Sack«, forderte nun auch Tannenberg.
»Damit haben Sie’s auch schon erraten.«
»Was hab ich erraten?«
»Na, das Versteck.«
»Verstehe nicht, was Sie meinen.«
Der Sportmediziner zündete sich eine neue Zigarette an und inhalierte. Anschließend ließ er den Rauch durch seine Nasenlöcher entweichen, wodurch er aussah wie ein schnaubender Drache.
»Sie haben sich sicherlich inzwischen intensiv mit dem Turbofood-Konzern beschäftigt. Deshalb können Sie mir auch garantiert sagen, womit dieser Weltkonzern sein Geld verdient. Na?« Dr. Schneider wartete auf eine Reaktion, doch keiner der Anwesenden wollte offenbar an diesem Fragespiel teilnehmen. Also
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