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Leidenstour: Tannenbergs neunter Fall

Leidenstour: Tannenbergs neunter Fall

Titel: Leidenstour: Tannenbergs neunter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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Glimmstängel aus der Packung. Diese steckte er nebeneinander in den Mund, zündete sie an und reichte einen der beiden an seine Gattin weiter.
    Eva Schneider war in den letzten Minuten regelrecht aufgeblüht. Ihr wachsfarbener Teint hatte in Sekundenschnelle die Farbe verändert und war nun plötzlich rosig wie bei einem jungen Schweinchen. Dankbar lächelnd, nahm sie die Zigarette entgegen und saugte einen tiefen Zug in ihre gierigen Lungen.
    Es dauerte weit länger als die üblichen Schrecksekunden, bis Wolfram Tannenberg tatsächlich begriffen hatte, wer ihm da gegenübersaß. Am liebsten hätte er ihn angefasst und sich so davon überzeugt, dass er keine Fata Morgana, sondern tatsächlich ein Lebewesen aus Fleisch und Blut war.
    Und wer ist der Mensch, dessen Einzelteile in der Pathologie des Westpfalz-Klinikums liegen?, war das Erste, was ihm durch sein Hirn blitzte. Dabei bedachte er nicht, dass der von einem Sprengsatz zerfetzte Leichnam schon längst auf der gegenüberliegenden Rheinseite in der Pathologie der Mainzer Uniklinik lagerte.
    Da Tannenbergs Sprechwerkzeuge noch immer gelähmt waren, konnte er diese Frage jedoch nicht über die Lippen bringen. Derweil produzierte das mentale Feuerwerk in seinem Kopf einen weiteren Gedanken.
    Diesen vermochte er nun merkwürdigerweise sofort auszusprechen: »Wissen Sie, wo sich Florian Scheuermann aufhalten könnte?«, stieß er mit hastigen Worten aus. »Weiß er irgendetwas über die Morde? Etwas, das ihn in Gefahr bringen könnte? Wissen Sie, ob diese Typen vorhaben, auch Florian zu ermorden? Besitzt er Insiderwissen über die Doping-Praktiken bei Turbofood?«
    »Nein, nein, ich weiß nichts von alldem«, versicherte der Sportmediziner mit einer abwehrenden Geste. Er saugte so fest an seiner Zigarette, dass die Spitze grell aufglühte. »Ehrlich gesagt, kann ich mir auch nicht vorstellen, dass er irgendetwas weiß. Und noch weniger kann ich mir vorstellen, dass man ausgerechnet ihn aus dem Weg räumen will«, sagte er in den ausströmenden Rauch hinein.
    »Ihr Wort in Gottes Ohr«, bemerkte Tannenberg.
    »Der Junge ist doch erst seit Kurzem bei uns«, ergänzte Dr.   Schneider. »Nach dem plötzlichen Ausfall zweier Fahrer wurde er quasi auf den letzten Drücker nachnominiert.« Er schob die Brauen zusammen. »Was ist denn mit ihm?«
    »Er ist seit heute Nachmittag wie vom Erdboden verschluckt«, erwiderte Heribert Wagner. »Aber aus diesem Grund findet unser Zusammentreffen ja nicht statt. Es wurde unter anderem deshalb von mir arrangiert, weil ich die Vorurteile meines geschätzten Kaiserslauterer Kollegen ein für alle Mal aus dem Weg räumen möchte.« Schmunzelnd fügte er hinzu. »Er hält nämlich nicht viel von unserer Behörde und diffamiert sie häufig als inkompetent und unkooperativ.«
    Obwohl ihn natürlich brennend interessierte, wer Wagner diese Informationen zugetragen hatte, verzichtete Tannenberg auf eine entsprechende Nachfrage. Zum einen, weil ihn gegenwärtig andere Dinge bei Weitem mehr interessierten, und zum zweiten, weil ihm sein Gehirn bereits die einzig logische Antwort einspielte: Oberstaatsanwalt Dr.   Sigbert Hollerbach, dem man beste Kontakte zum Bundeskriminalamt nachsagte.
    »Wissen Sie wenigstens, wer hinter den Morden steckt?«
    »Diese Frage, lieber Herr Hauptkommissar, wird Ihnen Dr.   Schneider erst am Ende unserer kleinen Sitzung beantworten«, mischte sich der leitende BKA-Beamte ein, noch bevor der Mediziner irgendeinen Ton von sich geben konnte.
    »Warum?«
    »Weil es zunächst noch einige andere für Sie offene Fragen zu klären gilt.«
    »Ich will aber nicht mehr so lange warten«, drängte Tannenberg wie ein kleines Kind, das sich nicht damit abfinden wollte, dass das Christkind erst nach Einbruch der Dunkelheit erscheinen würde.
    Heribert Wagner hob die Augenbrauen an und zuckte mit den Schultern. »Ich fürchte, Sie haben keine andere Wahl, mein Lieber.«
    »Von mir aus«, knirschte Tannenberg, der solchen merkwürdigen Spielchen überhaupt nichts Positives abgewinnen konnte.
    Was er noch viel weniger mochte, war die Tatsache, auf das Wohlwollen eines anderen Menschen angewiesen zu sein – und dann auch noch auf das eines BKA-Mitarbeiters. Er erinnerte sich an die Frage, die ihm vorhin schon einmal auf der Zunge lag.
    »Wer ist der arme Mensch, der bei der Pressekonferenz für Sie eingesprungen ist und dessen Einzelteile in der Pathologie des Westpfalz-Klinikums liegen?«
    »In der Mainzer Uniklinik«,

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