Leipziger Affären - Kriminalroman
Verdammter Mist, konnte ein suspendierter Bulle noch tiefer fallen? Er beförderte den Eimer mit einem wütenden Tritt bis ins Erdgeschoss.
Henne hatte die Geräte auf dem Rücksitz seines Wagens verstaut. Als er kurz vor dem Zwenkauer Ortsausgangsschild einen Blitzer entdeckte, bremste er scharf. Die Tastatur rutschte vom Sitz und Henne fluchte.
Rechter Hand stach ihm der Aushang eines Reisebüros ins Auge: Ein schneeweißes Haus mit Holzbalkonen vor malerischer Kulisse garantierte Erholung im Bayrischen Wald, Wellness inbegriffen. Kurzentschlossen machte er halt und buchte das nächste Wochenende. Ulrike sollte sehen, dass er ihren Rat beherzigte, auch wenn er selbst wenig von Massagen und Masken, Schwitzbädern und Früchtedrinks hielt.
Zu Hause drapierte er die Buchung auf dem Telefontisch im Flur. Erika musste direkt darüber stolpern, wenn sie kam. Doch er wartete vergebens. Erika ließ sich nicht blicken.
Irgendwann schlief er ein und irrte im Traum durch endlose Lagerräume voller Sperrmüll und Unmengen von Computern, alle mit Königs Namen versehen. Kaum hatte er einen davon hochgefahren, zerplatzte er in tausend Teilchen.
Am nächsten Tag tauchte Leonhardt kurz nach acht bei Henne auf. Seine Jacke und Hose waren zerknittert, als hätte er darin geschlafen.
»Ich habe die ganze Nacht in der Baugrube zugebracht«, sagte er.
»Aha.«
»Pallauer dachte, der Mörder treibt sich dort herum. Schlechtes Gewissen und so.«
»Lass mich raten: Die Warterei war vergebens.«
»Stimmt.« Leonhardt rieb sich die Augen. »Pallauer ist ein hoffnungsloser Fall. Ich habe mein Bestes versucht. Genau, wie du gesagt hast: das Gegenteil vorschlagen, damit er das Richtige macht. Leider ist das voll in die Hose gegangen.«
Zum Teufel mit Pallauer, der brachte es fertig, die sinnlosesten Dinge anzustellen. »Erzähl mir, was passiert ist. Ich koche in der Zwischenzeit Kaffee«, sagte Henne und schob Leonhardt in die Küche.
Leonhardt ließ sich auf einen Stuhl fallen. »Der hat uns so richtig in die Scheiße geritten.«
»Massiver Dumpfsinn, das war zu erwarten.«
»Als Erstes hat er den Zoll über die Baustelle gejagt. Verdacht auf Schwarzarbeit. Es war natürlich keine Sau da, aber jetzt sind die Bauarbeiter gewarnt. Und als ob das nicht genug wäre, hat er Heiligenbrand in U-Haft nehmen lassen. Frag mich nicht, mit welcher Begründung, aber Mayerwill ist schon dabei, den Haftbefehl zu zerpflücken.«
»Weiß Schuster davon?« Henne füllte Wasser in den Tank der Kaffeekanne und legte eine Filtertüte ein.
Leonhardt schüttelte den Kopf. »Dann hat Pallauer Sellings Frau über ihren Mann aufgeklärt.«
»Der Gay-Club.« Henne hatte es befürchtet.
»Vollkommen sinnlos, aber du kannst dir vorstellen, wie es dem Selling jetzt geht. Von Vertrauen in die Polizei keine Spur.«
»Pallauer gehört zu den Beamten, die sich nicht im Geringsten um die Menschen scheren, mit denen sie zu tun haben«, sagte Henne und tat einen Löffel Kaffeepulver mehr als sonst in die Maschine.
»Wir können von Glück reden, wenn er sich lediglich schmutziger Geheimnisse bedient und nicht gleich zu Schlagstock und Wasserwerfer greift, um die Ermittlungen voranzubringen.«
Henne schaltete die Kaffeemaschine ein. »Was ist mit dem Knopf?«
»Den ignoriert Pallauer beharrlich. Ein Knopf sei für ihn ohne Belang, das hat er wortwörtlich gesagt. Ich habe trotzdem Sellings Frau befragt. Sie schwört, den Knopf noch nie an der Kleidung ihres Mannes gesehen zu haben.«
»Damit können wir getrost davon ausgehen, dass er nicht ihrem Mann gehört.«
»Eine Frau, die zwar nicht die sexuellen Vorlieben ihres Gatten, dafür aber seine Wäsche kennt, hältst du für vertrauenswürdig?«
Henne registrierte Leonhardts hochgezogene Augenbrauen. »Klar doch, das ist normal. Welcher Mann erzählt seiner Angetrauten schon von seinen sexuellen Phantasien.«
»Ich zum Beispiel. Und du brauchst mich gar nicht so anzugucken, als wäre ich von einem anderen Stern.«
Wollte Manuela wirklich hören, dass Leonhardt von einem Dreier träumte? Aber vielleicht tat er das ja nicht. »Ein Wunder, dass deine Ehe noch hält.«
»Im Gegensatz zu deiner.«
Das hatte gesessen. Henne hob den Deckel der vor sich hin schnaufenden Kaffeemaschine und schaute nach, ob noch Wasser im Filter stand. »Unser Mörder hat bis jetzt Glück gehabt. Er ist gerissen, aber nicht besonders intelligent«, sagte er.
»Das wird uns wenig nützen, Pallauer ist ja auch nicht gerade
Weitere Kostenlose Bücher