Leipziger Affären - Kriminalroman
Monitor. »Was würdest du an Königs Stelle wählen?«
Henne hob die Schultern. »Geburtsdatum, Name der Geliebten, so was wird oft genommen. Am besten, du gehst alles Mögliche aus seinem Umfeld durch, Namen, Hochzeitsdatum, was weiß ich? Ruf Frank an, er soll dir die Daten geben.«
Während Henne die Kanne und die Tassen ausspülte, telefonierte Leonhardt mit Frank und probierte alle Möglichkeiten aus. Das Ergebnis war gleich null.
»Das scheint ein aussichtloses Unterfangen zu sein«, sagte Henne und setzte sich zu ihm.
»Seit wann gibst du so schnell auf?«
»Was für eine Chance gibt es denn noch, dass wir das Ding knacken?«
»Ich kann zwar mit einem PC umgehen, aber ich bin kein Hacker. Dafür gibt es die Spezialisten in der Direktion.«
»Vergiss es, wir können keinen aus der Computerabteilung mit hineinziehen. Schuster würde es ihnen ewig vorhalten.«
»Dann eben einen Cracker.«
»Was willst du mit einem Keks?«
»Cracker-Hacker, ich kann dir den Unterschied nicht erklären. Jedenfalls brauchen wir einen, der das Passwort knacken kann, und zwar illegal«, sagte Leonhardt.
»Einen aus der Szene, meinst du? Kennst du jemanden?«
Leonhardt stand auf. »Sonst hätte ich es dir nicht vorgeschlagen. Ich kann aber nicht versprechen, dass es funktioniert.«
»Das ist unsere letzte Hoffnung, der Papierkram ist nämlich futsch.« Henne berichtete, was er beim DRK erfahren hatte.
»Dumm gelaufen«, sagte Leonhardt.
»Wir könnten immer noch die Schweizer Bank um Auskunft bitten.«
»Eher beißt sich Pallauer die Zunge ab.«
»Du musst ihn eben dazu bringen. Mit ein wenig Geschick und Strategie …«
»Das ist ausgeschlossen, und das weißt du auch.«
Henne nickte in Richtung des PC s. »Nimmst du den Rechner mit?«
»Mach ich. Morgen oder übermorgen bringe ich ihn zurück. Dann wissen wir mehr.«
»Beeil dich, ich will am Wochenende mit Erika verreisen. Mit meiner Beziehung ist nämlich alles in Butter.«
Leonhardt stöpselte den Rechner ab, und Henne brachte ihn zur Tür. Sein Blick fiel auf das Bild von Erika, das neben der Wellness-Buchung auf dem Telefontisch im Korridor stand. Erika lachte ihn an, und er fragte sich, ob das Foto womöglich alles war, was ihm von ihr blieb.
NEUNZEHN
»Möchtest du auch einen Tee?«
Alexa war ungewöhnlich freundlich, und Fleur beeilte sich zu nicken. Gleich war es so weit. Alexa füllte den Kocher mit Wasser und griff nach dem Stecker.
»Willst du wirklich verkaufen?«, fragte sie. Vielleicht hatte Alexa es sich doch noch anders überlegt.
»Was soll ich sonst mit dem Kasten anstellen?«
»Wir könnten weiter zusammenbleiben. Du und ich, wir sind schließlich eine Familie.« Vielleicht gelang es ihr, Alexa umzustimmen. Falls sie darauf einging, war es noch nicht zu spät.
»Damit ich so ende wie du? Schau dich an: verbraucht und verschrumpelt, eine alte Jungfer. Ich will leben, endlich frei sein.«
Fleur zwang sich, die Beleidigung zu überhören. »Dankwart hatte dir doch alles geboten. Du bist doch immer frei gewesen.«
»Er hat mir alles gegeben, außer Liebe.«
»Liebe! Was für ein sentimentaler Schwachsinn. Hast du überhaupt kein Verantwortungsgefühl? Weißt du nicht, was du mir schuldig bist?«
Unvermittelt knallte Alexa den Kocher auf die Küchenablage. Fleur zuckte zusammen.
»Und was soll ich dir schulden, Fleur, was?«
»Zeitlebens hat sich mein Bruder um mich gekümmert. Du bist seine Erbin, du nimmst seine Stellung ein. Auch mir gegenüber.«
Alexa verzog den Mund. »Verschone mich mit diesem Quatsch.«
»So siehst du das also.«
»Wir werden einen Platz für dich finden. In einem Damenstift oder einer schönen kleinen Wohnung.«
Fleur ballte die Hände. Sie wollte weder in eine Wohnung noch sonst wohin.
Hier war ihr Zuhause, hier wollte sie bleiben. Alexa war unbelehrbar, sie hatte die Strafe verdient.
Alexa nahm den Kocher wieder auf. Gleich musste es passieren. Fleur kniff die Augen zusammen. Sie hörte, wie Alexa versuchte, den Stecker in die Steckdose zu drücken. Die Kontaktstifte scharrten auf dem Kunststoff der Dose, dann rasteten sie in der Feder ein. Fleur wartete auf den Knall. Aber nichts geschah. Irritiert riss sie die Augen wieder auf.
Alexa, die nach wie vor putzmunter war, stellte Tassen und Zucker auf ein Tablett. Warum zum Teufel lag sie nicht am Boden?
»Mir ist der Appetit auf Tee vergangen«, stieß Fleur hervor und stürzte die Treppe hinauf in ihr Reich. Sie brauchte geraume Zeit, ehe sie mit
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