Leipziger Affären - Kriminalroman
wie das mit Bauaufträgen für gewöhnlich abläuft. Vergabe und solche Sachen.«
»Wie soll das schon laufen? Das ist eine einfache Sache.«
»Wenn es ganz so einfach wäre, dann würde ich nicht fragen.«
Wittler schluckte, sein Adamsapfel hüpfte wie ein Gummiball. »Die Projekte werden ausgeschrieben. Die Firmen bewerben sich, die passendste Bewerbung erhält den Zuschlag.«
»Einfach so?«
»Natürlich nicht.« Wittler blickte auf die große Wanduhr über der Tür. »Wir prüfen, ob die Firma zuverlässig ist. Gewerberegister, Führungszeugnisse, Referenzen, Bonität.«
Es klopfte. Ein junger Mann mit einem bunt gemusterten Basecap auf dem Kopf trat zögerlich ein, in der Hand hielt er ein Formular.
Wittler ließ ihn gar nicht erst zu Wort kommen und zeigte zur Tür. »Sekretariat, zwei Zimmer weiter.«
Im Hinausgehen stieß der Mann mit einem Glatzkopf zusammen.
»Den können Sie gleich mitnehmen.« Wittler zischte wie ein Dampfkessel.
Henne notierte »Arschloch« auf einem Zettel und schob ihn Leonhardt zu. Wittler reckte den Hals, doch Leonhardt hatte den Zettel schon zusammengefaltet.
»Wenn Sie sonst nichts mehr haben, war es das nun wohl«, sagte Wittler.
»Abwarten.« Henne ließ sich absichtlich Zeit. Wittler sah wie ein Durchschnittstyp aus. Abgesehen von dem breiten Brillengestell natürlich, das vermutlich ein Designerstück war.
»Wer ist außer Ihnen an den Vergabeverfahren beteiligt?«
»Ich schon mal gar nicht.«
Die Tür wurde aufgerissen, eine Frau in einem knappen Kostüm steckte ihren Kopf herein. »Meiselmann lässt ausrichten, er kommt später. Und Sie?«
Wittler hob die Hände. »Ich bin gleich so weit.«
Die Frau verschwand.
»Da sehen Sie es, ich muss zur Besprechung. Ich komme ungern zu spät.«
»Zu spät ist, wenn keiner mehr nach einem kommt.«
Wittler runzelte die Stirn.
»Also noch einmal, wie läuft das genau mit den Vergaben?«
»Es gibt eine zentrale Stelle, bei uns ist es das Hauptamt. Das ist zuständig für den formalen Ablauf, die koordinieren die Ausschreibung und die Auftragsvergabe. Wollen Sie wissen, was ich über das Hauptamt denke? Die Kollegen dort behindern uns bloß.«
»Inwiefern?«
»Die haben ständig was zu meckern. Anforderung hier, Anforderung da. Nachweise, Begründungen – all so was eben. Ohne die könnten wir Bauvorhaben viel schneller in die Tat umsetzen, bürgernäher sozusagen.«
Henne hatte bislang nicht den Eindruck, dass Wittler an Bürgernähe gelegen war. »Gibt es eine bestimmte Person, die letztendlich entscheidet?«
»Kommering, der Leiter des Baudezernates höchstpersönlich.«
»Ich nehme an, bei König wurde ebenso verfahren, oder?«
Wittler hob die Schultern. »Kommering wird es wissen. Und jetzt muss ich wirklich gehen.« Er stand auf und klemmte sich seinen Terminkalender unter den Arm.
Auf dem Gang schaute Henne ihm nach, bis er um eine Ecke verschwand. »Hoffentlich weiß es sein Chef zu schätzen, dass er so dienstbeflissen ist.«
»Weil er pünktlich zu einer Besprechung will? Das ist ja wohl das Mindeste, was man von einem Mitarbeiter erwarten kann. Jetzt komm, das Hochbauamt wartet.« Leonhardt nickte mit dem Kopf in Richtung des Fahrstuhls.
Stadtbaudirektor Kommering war für die Kommissare nicht zu sprechen. Immerhin bekamen sie einen Termin. Mittwoch, siebzehn Uhr. Übermorgen. Henne erwog, Kommering vorzuladen, doch er entschied sich anders. Die Kommissare machten sich auf den Rückweg in die Direktion.
Auf halber Strecke sagte Leonhardt: »Stopp mal an einem Supermarkt.«
»Wieso das denn?«
»Auftrag von Manuela. Ich muss einkaufen.«
»Armes Schwein.« Henne steuerte den Parkplatz des nächstgelegenen Einkaufszentrums an. »Beeil dich«, sagte er.
»Warum nutzt du nicht die Gelegenheit und bringst heute auch mal was mit nach Hause? Erika wäre bestimmt froh darüber.«
Keine schlechte Idee. Henne folgte Leonhardt gerade noch rechtzeitig in den Supermarkt, um ihn zwischen den Gängen verschwinden zu sehen. Gemächlich schlenderte er auf der Suche nach Meerrettich die Regale entlang.
Linker Hand tauchte Leonhardt auf und fragte: »Hast du entdeckt, wo die Kindernahrung steht?«
»Nimm Reis oder Püree«, sagte Henne.
Leonhardt drehte ab und suchte weiter.
Henne fand währenddessen die Fleischtheke. Der Anblick gefiel ihm, und er wählte ein saftiges Stück Rind. Bei dem Gedanken an Tafelspitz mit Meerrettichsoße und Kartoffelklößen lief ihm das Wasser im Mund
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