Leise Kommt Der Tod
hielt an dem Schauspiel fest. »Ich sage es Ihnen noch einmal, ich habe gearbeitet, und das Letzte, was ich noch weiß, ist, dass plötzlich jemand hinter mir stand. Dann muss ich zurück in die Loge gegangen sein und den stillen Alarm ausgelöst haben. Daran erinnere ich mich aber nicht mehr. Das passiert, wenn man eine Kopfverletzung davonträgt, wissen Sie.« Er blickte von Quinn zu Ellie, wie um sie davon zu überzeugen, ihm Glauben zu schenken.
»Denny, wenn Sie uns sagen, was passiert ist, wird jedem Richter, dem man Sie vorführt, klar sein, dass Sie mit den Einbrechern nur kooperiert haben. Sie sind nur ein kleines Rädchen. Was ist damals geschehen? Hat Olga etwas gesehen? Wusste sie, wer den Raubüberfall begangen hat? Hat sie Willem davon erzählt? Mussten Vinnies und McMasters Freunde sie umbringen, damit es nicht herauskam?«
Jetzt blickte Keefe nur noch verwirrt drein. Quinns Alarmglocken hörten auf zu klingeln. Er hatte auf solidem Fundament gestanden, das wusste er. Aber nun wirkte Keefe ehrlich verblüfft. Quinn änderte augenblicklich seine Strategie. »Oder
sind McMasters Leute zurückgekommen, um es erneut zu versuchen? Haben Sie ihnen von der Eröffnung erzählt? Haben Sie ihnen mitgeteilt, dass sie ein guter Zeitpunkt wäre, um das Museum zu überfallen?«
»Was? Nein!«
Quinn sah tief in Keefes müde graue Augen. Dort lag etwas verborgen. Das wusste er. Aber es war noch nicht an der Zeit, es aufzudecken. Sie würden warten. Das hatte er im Laufe der Jahre gelernt. Zeit war das wirksamste Gegengift für Unwahrheiten. Irgendwann wurden die Leute des Lügens müde. Es laugte sie aus. Er hatte Menschen gekannt, die sich umbrachten, weil sie des Lügens überdrüssig waren. Schwerverbrecher waren ins Hauptquartier spaziert und hatten sich gestellt, nur weil sie es nicht mehr aushielten, noch länger Theater zu spielen. Es war schwer, mit einer Lüge zu leben, sagte er sich. Letztendlich würde Denny Keefe aufgeben.
»Nun, ich habe keine Eile«, sagte er zu Keefe, erhob sich und nickte Ellie zu. »Ich muss noch eine Menge Arbeit erledigen. Wir haben alle Zeit der Welt.«
»Sie haben Hutchinson gefunden«, sagte sie, sobald sie im Flur standen. »Er behauptet, er habe sich so gegen halb sechs von Keane verabschiedet. Er war geschäftlich in der Stadt und sei nur deshalb bei Keane gewesen, weil der ihn unbedingt sprechen wollte. Angeblich wollte er ihn damit beruhigen, dass das Museum in Zukunft noch sicherer sein würde. Sie haben sich ein wenig unterhalten, und Hutchinson ist nichts Seltsames aufgefallen, Keane hat auf ihn wie immer gewirkt.«
»Wo war er? Warum konnten wir ihn nicht erreichen?«
»Er und seine Frau haben beschlossen, zu ihrem Haus in Westchester County hinaufzufahren. In ihr ›Landhaus‹, wie er es nannte.« Sie zog die Augenbrauen hoch. »Er sagte, sie hätten sich ganz spontan dazu entschlossen. Da sie dort oben Ersatzkleidung aufbewahren, hätten sie den Butler erst bei ihrer Ankunft verständigt.«
»Und die Kollegen, die ihn befragten, haben ihm geglaubt?«
»Ich vermute es. Wir könnten ihn auch noch einmal herbestellen.«
»Ich weiß nicht. Wie denkst du über Keefes Part bei der Sache?«
»Er lügt. Das sieht man sofort.« Sie wirkte immer noch niedergeschlagen, und Quinn war klar, dass sie bald über den Vorfall in Jason Fowlers Apartment sprechen mussten.
»Ich denke, du hast Recht. Und was ich ihm gesagt habe, stimmt. Wir haben alle Zeit der Welt.«
33
Erst als Sweeney in die Einfahrt von Freds Haus einbog, wurde ihr klar, dass es eine dumme Idee gewesen war, ihn auf diese Weise zu konfrontieren. Er hatte eine Affäre mit Karen gehabt. Vielleicht hatte er sie umgebracht und ihren Selbstmord inszeniert. Er würde vermutlich ganz und gar nicht erfreut sein, wenn Sweeney ihm mitteilte, dass sie davon wusste.
Sie stellte den Motor ab und nahm ihr Handy aus der Tasche, um Quinn anzurufen. Es klingelte ein paar Mal, ehe seine Stimme erklang: »Hier ist Tim Quinn. Bitte hinterlassen Sie eine Nachricht und Ihre Nummer.« Sie zögerte einen Moment, dann legte sie auf und sah zum Haus hinüber. Lacey hatte das Auto gehört und stand jetzt im Küchenfenster, um nachzusehen, wer gekommen war. Sie sah so absolut normal aus, wie sie da stand, dass Sweeney plötzlich wieder Mut fasste. Was könnte Lacey da drin passieren? Sweeney würde Fred mitteilen, was sie herausgefunden hatte, und ihm sagen, dass sie ihn zur Polizei fahren würde, damit er sich stellte. Wenn er
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