Leise Kommt Der Tod
Besitz der ägyptischen Antiquitäten gekommen waren. Dass sie alles gestohlen und mit nach England genommen hatten oder so ähnlich.«
»Das hört sich an, als hätte ihr jemand das Herz gebrochen.«
»Wenn es so war, dann hat sie mir nichts davon erzählt.« Gerry Tiswells Stimme klang nun drängend, und Sweeney wusste, dass sie ihre Geduld überbeansprucht hatte.
Sie dankte ihr für ihre Zeit und stand auf, um zu gehen.
»Das Projekt, das sie betreute«, schob sie noch schnell hinterher, »hat sie darüber gesprochen?«
»Ja. Sie sagte, im Museum befinde sich ein Schmuckstück, das nicht dort sein sollte, weil es illegal aus Ägypten ausgeführt worden war. Und dass sie das beweisen wollte.«
Mittlerweile war es das, was Sweeney erwartet hatte. »Hat sie über jemand anderen vom Museum gesprochen, irgendjemanden, der auch von dem Schmuck gewusst haben könnte?«
»Nein.«
Sweeney wartete ein Weilchen, ehe sie die Stille durchbrach und Gerry fragte: »Sie sagten, dass Sie aufgebracht waren, weil Sie nicht gut miteinander ausgekommen waren bei Ihrem letzten Treffen. Aber waren Sie überrascht, dass sie sich umgebracht hat?«
»So seltsam es klingen mag: nein, nicht wirklich. Ich kann
es nicht erklären, aber sie war einfach nicht sie selbst. Es war, als ob jemand anders in ihren Körper geschlüpft wäre. Sie sah zwar immer noch gleich aus, aber es war nicht mehr sie. Sie schrieb so merkwürdige Gedichte. Sie sollten mal nachfragen, ob Diana noch welche davon hat. Vielleicht hat sie auch ein paar von ihren Forschungsunterlagen aufbewahrt.« Eine Gruppe Jungs auf schmutzigen Fahrrädern kam die Straße entlang. Sie unterhielten sich laut, und Sweeney und Gerry beobachteten sie, bis sie außer Sicht waren.
Sweeney bedankte sich und drehte sich zu ihrem Auto.
»Es ist komisch«, sagte Gerry. »Ich glaube nicht, dass ich je über Karens Tod hinwegkommen werde. Ich weiß nicht warum, aber seitdem ist in meinem Leben nichts mehr richtig gut gelaufen. Wissen Sie, was ich meine?«
Sweeney nickte und verspürte den Drang, von der Traurigkeit wegzukommen, die Gerry Tiswell zu umgeben schien. »Passen Sie auf sich auf«, sagte sie und fuhr los.
Diana war nicht überrascht, Sweeney schon wieder zu sehen. Sie ging mit ihr die schmale Treppe in den ersten Stock hinauf und öffnete die Tür zu einem weiteren Treppenhaus, das zum Speicher emporführte. Die Hitze knallte ihnen entgegen, als sie die Stufen erklommen, und füllte Sweeneys Atemwege mit warmer, abgestandener Luft.
»Ich weiß, dass meine Eltern einige Sachen von Karen aufbewahrt haben«, sagte sie, während sie an einer Kordel zog, um eine nackte Glühbirne zum Leuchten zu bringen, die von den Dachsparren hing. »Aber ich weiß nichts von ihren Gedichten. Meine Mutter hat aus ihrem Zimmer ein Nähzimmer gemacht, und ich glaube, sie hat die meisten ihrer Kleider und Bücher der Heilsarmee gegeben. Aber ich meine mich daran zu erinnern, dass sie hier oben einige der Dinge aus ihrer Studentenbude aufbewahrt hat: Zettel, Notizbücher, Poster und solche Sachen. Ich musste mit meiner Tante hinfahren und alles
packen. Meine Eltern konnten es nicht ertragen, ihre Habseligkeiten anzusehen. Deshalb sind diese Kartons wohl geradewegs hier oben auf dem Speicher gelandet.«
Sweeney verspürte Aufregung. War es möglich, dass sie so viel Glück hatte?
Beide sahen sich zwischen den Stapeln von Kartons um, die in den Ecken des großen Raumes deponiert waren, wo sie seit Jahren im Halbschatten lagen. Es war stickig und heiß, und Sweeney fühlte, wie feuchter Schweiß langsam ihr Hemd durchtränkte. Diana wirkte leicht irritiert. »Nun«, sagte sie, »ich bin mir nicht sicher, wo es sein könnte, aber lassen Sie mich einfach...« Sie begann mit einem Stapel, der direkt vor ihnen stand, wischte eine dicke Staubschicht von der Oberfläche und öffnete den Karton. »Das sind Bücher. Aber nicht die von Karen.« Sie verschloss ihn wieder und versuchte es mit einem anderen. »Hm. Das hier scheint Babykleidung zu sein.« Sie machte ein paar weitere Schachteln auf, während Sweeney ihr zusah. Sie fühlte sich unbehaglich und war sich unsicher, ob sie ihre Hilfe anbieten sollte.
Als Diana mit dem Stapel fertig war, stand sie auf und schaute herum. »Das Problem ist, dass ich nicht weiß, wo es sein könnte.« Sie fuhr sich über die Stirn. »Gott, hier oben hat es sicher vierzig Grad.«
»Kann ich mich nützlich machen und mir die Stapel da drüben vornehmen?«, bot
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