Leise Kommt Der Tod
rücken wird. Das Buch ist gut, das weiß ich. Aber wegen der gestohlenen Tagebücher wird es verrissen werden. Ich werde meinen Job verlieren. Oh, mein Schatz.« Er beugte sich zu Lacey hinüber, die ihre Arme um ihn legte. »Ich dachte, Willem hätte davon erfahren. Kurz bevor er umgebracht wurde, wollte Willem mich sprechen, um mir etwas Wichtiges mitzuteilen.«
»Fred«, fragte Sweeney, »warum hast du deinem Verleger nicht einfach alles erklärt? Schließlich hattest du eine mündliche Vereinbarung mit Jennings. Das muss doch zählen.«
»Ich weiß nicht«, entgegnete Fred. »Alles ist so ein Durcheinander. Ich hatte solche Angst, es dir zu sagen, Lace.« Er sah zu ihr auf. »Ich fürchtete so sehr, dass es jemand herausfinden würde.« Er blickte zu Sweeney hoch. »Aber eines verstehe ich
nicht. Glaubst du, dass Karens Tod etwas mit Olgas und Willems Tod zu tun hat?«
»Ich weiß es nicht«, antwortete Sweeney. »Das ist das Problem. Ich weiß es einfach nicht.«
Erst als sie schon wieder zu Hause war, erinnerte Sweeney sich an das Abendessen. Es war Dienstagabend, und sie hatte Ian versprochen, sich mit ihm, Peter und Lillie um halb sieben im Restaurant zu treffen. Es war bereits acht. Falls sie überhaupt noch beim Essen waren, dann vermutlich schon beim Dessert. Sie wusste, dass es eine Szene gäbe, die den Abend für alle ruinieren würde, wenn sie jetzt noch im Restaurant auftauchte. Es war bestimmt besser, Ian zu erklären, was passiert war, wenn er nach Hause kam. Außerdem hatten Ian und Peter vieles zu besprechen und waren vermutlich sowieso lieber unter sich.
Sie werkelte in der Wohnung herum, legte Rechnungen ab und trank Wein gegen die Nervosität. Um elf Uhr hatte sie vier Gläser intus und entschied, dass es vielleicht besser sei, schon im Bett zu liegen, wenn er nach Hause kam. Sie schnappte sich den New Yorker , aber schon nach ein paar Seiten fielen ihr die Augen zu und sie schlief ein.
Sie erwachte vom Geräusch der Toilettenspülung. Als sie sich aufsetzte, fiel die Zeitung zu Boden. Ian kam aus dem Badezimmer, er beachtete sie kaum.
»Hi«, begrüßte sie ihn verschlafen. »Ich wollte wach bleiben, aber ich war wohl zu müde. Es tut mir so leid wegen heute Abend. Ich bin nach Greenfield rausgefahren und dachte, ich würde rechtzeitig zurück sein. Wie war das Essen?«
Eine Minute lang sagte er überhaupt nichts. Sie sah ihm dabei zu, wie er sich auszog, und langsam schwante ihr, dass es schlimmer werden würde, als sie erwartet hatte.
Er legte sich ins Bett und drehte sich von ihr weg. »Ehrlich gesagt, es war peinlich«, sagte er. »Peter hatte sich darauf gefreut, dich kennen zu lernen. Aber ich will heute Nacht nicht
darüber sprechen. Wir werden uns morgen Abend unterhalten.« Er sagte es streng, als ob sie ein unartiges kleines Kind sei.
»Es tut mir leid.« Sie hörte den Rhythmus seines Atems in der Dunkelheit und wusste, dass er noch wach war. Am liebsten hätte sie geweint, ihm gesagt, dass sie ihn liebte, dass sie es wiedergutmachen wollte. Aber dann merkte sie, dass sie es nicht konnte. Alles, was sie tun konnte, war, ihre Augen zu schließen und einzuschlafen.
34
Als Sweeney am nächsten Morgen mit Kopfschmerzen vom Wein erwachte, war Ian schon weg. Er hatte die Laken auf seiner Bettseite so zurechtgezogen, dass es aussah, als habe er überhaupt nicht darin geschlafen.
Sie seufzte laut und hielt Ausschau nach dem General. Er saß auf einem Stuhl beim Fenster und beobachtete sie. »Hasst du mich etwa auch?«, fragte sie ihn. »Komm zu mir rüber und zeig mir, dass du mich nicht hasst.« Aber der Kater starrte sie nur an, wandte sich dann ab und war mit einem Satz zum Schlafzimmerfenster hinaus.
Sweeney drehte sich um und schlief wieder ein. Als sie das nächste Mal aufwachte, war es bereits drei, und sie war schweißgebadet. Die Laken klebten an ihrem Körper, die Luft im Zimmer war so drückend, dass sie es kaum schaffte, sich aus dem Bett zu hieven. Sie befreite sich von der Decke, sammelte ihre überall im Raum verstreuten schmutzigen Klamotten auf und ging ins Bad, um zu duschen. Als sie fertig war, machte sie das Apartment sauber und checkte ihre E-Mails, dann schnappte sie sich den Boston Globe und setzte sich raus auf die Feuertreppe.
Sofort fiel ihr die Schlagzeile ins Auge: »Wachmann des Museums zum Raub von 1979 befragt«. Sie las den Artikel zweimal. Dem Bericht nach war Denny Keefe zur Befragung geladen worden, nachdem die Polizei Informationen
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