Leise Kommt Der Tod
musst mich lieben, so sehr du nur kannst, ohne zu wissen, was los ist. Ohne von dieser Sache zu wissen.« Auf einmal wusste er, dass dies der richtige Weg war. Diese Worte trafen mehr zu als alles andere, was er je zu ihr gesagt hatte.
»Wie kannst du so etwas von mir verlangen? Wie kannst du das sagen, ohne mir etwas darüber zu erzählen?«
»Liebst du mich? Würdest du mich immer noch lieben, wenn ich das Allerschlimmste getan hätte, was du dir vorstellen kannst? Was auch immer das ist. Würdest du mich trotzdem noch lieben? Und würdest du mir helfen?«
»Freddy? Was hast du getan?«
»Lacey, verstehst du es denn nicht? Es geht nicht darum. Wenn du mich ohnehin liebst, brauchst du es nicht zu wissen.« Er war sich seiner Logik sicher und lächelte sie an. Dann stand er auf, strich ihr über das Haar und verbarg sein Gesicht in der weichen Mähne. Er roch den frischen Naturduft ihres Shampoos. »Erinnerst du dich noch an die Nacht, in der wir uns kennen gelernt haben? Seit kurzem muss ich wieder ständig daran denken. Du warst wunderschön und so nett zu mir. Ich habe dich von der Minute an geliebt, in der du angefangen hast zu sprechen.« Er rieb seine Nase an ihrem Nacken und atmete ihren Duft ein. »Würdest du?«, flüsterte er.
Sie dachte einen Moment nach. »Ich würde dich immer noch lieben. Ich würde dir helfen«, sagte sie dann.
Er nahm sie in die Arme, küsste ihr Gesicht, ihren Hals, ihre Schultern. »Dann ist ja alles gut«, sagte er. »Alles ist gut.«
23
Agatha Williams war sehr viel hübscher, als Sweeney sie sich vorgestellt hatte. Auf ihre Frage, ob Ian jemanden wüsste, der sich mit Antiquitäten auskenne, hatte er entgegnet, dass seine Bekannte aus London, die er mit solchen Fragen betraute, sich zufälligerweise gerade wegen einer Auktion in Boston aufhalte. Sicher würde sie sich gerne mit Sweeney zum Mittagessen treffen und ihr etwas mehr über ägyptische Grabkunst erzählen.
»Bist du sicher?«, zog sie ihn auf. »Dann erfahre ich vielleicht auch, was es für Gerüchte über dich gibt.«
»Dieses Risiko gehe ich ein. Außerdem wollen dich alle meine Londoner Kollegen endlich kennen lernen. Aggie kann ihnen Bericht erstatten. Damit müssen sie sich zufriedengeben, bis sie dich persönlich treffen«, hatte er mit einem Grinsen im Gesicht gesagt und war in der Dusche verschwunden.
Sweeney wusste nicht genau, was sie erwartet hatte, aber die Frau, die um die Mittagszeit in dem Restaurant im Universitätsviertel wartete, ganz bestimmt nicht. Sie war in Sweeneys Alter, wenn nicht sogar etwas jünger. Anstatt des strengen Dutts, den Sweeney jemandem mit Namen Agatha zugedacht hatte, trug Aggie Williams ihr Haar lang und glatt. Es umrahmte ihr perfekt geschnittenes Gesicht und glänzte im Licht über ihrem Tisch wie polierter Stein. Es war genau die Art von Haar, die sich Sweeney als Zehnjährige immer gewünscht hatte. Ihr eigenes wild gelocktes Haar schien nämlich niemals das zu tun,
was sie wollte. Mit Sicherheit war es ihr noch nie so über die Schultern und auch nicht über ihren exklusiven Leinenanzug gefallen, wie es Aggies Haar tat.
»Ich freue mich so, Sie endlich kennen zu lernen«, sagte sie mit ihrem trockenen Oxbridge-Akzent, nachdem Sweeney Platz genommen hatte. »Wir sind alle schrecklich neugierig auf die Frau, die es geschafft hat, Ian aus London wegzulocken.« Ihre Lippen waren perfekt rot geschminkt, nicht zu knallig, und Sweeney ertappte sich bei dem Wunsch, sie hätte ebenfalls Lippenstift aufgetragen.
»Oh, wirklich?« Sweeney wusste nicht, was sie sonst noch darauf sagen sollte.
»Dabei ist er ein richtiger Londoner«, fuhr Agatha fort. »Als er sagte, er würde für ein paar Monate in Boston leben, konnten wir es erst gar nicht glauben.« In ihren Worten schwang ein Unterton mit, aber dann, als ob sie es bereuen würde, lächelte sie und sagte: »Du musst etwas ganz Besonderes sein.«
Jetzt wusste Sweeney erst recht nicht mehr, was sie erwidern sollte, deshalb sah sie sich kurzerhand nach der Bedienung um und bestellte Wasser und einen Caesar Salat.
»Nun, Ian hat mir erzählt, dass du dich für Antiquitäten interessierst«, sagte Aggie, nachdem sie ebenfalls bestellt hatte. »Wie kann ich dir helfen?«
»Das weiß ich nicht so genau. Ich beschäftige mich gerade mit einem Kollier und habe zu wenig Fachkenntnis, um sagen zu können, womit ich es eigentlich zu tun habe.« Sie reichte Aggie eine Kopie des Fotos aus der Akte und wartete, bis sie es
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