Leise Kommt Der Tod
Priesterin bei den Unitariern. Kennen Sie Jeanne Olsen? Ich glaube, sie heißt mittlerweile Ortiz. Meines Wissens nach unterrichtet sie ebenfalls an der Universität.«
»Ja, ich kenne Jeanne gut.«
»Sie war in jener Zeit auch recht aktiv. Sie ging in das Smith, und wir zogen sie immer damit auf, dass es in ihrer Mädchenschule keine Männer gab, auf die sie wütend sein konnte, und dass sie deshalb zu uns kommen würde. Sie war eine Art inoffizielles Mitglied der WAWAs. Verzeihen Sie, ich muss jetzt wirklich los, aber rufen Sie Susan an.«
Sweeney dankte ihr für das Gespräch und legte auf.
Sie stellte einen der sechs Ventilatoren an, die Ian und sie im Apartment platziert hatten, und trank ihr Bier aus. Dann legte sie sich die leere Flasche für einen Moment in den Nacken, ehe sie Susan Esterhaus in ihrem Büro an der Chicagoer Universität anrief. Als sie sich meldete, stellte sich Sweeney vor und erklärte ihr ihr Anliegen.
»Das ist ja ein Zufall«, sagte Susan Esterhaus. »Ich habe leider gerade keine Zeit, weil ich einige Dinge erledigen muss, da ich morgen nämlich nach Boston fliege. Ich werde am Samstag an der Universität sein und bei einer Protestkundgebung sprechen, die unter anderem von Jeanne Ortiz organisiert wird. Warum kommen Sie nicht einfach vorbei und wir reden dort miteinander?« Sweeney willigte ein. »Karen war in Wirklichkeit gar nicht so«, schob Susan Esterhaus nach. »Nicht richtig radikal, meine ich. Aber ich mochte sie trotzdem.«
26
Da ihre Nachforschungen bis zur Protestkundgebung auf Eis gelegt waren, beschloss Sweeney, ins Museum zu gehen, um den umfangreichen Papierkram zu erledigen, der im Rahmen ihrer Ausstellung angefallen war. Dort angekommen, packte sie die Dokumente in Kisten und machte sich auf den Weg nach unten in die Hauptetage, als ihr Quinn im Treppenhaus entgegenkam.
Sie hatte überhaupt nicht damit gerechnet, ihn hier zu treffen, deshalb dauerte es einen Moment, bis sie ihn erkannte. »Hallo. Was machst du denn hier?«
»Mich mit ein paar Leuten unterhalten. Den Schauplatz des Verbrechens noch mal abgehen«, sagte er grinsend. Er freute sich, sie zu sehen.
»Wirklich? Wo gehst du jetzt hin?«
»Ehrlich gesagt«, gestand er, »hast du mich erwischt. Ich wollte mir deine Ausstellung ansehen. Es hat mich neugierig gemacht, wie Grabkunst eigentlich aussieht. Ich weiß zwar viel über deine Grabsteine, aber...«
»Möchtest du, dass ich dich begleite?« Sie hatte sich darauf gefreut, nach Hause zu kommen und sich vor einen der Ventilatoren zu setzen, aber Quinn herumzuführen, wäre ein ebenso großes Vergnügen.
»Sicher. Du könntest mir eine private Führung geben. Außer, du musst nach Hause oder hast was anderes vor.«
»Nein, ich würde dir gerne alles zeigen.«
Sie gingen wieder nach oben zu den Galerien im zweiten Stock. »Es ist seltsam, diesen Ort so leer zu erleben«, meinte sie.
»Wie lange wird die Ausstellung dauern? Du hast unter dieser ganzen Sache ziemlich zu leiden gehabt, nicht wahr?«
»Vermutlich wird die Ausstellung bis Januar weitergehen. Willem möchte mir entgegenkommen. Meinst du, dass wir das Museum bald wieder öffnen dürfen?«
»Ja, bestimmt. Sobald wir überprüft haben, dass auch wirklich nichts übersehen worden ist. Und sobald das Museum die nötigen Sicherheitsvorkehrungen getroffen hat.«
»Ich wette, Willem hat jetzt keine Probleme mehr, das nötige Geld für die Verbesserung der Sicherheitssysteme zu bekommen.«
»Ist sein Antrag denn schon einmal abgelehnt worden?« Quinn hatte so etwas bereits nach seinem Gespräch mit Rick Torrance und George Fellows vermutet.
»Oh ja. Ich habe gerüchteweise davon gehört. Aber ich denke, es gibt kaum einen College- oder Universitätsdirektor, dessen Budget nicht jedes Jahr gekürzt wird. Es geht immer darum, einen Mittelweg zu finden zwischen dem, was ideal wäre, und dem, was möglich ist. So hat es mir zumindest der Vorstand meiner Fakultät erklärt, als ich um Gelder für mein Forschungsprojekt angesucht habe.«
»Ich habe mich bei meinem Kontaktmann vom FBI nach Karen Philips erkundigt«, sagte er plötzlich. »Er hat sie damals befragt. Sie arbeitete in der Nähe des Lagers, als der Raubüberfall stattfand, und sie hat ausgesagt, dass sie sich fürchtete.«
»Wirklich?« Sweeney drehte sich um und sah ihn an. Er grinste.
»Willst du jetzt sagen, dass du das schon immer gewusst hast?«
»So etwas würde ich nie sagen. Obwohl...« Sie lachten.
»Darf ich dich etwas
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