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Leise Kommt Der Tod

Titel: Leise Kommt Der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Stewart Taylor
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vor?«
    »Das ist schwer zu sagen. Es ging schleichend, aber ich erinnere mich noch daran, wie schlecht sie nach Thanksgiving aussah. Sie sagte, dass sie in der letzten Zeit nicht gut schliefe, verriet aber nicht, woran es lag.«
    Sweeney notierte sich das. »Wussten viele Leute von dem Raubüberfall auf das Museum?«
    »Oh ja, davon wusste jeder. Nach dieser Sache war Karen eine Art Berühmtheit auf dem Campus. Ich meine, für uns Collegestudenten aus der Vorstadt war es eine ziemlich wilde Vorstellung, während eines Kunstraubes gefesselt zu werden. Aber
Karen sprach nur sehr ungern darüber. Wenn sie danach gefragt wurde, antwortete sie kurz, dass sie sich kaum daran erinnern würde. Das war vielleicht seltsam. Es kam einem fast schon so vor, als würde sie sich dafür schämen.«
    »Sie sagten, dass es keinen Grund für ihren Selbstmord gab. Sind Sie sicher, dass sie niemandem irgendetwas erzählt hat? War sie vielleicht von ihrem Freund verlassen worden, oder etwas in der Art?«
    »Soweit ich weiß, hatte Karen keinen Freund. Und gegen Ende des Jahres vertrat sie plötzlich die Meinung, dass heterosexuelle Partnerschaften einer Art Sklaverei gleichkämen. Sie war aber nicht lesbisch, denn sie hatte davor Beziehungen zu Männern gehabt. Aber irgendetwas musste passiert sein, das sie davon abhielt, Kontakte zum anderen Geschlecht zu suchen. Oh, und außerdem regte sie sich sehr über gewisse Dinge auf, die im Museum vorgefallen waren. Daran erinnere ich mich noch.«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Nun, sie war auf einer Studienreise in Ägypten gewesen, im Sommer vor unserem Abschlussjahr, und ich vermute mal, dass sie dort Sachen gesehen hatte, die ihr sehr nahe gegangen waren. Sie wusste beispielsweise, dass meine Familie aus China stammt, deshalb erzählte sie mir aufgebracht, dass alle großen chinesischen Antiquitäten sich in amerikanischen Museen befänden anstatt in chinesischen. Sie sagte, dass es sie depressiv gemacht habe, das Museum in Kairo zu besuchen. Dort sei es nicht einmal möglich, die Geschichte des eigenen Landes lückenlos auszustellen, da viele der wertvollen Stücke von Westeuropäern und Nordamerikanern gestohlen worden seien. Weiße Männer, sagte sie. Weiße Männer mit Sonnenhüten. An diesen Ausdruck erinnere ich mich noch genau.«
    »Gab es ein Kunstwerk, das sie besonders hervorhob?« Sweeney musste an das Kollier denken. Vielleicht hatte Karen entdeckt, dass das Schmuckstück auf illegalem Weg aus
Ägypten weggeschafft worden war, und deshalb so empört reagiert.
    »Ich glaube nicht. Es ging ihr wohl mehr um die allgemeine Vorgehensweise. Etwas war mit ihr passiert, als sie in Ägypten war. Danach wurde sie zu einer Radikalen.« Felicia zögerte, dann fragte sie: Haben Sie sonst noch Fragen? Ich muss in ein paar Minuten weg.«
    »Nur noch eine. Was haben die WAWAs genau gemacht?«
    Felicia lachte. »Der Name klingt echt albern, nicht wahr? Aber damals war es uns sehr wichtig, wissen Sie. Wir waren nicht nur überzeugte Feministinnen wie all die anderen vor uns, sondern wir wollten wirklich etwas tun . Wir veranstalteten Protestkundgebungen für die Gleichberechtigung und machten publik, wie gering die Anzahl der weiblichen Fakultätsmitglieder auf dem Campus war. Ich weiß nicht, wie alt Sie sind, aber die späten Siebziger und frühen Achtziger waren eine außergewöhnliche Zeit für uns junge Frauen. Wir konnten in vielen Bereichen Erfolge verzeichnen. Wir waren auf dem Campus präsent. Theoretisch hatten wir alle Freiheiten, wir konnten sogar mit jedem schlafen, mit dem wir wollten. Was wir aber nicht geschafft hatten, war, die Denkweise der Männer zu verändern. Es ist schwer zu erklären. Ich kannte sehr viele Frauen, die dazu gezwungen wurden, Dinge zu tun, die ihnen widerstrebten. Die Männer, die das von ihnen verlangten, waren ihre Freunde und Bekannten, deshalb wagten die Frauen es nicht, nein zu sagen. Auf diese Situation waren wir jedoch nicht vorbereitet. Wir waren plötzlich im Besitz großer Freiheit, wussten aber noch nicht mit ihr umzugehen. Wie auch immer, Sie sollten sich mit Susan unterhalten. Sie kannte Karen besser als sonst jemand.« Felicia Hu nannte Sweeney eine Nummer in Chicago und bat sie, Grüße von ihr zu bestellen. »Wir hatten vor ein paar Jahren ein Reunionstreffen der WAWAs. Es war interessant zu sehen, was die anderen aus ihrem Leben gemacht haben. Susan ist jetzt Wissenschaftlerin.
Ich bin Anwältin, wie so viele von uns. Angie Bellini ist

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