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Leises Gift

Leises Gift

Titel: Leises Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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einer der Anwohner hier einen weißen Lieferwagen?«
    Chris dachte darüber nach. »Ich glaube nicht. Aber es gibt ungefähr sechzig Häuser auf dem Gelände, auch wenn es durch die vielen kleinen Wäldchen aussieht wie eine Wildnis. Und es kommen viele Fremde her. Jugendliche, die hier parken, oder Neugierige, die sich die Häuser anschauen wollen.«
    Das beruhigte Alex nicht. »Vor etwa fünfzehn Minuten fuhr ein weiterer Wagen langsam die Straße hinunter. Er kam um die letzte Kurve, doch anstatt weiter in Richtung Ihres Hauses zu fahren, bog er in die Auffahrt des Gebäudes ein, wo ich geparkt habe. Er kam so weit hinauf, dass seine Scheinwerfer meinen Wagen erfassten. Dann stoppte er und setzte sofort wieder zurück.«
    Das klang nach Teenagern, die nach einem Platz suchten, wo sie ungestört waren. »Haben sie Sie gesehen?«
    »Ich glaube nicht. Ich bin ziemlich schnell in Deckung gegangen.«
    »Konnten Sie das Nummernschild erkennen?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Als der Wagen zurücksetzte, hat er nicht gewendet. Er fuhr das ganze Stück rückwärts, bis zur Kurve.«
    Chris entdeckte Angst in ihren übernächtigten, blutunterlaufenen Augen. »Ich weiß, dass Ihnen das verdächtig erscheint, aber ich habe solche Situationen schon selbst hier draußen erlebt, wenn es dunkel war. Wilderer kommen hierher, um Rotwild zu schießen. Sie haben keine Hemmungen, in fremde Gärten einzudringen, und die Bewohner hier draußen schießen zurück. Die Wilderer wissen, dass es nur diese eine Straße gibt, die auf das Gelände führt, deswegen sind sie extrem vorsichtig.«
    Alex musterte ihn aufmerksam.
    »Sie sind zu müde, um klar zu denken«, sagte Chris behutsam. »Sie haben selbst gesagt, dass wir noch eine gewisse Zeitspanne haben, ehe jemand irgendwas versucht, erinnern Sie sich? Bei unserem ersten Treffen.«
    »Das war vor William Braids angeblichem Selbstmordversuch und seinem Insulin-Koma.«
    »Alex, wenn Sie möchten, kann ich beim Nachbarschaftswachdienst anrufen. Die haben einen riesigen Traktor, den sie quer über die Straße parken können, dann kommt niemand mehr raus oder rein.«
    »Ehrlich?«
    »Absolut.« Chris sah auf seine Uhr. »Wenn es nicht schon so spät wäre, würden sie mir diesen Gefallen wahrscheinlich mit Vergnügen tun.«
    Sie sah ihn an, als wünschte sie sich, er würde den Anruf machen. »Ich muss gestehen, dass ich beim zweiten Mal den Wagen nicht sehen konnte. Ich weiß nicht, ob es wieder der gleiche Lieferwagen war.«
    »Sie sagten eben, Sie wären nicht einmal beim ersten Wagen sicher, der Ihnen entgegenkam.«
    »Ich weiß, dass es ein Lieferwagen war. Ich bin nur nicht sicher, was die Farbe angeht.«
    Chris streckte die Hand aus und drückte ihr Knie. »Wissen Sie, was ich denke?«
    »Was?«
    »Falls jemand hergekommen ist, um mich zu erledigen, wurde ihm sofort klar, dass das Spiel gelaufen ist, als er Ihren Wagen auf dem gegenüberliegenden Grundstück sah.«
    Alex sah nicht überzeugt aus.
    »Ich meine, er muss es wie einen Unfall aussehen lassen, oder? So ist es bisher doch immer gewesen, nach Ihrer Theorie. Nicht mal ein richtiger Unfall, sondern eine Krankheit. Und dazu hat er jetzt nicht mehr die kleinste Chance.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Drei der Opfer starben nicht an Krebs, Sie erinnern sich? Eines erlitt einen Herzinfarkt, eines einen Schlaganfall, und das dritte starb an einem Lungenemphysem.«
    »Sie wissen nicht, ob es sich tatsächlich um Morde handelt. Und die Fälle passen nicht zu den anderen, stimmt’s?«
    »Ich denke, diese Fälle zeigen vor allem eines: Der Mörder ist bereit, ein Risiko einzugehen, wenn die Prämie hoch genug ist.«
    Ihre Sturheit zerrte allmählich an seinen Nerven. »Selbst wenn Sie recht hätten – die Tatsache, dass Sie sich mit mir in Verbindung gesetzt haben, ganz zu schweigen davon, dass Sie mich seit drei Tagen beobachten und bei jeder Gelegenheit überfallen, hatte jede Möglichkeit zunichtegemacht, mich unbemerkt umzubringen und es als einen Unfall hinzustellen. Diese Option existiert nicht mehr. Sie selbst haben mir gesagt, dass jemand, der mich umbringen will, mich vorher beobachtet, dass er mein Telefon anzapft und so weiter. Wenn er auch nur einen Funken Verstand besitzt, hält er sich jetzt bedeckt und hofft, dass Sie es irgendwann leid sind, ein Phantom zu jagen.«
    »Das wird nicht geschehen.«
    Er lächelte. »Ich weiß. Aber heute Nacht könnten Sie eine Pause einlegen. Eine kurze Ruhepause, Alex. Ich werde drüben im

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