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Leises Gift

Leises Gift

Titel: Leises Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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Haupthaus ein Bett für Sie herrichten und …«
    »Nein! Ich will Ben nicht beunruhigen!«
    »Ben wird Sie gar nicht zu Gesicht bekommen. Keine Widerrede, Alex. Sie werden eine Ativan nehmen und sich die nächsten zwölf Stunden gründlich ausschlafen. Alles sieht ganz anders aus, wenn Sie danach aufwachen, das verspreche ich Ihnen.«
    Er sah, dass sie über das Angebot nachdachte.
    »Wenn ich das tue, möchte ich Sie und Ben ebenfalls im Haupthaus haben«, sagte sie. »Damit ich Sie beide …«
    »Was?« Er lachte. »Damit Sie uns bewachen können? Vergessen Sie’s! Sie müssen schlafen.«
    Alex wollte widersprechen, doch in diesem Moment summte ihr Handy. Sie blickte aufs Display, und ihre Miene verdunkelte sich.
    »Wer ist es?«, fragte Chris.
    »Der frühere Partner meines Vaters. Ein Privatdetektiv.« Sie klappte das Mobiltelefon auf. »Was gibt’s, Onkel Will?«
    Sie lauschte, und ihre Miene wurde noch düsterer. Sie stützte den Ellbogen auf ein Knie und die Stirn in die Hand. Nach ein paar Minuten stellte sie ein paar Fragen bezüglich der Prognose für ihre Mutter; dann legte sie auf.
    »Was ist passiert?«, fragte Chris. »Es klang nach Nierenversagen.«
    Sie nickte. »Die Ärzte vermuten, es ist das Ende. Sie hat noch zwei oder drei Stunden, wenn nicht ein Wunder geschieht. Das haben sie mir zwar schon einmal gesagt, aber diesmal ist Onkel Will der gleichen Meinung.«
    »Sie können unmöglich jetzt nach Jackson fahren. Nicht in Ihrem Zustand.«
    Alex erhob sich und steckte das Mobiltelefon ein; dann nahm sie die Automatik vom Sofa. »Ich habe keine andere Wahl. Sie ist meine Mutter.«
    Chris stand auf und ergriff ihre freie Hand. »Glauben Sie allen Ernstes, es wäre im Sinne Ihrer Mutter, dass Sie Ihr Leben aufs Spiel setzen, um dort zu sein, obwohl sie vielleicht nicht einmal mehr das Bewusstsein erlangt?«
    Alex sah ihn entschlossen an. »Sie würde das Gleiche für mich tun.«
    Er sah ein, dass Widersprach sinnlos war. »Wenn ich mich nicht um Ben kümmern müsste, würde ich Sie selbst hinfahren.« »Das ist nicht nötig. Allerdings …«
    »Was?«
    Sie blickte einen Moment verlegen zur Seite. »Haben Sie vielleicht irgendetwas, das mir helfen kann, wach zu bleiben? Ich hasse es, danach zu fragen, aber ich bin total erledigt.«
    »Ich würde Ihnen gerne helfen, aber sämtliche Apotheken sind längst geschlossen.«
    »Sie machen Witze.«
    »Nein. Es gibt keinen Notdienst in Natchez. Die letzte Apotheke schließt um neun Uhr.«
    Alex ließ den Kopf hängen. Es war nicht zu übersehen, dass sie die vor ihr liegende Prüfung fürchtete.
    »Warten Sie … ich habe vielleicht doch etwas. Bevor ich Bens Arzt wurde, hat man bei ihm ADS diagnostiziert. Er wurde mit Ritalin behandelt, mit einer viel zu hohen Dosis. Ich glaube, wir haben immer noch etwas davon im Haus.«
    »Ich dachte, Ritalin macht einen ruhig?«
    »Bei Erwachsenen tritt die gegenteilige Wirkung ein. Ich dachte eigentlich, das wüssten Sie aus Ihrer Zeit bei der Drogenfahndung.«
    »Ich habe in Miami hauptsächlich die finanziellen Aspekte der Drogengeschäfte untersucht, Geldströme und so weiter, auch wenn ich bei einer Reihe von Razzien dabei war.«
    Chris ging zur Tür. »Sie bleiben hier bei Ben. Ich hole das Ritalin.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Wir müssen alle zusammen gehen.«
    »Alex, Sie sind im Begriff, die Stadt zu verlassen. Was macht da schon ein kurzer Weg rüber ins Haus?«
    »Sie haben eine Schusswaffe im Haus, oder?«
    Er nickte.
    Sie gab ihm ihre Automatik. »Sie wissen, wie man damit umgeht?«
    Er wog die Waffe in der Hand. Es war eine Glock, Kaliber vierzig, jedoch kleiner als die Waffen, die er im Sportgeschäft in den Händen gehalten hatte. »Ja.«
    »Nehmen Sie sie mit. Bringen Sie Ihre eigene Waffe mit zurück. Ich passe solange auf Ben auf.«
    »Mach ich. Wenn er aufwacht …«
    »Keine Sorge, ich komme zurecht. Gehen Sie.«
    Chris schloss die Augen lange genug, um seine Pupillen zu weiten, dann trat er hinaus in die Dunkelheit. Er verspürte keine Angst, doch selbst in gewöhnlichen Nächten hielt er auf dem kurzen Stück die Augen offen. Fast immer war Hochwild in seinem Garten, hin und wieder auch ein Coyote, und erst im letzten Frühjahr hatte er eine zwei Meter lange Klapperschlange im Patio getötet.
    Er brauchte dreißig Sekunden bis zum Haus; dann schlüpfte er durch die Hintertür und ging gleich ins Elternschlafzimmer.
    Er hatte verschiedene Gewehre im Waffenschrank in seinem Arbeitszimmer, doch seine

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