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Leises Gift

Leises Gift

Titel: Leises Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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Krallenaffen, zwei Paviane und ein Lisztaffe untergebracht. Sämtliche Primaten, selbst jene, die an tödlichen Krankheiten litten, schienen sich behaglich zu fühlen. Dr. Tarver hielt das Raumklima rund um die Uhr in einem optimalen Bereich, und im Hintergrund spielte leise Musik, beispielsweise Mozart, um die geselligen Wesen zufrieden zu stimmen.
    Die Mäusekäfige – Standardkäfige aus Plastik, wie man sie in jedem Tierhandel kaufen konnte – standen an der Wand rechts daneben. Links von den Affen hingen die Brutkugeln für die Fruchtfliegen, Drosophila melanogaster. Darunter standen drei Reihen von Terrarien, die auf den ersten Blick nichts außer Pflanzen zu enthalten schienen. Bei genauerem Hinsehen jedoch konnte man die geschuppten Leiber von einigen von Dr. Tarvers geliebten Schlangen entdecken.
    Der größte Teil des restlichen freien Raums wurde von großen Kühlschränken eingenommen, in denen Zellkulturen gelagert wurden, sowie von Testapparaturen von der Beckman Coulter Company. Zwei waren neuere Modelle von Analyzern, wie sie in den genetischen und onkologischen Abteilungen in der Uniklinik standen. Dr. Tarver hatte ursprünglich versucht, seine Experimente heimlich an der Universität durchzuführen, unter dem Deckmantel seiner legitimen Forschungen, doch Budget-Engpässe hatten zu einer Zunahme der Kontrollen geführt, die ihm die Umsetzung dieses Plans unmöglich machten. Hin und wieder, wenn sich eine Gelegenheit bot, nahm er Proben aus seinem geheimen Labor mit an die Uni, um sie dort unter dem Elektronenmikroskop der biochemischen Fakultät zu analysieren, doch letztendlich war ihm nichts anderes übrig geblieben, als in seinem Bunker einen virtuellen Spiegel der Kliniklabors zu errichten. Er konnte jederzeit Polymerase-Kettenreaktionen durchführen, und über Remote-Verbindungen zu den Computern im kommerziellen Pathologielabor, das er im Norden von Jackson unterhielt, hatte er Zugriff auf Sequenzierungssoftware, mit der er genetische Analysen durchführen konnte. Bis zum heutigen Zeitpunkt hatte er mehr als sechs Millionen Dollar in sein Labor gesteckt. Ein Teil des Geldes stammte von seiner Frau, die schon früh an seine Begabung geglaubt hatte, doch nach ihrem Tod war er gezwungen gewesen, sich neue, kreativere Möglichkeiten einfallen zu lassen, wie er sein Projekt weiter finanzieren konnte.
    Beispielsweise Andrew Rusk.
    Es gab weitere Geldgeber, die froh waren, ihm Mittel zur Verfügung zu stellen, doch sie saßen allesamt im Ausland – in der Regel ausländische Regierungen und Dr. Tarver wollte nichts mit ihnen zu schaffen haben, obwohl die Verlockung durchaus existierte. Die Vereinigten Staaten von Amerika verfolgten eine Art Selbstmordpolitik, was die medizinische Forschung anging – beinahe genauso schlimm wie die Briten, doch nicht ganz. In Großbritannien durfte man überhaupt nicht mit Schimpansen experimentieren, was mehr oder weniger garantierte, dass die Briten in Zukunft nicht auf diesem pharmazeutischen Geschäftsfeld auftreten würden. Doch auch in den Vereinigten Staaten war es alles andere als gut. Schimpansen standen auf der Roten Liste gefährdeter Arten, doch die Regierung hatte eine zweite Liste herausgegeben, die es ermöglichte, Schimpansen für die medizinische Forschung zu benutzen. Trotzdem fanden weniger als sechzehnhundert dieser Tiere Verwendung in der Forschung, die meisten von ihnen in Gefangenschaft geboren, in streng kontrollierten Zuchtstationen. Eine dieser Stationen lag nur vierhundert Kilometer entfernt, in New Iberia, Louisiana. Doch Tarver konnte diese Tiere nicht nutzen, nicht für seine Arbeiten jedenfalls. Wohin auch immer diese gezüchteten Primaten gingen – Regierungsinspektoren folgten ihnen auf dem Fuß.
    Die Chinesen hingegen kümmerten sich einen Dreck darum, wie viele Schimpansen noch in der freien Wildbahn lebten. Sie schickten eine Armee von Biologen los, um jeden einzelnen Baum in Afrika abzusuchen, falls nötig. Die Tierschützer mochten zur Hölle fahren – es scherte die Chinesen einen feuchten Kehricht. Dr. Tarver teilte diese Ansicht. Seiner Erfahrung nach hielt die moralische Überzeugung von Tierschützern und Aktivisten ungefähr so lange, bis sie eine tödliche Krankheit entwickelten, die beispielsweise durch eine Herzklappe von einem Schweineherz behandelt werden konnte. Mit einem Mal schien das Schwein nicht mehr so verdammt heilig zu sein. Gewöhnliche Tierschützer waren nicht wie die Zeugen Jehovas, die sich hinlegten

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