Leises Gift
Unterhaltung.
Eine Stunde war seither vergangen. Er ging zur Haustür, sperrte sie auf und steckte den Kopf nach draußen. »Mr. Kilmer?«, rief er in die Dunkelheit. »Sind Sie da?«
Keine Antwort.
Er rief erneut, mit dem gleichen Ergebnis. Ein wenig verstimmt kehrte er in die Küche zurück, um sich ein Sandwich zu machen. Er wollte gerade den ersten Bissen nehmen, als jemand an die Garagentür klopfte. Chris durchquerte die Pantry und legte das Auge an den Türspion. Durch die Linse hindurch erblickte er einen grauhaarigen Mann mit Brille.
»Wer ist da?«, rief er durch die Tür hindurch.
»Will Kilmer«, antwortete eine energische Männerstimme. »Alex Morse schickt mich.«
Chris öffnete die Tür. Kilmer war knapp einsachtzig groß und überraschend gut in Form für einen Mann seines Alters, abgesehen von einem Bauch über dem nachgebenden Hosengürtel. Er trug Khakis, ein unauffälliges Polohemd und graue Laufschuhe. Er lächelte Chris an und bot ihm die Hand, und Chris ergriff sie. Der Händedruck war so eisern, wie er es von einem Ex-Cop erwartet hatte.
»Es tut mir wirklich leid, Mr. Kilmer, dass Sie den weiten Weg hierher fahren mussten.«
»Sagen Sie Will zu mir, Doktor.« Kilmer ließ Chris’ Hand los. »Und kein Problem, wirklich nicht. Ich komme langsam in ein Alter, wo ich nachts nicht mehr länger als drei oder vier Stunden schlafen kann.«
»Das ist verbreitet im höheren Lebensalter. Das genaue Gegen teil von Teenagern, die am liebsten zwanzig von vierundzwanzig Stunden schlafen würden.«
»Ich war schon draußen, als Sie vorhin den Kopf rausgestreckt haben, aber das war das erste Mal, dass Sie sich gezeigt haben, seit ich hergekommen bin, und ich wollte warten und sehen, ob sich draußen irgendwas rührt.«
»Sie glauben nicht wirklich, dass da draußen jemand ist, oder?«
»Nach allem, was Alex mir erzählt hat, würde ich sagen, dass es durchaus angebracht ist, mit Ärger zu rechnen.«
»Wenn jemand da draußen wäre, hätte er Sie dann nicht herkommen sehen?«
»Ich bin zu Fuß gekommen«, sagte Will. »Und ich bin verdammt leise, wenn ich es darauf abgesehen habe. Ich habe oben beim Restaurant an der Hauptstraße geparkt, und ich habe ein Nachtsichtgerät im Gepäck.«
Verlegenes Schweigen entstand. »Kann ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?«, fragte Chris. »Ich wollte gerade ein Sandwich essen.«
»Ich möchte Ihnen nicht zur Last fallen.«
»Sie können uns genauso gut im Haus wie draußen bewachen, oder? Holen Sie Ihr Gepäck, und ich mache Ihnen in der Zwischenzeit ein Sandwich. Sie können mir anschließend erzählen, wieso Alex Morse nicht verrückt ist.«
Kilmer kicherte leise. »Ein Angebot, das schwer auszuschlagen ist. Ich bin gleich wieder da.«
Chris kehrte in die Küche zurück und ließ die Tür hinter sich offen. Noch bevor er das zweite Sandwich mit Truthahn und Schweizerkäse fertig hatte, leistete Kilmer ihm in der Küche Gesellschaft. Der Detektiv stellte einen Rucksack in Tarnfarben an der Wand ab und setzte sich auf einen der Barhocker am Küchentresen. Chris schob ihm einen Teller hin, öffnete ein Corona und reichte es Kilmer. Die Augen des alten Detektivs leuchteten auf, als er das Bier entgegennahm.
»Danke, Doc. Es ist wirklich schon verdammt heiß, wenn man bedenkt, dass wir erst Mai haben.« Chris nickte und wandte sich wieder seinem eigenen Sandwich zu.
»Sie haben wirklich ein hübsches Haus hier draußen«, sagte Kilmer. »Wie ich hörte, wollen Sie umziehen?«
»Es ist die Idee meiner Frau. Ich nehme an, sie will unbedingt mit irgendwelchen Nachbarn mithalten.«
Kilmer nahm einen weiteren Schluck Bier und biss in sein Sandwich.
»Also Sie haben mit Alex Morses Vater zusammengearbeitet?«, fragte Chris.
»Das stimmt. Zuerst beim Police Department, dann in einer gemeinsamen Detektivagentur. Ich habe nie jemanden kennen gelernt, auf den ich mich mehr verlassen konnte, wenn es eng wurde.«
»Er wurde kürzlich getötet?«
»Ja, Sir. Er wollte irgendwelchen Leuten helfen, die in Schwierigkeiten waren. Genau wie ich es von ihm erwartet hätte.«
»Die Verbrechensrate in Jackson ist ziemlich hoch, wie man hört.«
»Hoch? Wenn Sie das Jackson betrachten, in dem ich aufgewachsen bin, und es mit dem von heute vergleichen, ist es wie das Ende der Welt! Es fing in den Achtzigern an, als das Crack aufkam. Heute leiten die Insassen die Anstalt. Ohne Jim werde ich wohl nicht länger als zwei oder drei Jahre im Geschäft bleiben. Ich mache die
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