sollst du kommen?«
»Nach Jackson. Ich habe einen Patienten dorthin geschickt.«
Ben sah ihn gedankenvoll an. »Können wir jetzt nach Hause fahren?«
»Noch nicht, Kumpel.« Chris setzte sich neben ihn und blickte auf den Bildschirmschoner seines Computers. Es war ein Foto von Ben. Der Junge war seither zehn Zentimeter gewachsen und hatte fünf Kilo zugelegt. Chris drückte seinen Arm. »Sohn, ich
muss einen Patienten ins Büro holen. Komm, geh solange in Mrs. Janes Büro, okay? Du kannst auf ihrem Computer spielen, wenn du möchtest.«
Ben zuckte bloß die Schultern.
Chris brachte ihn nach vorn; dann kehrte er in sein Büro zurück. Auf dem Weg zurück versuchte Holly, ihn in eines der Behandlungszimmer zu steuern, doch er hob abwehrend die Hände.
Wieder an seinem Schreibtisch tippte er das Passwort ein und startete sein E-Mail-Programm. Die neueste Nachricht stammte von
[email protected]. Er öffnete die Mail. Da stand: Es tut mir sehr leid, Dr. Shepard. Freundliche Grüße, Will Kilmer. Mehr nicht.
Am Fuß der Nachricht war ein Symbol, das auf eine angeheftete Datei hinwies. Chris beschloss, die Datei auf der lokalen Festplatte zu speichern. Eine kleine Verlaufsanzeige erschien auf seinem Schirm. Sein Blutdruck stieg synchron mit dem nach rechts wandernden Fortschrittsbalken. Dann war der Download vollständig, und Chris startete den Windows Media Player.
Er saß einfach nur da, den Zeigefinger auf der Maustaste, und war sich schmerzhaft bewusst, dass das Öffnen dieser Datei sein Leben für immer verändern würde. Er fühlte sich wie einer seiner Patienten, die nervös auf dem Sofa gegenüber von seinem Schreibtisch saßen und Angst hatten, nach den Testresultaten auf dem Blatt Papier in seiner Hand zu fragen. Doch es war zwecklos, sich davor zu drücken, im einen wie im anderen Fall. Es gab nichts dadurch zu gewinnen – und eine höllische Menge zu verlieren.
»Scheiß drauf!«, murmelte er und öffnete die Datei.
Zuerst war nur ein Edelstahl-Balkongeländer zu sehen, das auf einen weiten Hof zeigte. Die Szene war von einem Standort etwa fünf Meter unterhalb gefilmt. Hinter dem Geländer war ein halb offenes französisches Fenster zu sehen. Grillenzirpen drang aus den Lautsprechern von Chris’ Computer, doch kein weiteres Geräusch war zu hören, außer vielleicht dem Summen einer Klimaanlage. Dann durchbrach das Lachen einer Frau die Stille. Das Geräusch fuhr Chris durch Mark und Bein. Noch bevor er sie sah, wusste er alles. Eine gedämpfte weibliche Stimme murmelte einen schwachen Protest; dann flog die Tür nach innen, und Thora stürzte gegen das Balkongeländer, als wäre sie gestoßen worden.
Sie war splitterfasernackt.
Sie kreischte wie ein Mädchen aus der Studentinnenvereinigung bei einem Auftritt der Chippendales und versuchte, ins Zimmer zurückzuflüchten, doch ein Mann, verdeckt im Schatten, versperrte ihr den Weg. Er packte ihre Arme und wirbelte sie herum und gegen das Geländer. Chris ballte die Fäuste, bis die Knöchel weiß hervortraten, als Shane Lansing mit steil aufragendem Penis auf den Balkon trat. Bevor Thora sich erneut zu ihm umdrehen konnte, packte er sie an den Hüften und drang von hinten in sie ein.
Sie ächzte, kreischte ein weiteres Mal; dann packte sie das Geländer und stemmte sich gegen seine Stöße. Ihre Muskeln traten reliefartig hervor, während sie ertrug, was sich rasch zu einem brutalen Ansturm entwickelte. Ihr Mund stand offen, die Augen quollen ihr fast aus dem Kopf. Chris hatte diesen Ausdruck bei ihr in den letzten Zügen eines Marathonlaufs gesehen, wenn sie die äußersten Grenzen ihrer Ausdauer auf die Probe stellte.
Sie begann im Takt zu Lansings Stößen zu keuchen. Ihr Gesicht war nur noch eine animalische Fratze. Als sie zu stöhnen anfing und ihr katzenartiges Heulen von den Wänden des Innenhofs widerhallte, warf Chris einen nervösen Blick zu seiner Bürotür. Er griff nach dem Lautstärkeregler, doch bevor er den Ton herunterdrehen konnte, legte Lansing Thora die Hand über den Mund, riss ihren Kopf nach hinten und rammte zugleich ihren Unterleib gegen das Geländer. Während Chris auf den unausweichlichen Höhepunkt wartete, überkam urplötzlich eine Woge aus Übelkeit den Schock, der ihn bis zu diesem Moment an seinen Platz gefesselt hatte. Er sprang auf und rannte ins Bad, wo er auf die Knie fiel und die Überreste seines Mittagessens in die Toilettenschüssel erbrach.
»Dr. Shepard?«, rief eine weibliche Stimme.