Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Leises Gift

Leises Gift

Titel: Leises Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
Vom Netzwerk:
war in der Lobby mit Will Kilmer verabredet. Er sollte ihr eine unregistrierte Waffe bringen. Sie wollte die Waffe auf ihrem Zimmer verstecken, ehe Kaiser eintraf. Es würde ihm nicht gefallen, wenn sie bewaffnet herumlief, obwohl sie suspendiert war. Selbst wenn er Verständnis dafür aufbrachte, würde seine eigene Position dadurch erschwert.
    Alex sah ihren Wagen auf dem großen Parkplatz stehen und rannte los.
    Eldon Tarver stand im zweiten Stock am Fenster der Ärztelounge und beobachtete, wie Alex Morse über den Parkplatz eilte. Sie rannte zielstrebig, den Kopf nach vorn gereckt wie eine Sprinterin, nicht wie einer von jenen Freitzeitjoggern, die man ständig und überall sah. Während er sie beobachtete, stieg ein beinahe euphorisches Triumphgefühl in ihm auf.
    »Sie hat mich nicht erkannt«, murmelte er vor sich hin. »Sie war nur einen Meter entfernt, hat mir direkt ins Gesicht gestarrt … Sie hat meine Stimme gehört … und sie hat mich nicht erkannt!«
    Die Tatsache, dass sein Bart die Halswunde verbarg, die sie ihm zugefügt hatte, war ohne Zweifel sehr hilfreich gewesen.
    »Reden Sie vielleicht mit mir?«, erkundigte sich eine Assistenzärztin, die sich hinter ihm auf einem Sofa rekelte.
    »Nein.«
    Er hörte, wie die junge Frau sich auf dem Sofa bewegte. Wahrscheinlich war sie verärgert über seine Anwesenheit. Das Miststück hatte vermutlich irgendeinem Oberarzt gesagt, dass er sie hier treffen sollte, falls er Lust auf einen schnellen Fick hatte, und jetzt hatte Eldon ihre Pläne durchkreuzt. Eldon Tarver fühlte sich in diesem Moment so unverwundbar, dass er überlegte, ob er die Tür abschließen und sie über den Tresen der kleinen Teeküche legen sollte, um ihr zu zeigen, was Penetration wirklich sein konnte …
    Ganz ruhig, sagte eine zügelnde Stimme in seinem Innern. Alles läuft genau so, wie du es haben wolltest.
    Und es lief tatsächlich so. Zuerst hatte Neville Byrd die EX-NIHILO-Seite entdeckt, und jetzt war ihm Alex Morse direkt in die Hände spaziert. Sie hatte ihm sogar den Namen ihres Hotels genannt! Eldon glaubte nicht an Schicksal, aber es war schwer, keine jungianischen Muster in alledem zu sehen.
    Natürlich war es auch möglich, dass Morse bereits viel weiter vorgedrungen war, als sie ihn hatte glauben machen. Rusks Einschätzung konnte man nicht vertrauen, und Alex Morse war so etwas wie ein Star beim FBI. Dass sie Befehle missachtet hatte, war in Tarvers Augen eher eine Empfehlung als ein schwarzer Fleck auf ihrer Haut, erst recht in einer durch und durch reglementierten Behörde wie dem FBI.
    Ja, dachte er.
    Die ganze Unterhaltung konnte eine einzige Schauspielerei gewesen sein. Und selbst wenn es nicht so war, selbst wenn Morse tatsächlich keine Ahnung hatte, wer er war – konnte er das Risiko eingehen, sich zu irren? Sein Motto hatte immer null Risiko gelautet, und dieses Motto hatte ihm bis zum heutigen Tag die besten Dienste geleistet. Er hatte in den letzten fünf Jahren nahezu täglich die Gesetze gebrochen und eine Reihe von Kapitalverbrechen begangen, und doch steckte er immer noch nicht im Gefängnis.
    Es war an der Zeit, Biddle zurückzurufen.

38
    Alex musste hundert Meter von der Lobby des Cabot Lodge entfernt parken. Als sie durch die Doppeltüren trat, um einzuchecken, bemerkte sie Chris Shepard in einem Sessel an der Wand zu ihrer Rechten. Er saß vornübergebeugt und rieb sich die Schläfen wie ein Mann, der an Migräne litt. Sie ging zu ihm und kauerte neben ihm nieder.
    »Chris?«
    Er blickte sie aus rotgeränderten Augen an. »Hallo.«
    »Was machen Ihre Kopfschmerzen?«
    »Ein bisschen besser. Mein Magen ist inzwischen das Problem.«
    »Haben Sie neue Informationen?«
    Er stöhnte leise. »Ich hab noch mal mit Peter Connolly telefoniert. Er möchte, dass ich noch heute in ein Flugzeug steige und zum Sloan-Kettering komme.«
    »Dann sollten Sie das tun.«
    Chris zuckte in einer fatalistischen Geste die Schultern. »Ich kann die gleichen Medikamente, die er mir geben würde, auch hier nehmen. Tom Cage hat mir eine Verordnung für eine Reihe starker antiviraler Medikamente gegeben. AZT, Ritonavir, Enfuvirtide und Vidarabine. Ich denke, das ist der Grund für meine Übelkeit.«
    »Geht Connolly davon aus, dass sie wirken?«
    Chris lachte düster auf. »Wie kann er wissen, ob sie wirken, wenn er nicht weiß, was mir injiziert wurde? Pete ist der Meinung, dass ich sofort mit einer starken intravenösen Chemotherapie anfangen sollte.«
    »Und warum tun Sie

Weitere Kostenlose Bücher