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Leises Gift

Leises Gift

Titel: Leises Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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Fernseher.«
    »Wodka?«
    »Kommt sofort. Ich hole Ihnen Eis.«
    Sie brachte ihm eine winzige Rasche Absolut, und er trank den größten Teil des Inhalts in einem einzigen Schluck. Alex war nicht sicher, wie Kaiser auf einen betrunkenen Zeugen reagieren würde, doch sie beabsichtigte auf der anderen Seite auch nicht, einen Mann zu ermahnen, der gerade erfahren hatte, dass er vielleicht sterben würde.
    »Ist Kaiser schon in der Stadt?«, fragte Chris.
    »Er muss jede Minute hier sein.«
    »Warum haben Sie sich ausgerechnet an ihn gewandt?«
    Sie trat zum Fenster und sah hinaus auf den sattgrünen Campus des Millsaps College mit dem hohen Glockenturm. In der Abschlussklasse der Highschool war ihr ein Stipendium am Millsaps angeboten worden. »Kaiser hat lange Zeit bei einer Spezialabteilung des FBI gearbeitet. Er hat mit den Leuten gearbeitet, die sie geschaffen haben, als das Fachgebiet noch Verhaltensforschung hieß. Er hat Dinge gesehen, die sich die Bürohengste in Washington in ihren schlimmsten Albträumen nicht vorstellen können. In einem Bericht zu lesen verschafft einem kein Bild von dem Grauen, das machen Dingen anhaftet, wissen Sie?«
    Chris nickte. »Es ist, als würde man in einem Lehrbuch über Krankheiten lesen. Man denkt, man weiß Bescheid über eine Sache, bis man zum ersten Mal einen Patienten sieht, der einem vor den Augen verrottet.«
    »Genau. Kaiser weiß das. Er war in Vietnam, ehe er zum FBI gegangen ist. Schwere Kampfeinsätze. Er ist ein erstklassiger Mann. Er hat seine Frau während der Ermittlungen zu einem Serienmord kennen gelernt. Sie ist Kriegsfotografin.«
    »Wie heißt sie?«
    »Jordan Glass.«
    »Sie machen Witze.«
    »Sie kennen die Frau?«
    »Nein. Aber ich mache Dokumentarfilme – als Hobby. Jordan Glass steht auf einer Stufe mit Leuten wie Nachtwey und anderen. Sie hat einen Pulitzerpreis gewonnen.«
    »Zwei, glaube ich.«
    Chris trank den Rest von seinem Wodka und ging selbst zur Minibar. In diesem Moment klopfte es an der Tür. Alex zuckte zusammen. Sie öffnete in der Erwartung, Kaiser zu sehen, doch vor ihr stand Will mit einer großen Schuhschachtel in den Händen.
    »Danke«, sagte sie und nahm die überraschend schwere Schachtel entgegen. »Was ist drin?«
    »Eine SIG Neunmillimeter. Nicht registriert.«
    »Danke, Will. Du gehst besser gleich wieder.«
    Der alte Detektiv sah aus, als hätte er mit Dämonen gerungen.
    »Was ist?«, fragte Alex. »Stimmt was nicht?«
    »Ich fühle mich, als hätte ich den Doc im Stich gelassen.«
    Du hast ja keine Ahnung. »Gestern Nacht spielt keine Rolle mehr. Es kommt alles in Ordnung, okay? Geh jetzt, Onkel Will.«
    Kilmer trottete den Gang hinunter zur Feuertreppe.
    Als Alex in die Suite zurückkam, trank Chris Bourbon.
    »Der Zimmerservice liefert Schuhe?«, fragte er und deutete auf die Schachtel.
    »Neun-Millimeter-Schuhe«, antwortete sie und brachte den Schuhkarton ins Schlafzimmer, wo sie ihn auf dem Kleiderschrank verstaute. »Kaiser muss nichts davon wissen.«
    Chris nickte. »Ich hab meine Achtunddreißiger unten im Wagen.«
    »Ich hole sie rauf, sobald John weg ist.«
    »Ich sehe mich definitiv, wie ich die Knarre bei einer bestimmten Person benutze.«
    Bei wem?, überlegte Alex. Shane Lansing? Thora? Oder vielleicht bei beiden? »Chris … das denken Sie doch nicht wirklich, oder?«
    »Ich bin in Mississippi aufgewachsen, im Süden. Ich habe bestimmte Wertvorstellungen, die ich nie ablegen werde.«
    Alex berührte seinen Arm. »Ich hoffe, dass das nur ein Witz ist. Weil Sie damit überhaupt nichts lösen. Es würde nur bewirken, dass Ben von jemand anderem als von Ihnen aufgezogen wird.«
    Das Licht in Chris’ Augen erlosch.
    »Was glauben Sie ist die Ursache Ihrer Kopfschmerzen?«, fragte sie in dem Versuch, ihn von Ben abzulenken.
    »Ich nehme an, wir drei wurden irgendwie betäubt. Ich bin nicht sicher, wie es bewerkstelligt wurde. Will hat das gleiche Truthahn-Käse-Sandwich gegessen wie ich, aber Ben hatte eine Tiefkühlpizza. Ben hat kein Bier getrunken. Wir haben einen Watercooler … vielleicht war es das. Letztendlich spielt es keine Rolle, oder? Solange Ben und Will nicht krank werden …«
    Es klopfte erneut, energisch diesmal.
    Chris folgte Alex zur Tür.
    Ein großer Mann mit tief liegenden Augen und längeren Haaren, als Chris erwartet hätte, stand vor ihnen. Chris konnte kaum glauben, dass der Bursche in Vietnam gewesen war – er sah aus wie fünfundvierzig, und doch musste er wenigstens sieben Jahre

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