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Leises Gift

Leises Gift

Titel: Leises Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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Laden einen Besuch abzustatten?«
    »Wäre gut möglich, dass ich vorbeifahre. Ich gehe bestimmt nicht rein. Kaiser würde mich am Arsch packen. Ich möchte, dass du zum Pathologie-Labor fährst und dich dort umsiehst.«
    »Bin schon unterwegs. Wir bleiben in Verbindung.«
    »Machen wir.«
    Alex trat zu Chris ans Bett und kniete neben ihm nieder. Er zitterte immer noch, doch er hatte die Augen nun geschlossen, und sein Atem ging regelmäßig. Sie kehrte an ihren Schreibtisch zurück, packte ihr Notebook in die Tasche und verließ das Zimmer, so leise sie konnte.

46
    Will Kilmer berührte Alex’ Knie. »Dieses Gebäude war eine Bäckerei, als ich jünger war«, sagte er. »Verdammt, ich glaube, es war sogar 1985 noch eine.«
    Alex nickte, während sie weiter versuchte, die Internetverbindung ihres Laptops aufrechtzuerhalten. Aus irgendeinem Grund war die Stelle, die sie zur Observation ausgesucht hatten, ein blinder Fleck, was mobile Datenkommunikation anging. Will hatte seinen Explorer in der Halle einer nicht mehr in Betrieb befindlichen Autowerkstatt abgestellt, weil sie von dort aus einen guten Überblick über die von einem gewissen »Noel D. Traver« geführte Hundezuchtanlage hatten. Das Gebäude war ein altes Backsteinhaus, etwa so groß wie eine Abfüllfabrik von Coca Cola, umgeben von einem noch größeren Parkplatz. Gefährlich glitzernder Klingendraht thronte in langen Spiralen oben auf dem Zaun. Das einzige Fahrzeug auf dem Parkplatz war ein kleiner Lieferwagen, der mit dem Heck zur Wand des Gebäudes geparkt stand, weshalb das Nummernschild nicht zu sehen war. Das Gebäude selbst wirkte verlassen. Niemand hatte es betreten oder war herausgekommen, seit sie vor zwei Stunden eingetroffen waren, noch war ein Laut nach draußen gedrungen. Die Entfernung betrug zwar annähernd hundert Meter, aber trotzdem. Zumindest ein gelegentliches Bellen hätten sie hören müssen.
    »Wieder deins«, sagte Will als Reaktion auf das Zirpen eines Mobiltelefons.
    »Kaiser«, sagte Alex. »Er ruft ständig an.«
    »Dann geh ran.«
    »Wenn er wüsste, dass ich hier bin, würde er ausflippen.«
    Will seufzte wie ein Mann, der die Nase voll hatte. Er hatte bereits das pathologische Labor von Dr. Tarver überprüft – oberflächlich betrachtet schien alles seine Ordnung zu haben –, und nun verschwendete er den Rest seines Tages hier, mit großer Wahrscheinlichkeit für nichts und wieder nichts.
    Die SIM-Karte in Alex’ Computer stellte überraschend eine Verbindung zum Internet her und verlor sie sogleich wieder. Alex schlug frustriert mit der flachen Hand gegen die Tür. Sie hätte den Computer am liebsten aus dem Fenster geworfen. Ursprünglich hatte sie online gehen wollen, um weitere Recherchen anzustellen, doch inzwischen war es so spät, dass Jamie aus der Schule war und sich vielleicht bei MSN einloggte.
    »Ich mache mir Sorgen wegen Jamie«, sagte sie zu Will. »Ich habe seit fast achtundvierzig Stunden nicht mehr mit ihm geredet.«
    »Ihm fehlt schon nichts«, sagte Will. »Jamie ist erst zehn Jahre alt, und er muss tun und lassen, was sein Vater ihm sagt.«
    »Ich mache mir auch Sorgen wegen Chris.« Sie hatte Schuldgefühle, weil sie ihn allein im Hotelzimmer zurückgelassen hatte.
    »Wie oft hast du ihn zu erreichen versucht?« Will konnte es nicht wissen, weil er mehrmals aus dem Explorer ausgestiegen war, um sich zu erleichtern oder eine Zigarette zu rauchen.
    »Fünf oder sechs Mal. Er hat seit einer Stunde nicht mehr geantwortet.«
    »Wahrscheinlich schläft er.«
    »Ich hoffe es.«
    »Fast alle Opfer haben mehr als ein Jahr zum Sterben gebraucht«, erinnerte er sie.
    »Nicht Grace.«
    Der alte Detective schloss die Augen und schüttelte den Kopf.
    »Ich denke, ich sollte zurück ins Hotel und ihn in die Notaufnahme bringen«, sagte Alex. »Hilfst du mir, ihn nach unten und in den Wagen zu schaffen?«
    »Sicher. Du zeigst mir die Richtung, und ich bugsiere ihn hin.«
    Alex neigte den Kopf und deutete zu dem hohen Maschendrahtzaun, der die alte Bäckerei umgab. »Was glaubst du, wozu der Klingendraht gut ist? Bestimmt nicht, um die Hunde drinnen zu halten. Dazu würde der Maschendraht alleine reichen.«
    Will zuckte die Schultern. »Ist eine ziemlich üble Gegend hier draußen. Hohe Verbrechensrate.«
    Alex’ Handy summte. Es war schon wieder Kaiser. Sie stieß genervt den Atem aus und drückte die ANNEHMEN-Taste. »Hallo, John.«
    »Meine Güte, Alex, ich versuche Sie seit Stunden zu erreichen! Wo stecken

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