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Leises Gift

Leises Gift

Titel: Leises Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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seines Umhangs direkt an ihr vorbei nach vorne.
    So unauffällig sie konnte, drehte Alex sich nach vorne und kauerte sich hinter die Windschutzscheibe, als suchte sie Schutz vor dem Regen. Sie sah, wie der Beil-Helikopter hinter dem Haus der Fennells in die Höhe stieg; dann ging er in Schräglage und schoss hinaus auf den See, um dem Boot in gleichbleibenden sechshundert Metern Abstand zu folgen.
    Als Tarver sich nach dem Hubschrauber umdrehte, zeigte Alex zuerst auf ihn, dann zum Himmel hinauf, um anschließend mit den Fingern eine weite Bewegung zu vollführen, die einen Rotor darstellen sollte. Sie betete, dass ein Scharfschütze sie durch sein Fernrohr beobachtete. Doch selbst wenn es so war – wie standen die Chancen, dass er ihr Zeichen richtig deutete? Er würde wahrscheinlich denken, dass Alex um Luftunterstützung durch den Hubschrauber des FBI bat.
    Tarver hielt auf eine kleine Insel zu, die ein paar hundert Meter vor der Küste lag. Die Insel war nur vierzig Meter lang und dicht bewaldet. Alex erinnerte sich, einmal zum Angeln dort gewesen zu sein, zusammen mit Jamie und ihrem Vater. War es möglich, auf dieser Insel einen Helikopter zu verbergen?
    Tarver gab Vollgas, und das Carrera schoss übers Wasser. Als die kleine Insel genau vor ihnen lag, schwenkte er nach Steuerbord und umrundete sie bis zur anderen Seite, wo er unter überhängenden Ästen in Deckung ging.
    »Los, hinlegen!«, befahl Tarver, indem er das Bettlaken abwarf und mit der Pistole auf Alex zielte. »Tun Sie, was ich sage!«
    Sie gehorchte. Bald darauf hörte sie das Pochen der Rotoren des FBI-Hubschraubers über den im Leerlauf drehenden Motoren des Carrera. Kaiser kam näher. Das Geräusch der Rotoren wurde lauter. Alex konnte zwischen den Zweigen und Blättern der Bäume hindurch noch nichts erkennen, doch sie wusste, dass Kaiser sich herantastete. Ihr Mobiltelefon läutete erneut.
    »Unten bleiben!«, befahl Tarver.
    Alex warf sich zwischen die Bootssitze. Einen Moment später hörte sie zwei Schüsse krachen. Voller Angst um Jamie blickte sie auf und sah Tarver einen dritten Schuss ins unruhige Wasser neben dem Boot feuern.
    Was hat er vor?
    Tarver bückte sich und öffnete ein langes, schmales Fach im Bootsdeck, in dem normalerweise Wasserski verstaut waren. Tarver zog ein großkalibriges Gewehr hervor. An der kunstvollen Gravur auf dem Lauf erkannte Alex eine weitere Waffe aus der Sammlung ihres toten Schwagers.
    Was als Nächstes geschah, ereignete sich mit der grauenhaften Unausweichlichkeit eines Albtraums. Der FBI-Hubschrauber kam hundert Meter vom Boot entfernt in Sicht. Tarver grinste, dann sprang er auf wie ein Jäger hinter einem Entenschirm und feuerte in rascher Folge fünf Schüsse ab.
    Schwarzer Rauch quoll aus den Turbinen des Bell, noch ehe der letzte Schuss einschlug. Die Maschine fing in der Luft an zu taumeln. Alex hörte eine Explosion; dann sank der Helikopter unvermittelt der Wasseroberfläche entgegen. Seine Rotoren drehten sich schwirrend, als der Pilot eine Notlandung versuchte.
    »Er ist zu schnell!«, murmelte Alex entsetzt. »Mein Gott …«
    Der Helikopter krachte mit der Nase voran in die weiße Gischt, und eine Wasserfontäne spritzte hoch in den Himmel hinauf. Gott sei Dank gab es keine weiteren Explosionen. Alex erhob sich, um nach Überlebenden im Wasser Ausschau zu halten, doch Tarver drückte den Gashebel nach vorn. Das Powerboat schoss aus seinem Versteck unter den Bäumen hervor. Alex verlor das Gleichgewicht und schlug der Länge nach auf das Deck. Tarver hatte sein eigenes Mobiltelefon in der Hand und brüllte ins Mikro, um den Lärm der Motoren zu übertönen.
    »Es gibt eine Insel genau östlich vom Treffpunkt. Sie ist schmal und lang gestreckt. Auf der einen Seite ist ein abgestürzter Hubschrauber im Wasser. Ich bin auf der anderen Seite. Halten Sie sich von dem anderen Hubschrauber fern.«
    Tarver umrundete die Insel, und bald darauf warteten sie im Windschatten unter den Bäumen. Die Insel schirmte sie vom Wind ab, doch der Regen prasselte weiter erbarmungslos in Alex’ Gesicht, als sie den dunklen Himmel absuchte. Jamie kauerte an Deck und presste sich die Hände auf die Ohren, als hätte er Angst, dass der Irre, an den er gefesselt war, im nächsten Augenblick wieder zu schießen anfing.
    Alex suchte gehetzt nach irgendetwas, womit sie das Seil durchtrennen konnte, das Jamie und Tarver aneinanderfesselte. Jamie war ein ausgezeichneter Schwimmer, und sie würde nicht eine Sekunde

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