Leises Gift
Carson. Gesetzlich jedoch fürchte ich, dass es genau so kommen wird. So will es der souveräne Bundesstaat Mississippi. Hier gibt es so etwas wie eine Scheidung ohne Schuldfrage nämlich noch nicht.« »Verdammt, ich nehme ja alle Schuld auf mich! Ich will einfach nur diese Ehe beenden, aber nicht in Feindschaft! Nicht so!«
Rusk schüttelte traurig den Kopf. »Ein Hirngespinst, Carson. Ich möchte Ihnen eine Frage stellen. Waren Sie und Ihre neue Liebe vorsichtig?«
Barnett wand sich in seinem Sitz. »Ziemlich vorsichtig … Sie wissen ja, wie das ist.«
»Haben Sie ihr Geschenke gekauft?«
»Naja … sicher.«
»Haben Sie mit Ihrer Kreditkarte bezahlt?«
»Verdammt, es ist beinahe unmöglich, heutzutage noch irgendwas mit Bargeld zu bezahlen.«
»Wie steht es mit dem Telefon? Haben Sie Ihre Geliebte mit Ihrem Mobiltelefon angerufen?«
Barnett nickte mit einem untröstlichen Blick in den Augen.
»Sie können sich darauf verlassen, dass Bliss Ihre Freundin vor Gericht bringt wegen Entfremdung ehelicher Zuneigung.«
»Was?«
»Sie haben richtig gehört. Man wird Ihre Freundin durch die Zeitungen zerren und versuchen, auch gegen sie eine Geldstrafe zu erwirken.«
»Aber sie hat kein Geld! Sie hat überhaupt nichts!«
»Wenn sie erst Ihre Frau ist, wird sich das ändern. Das Gesetz kann all ihre zukünftigen Einnahmen pfänden.«
»Ich gebe einen Dreck auf das Geld! Aber wenn sie deswegen durch den Schmutz gezogen wird …«
»Wie lange wollten Sie warten, bis Sie Ihre Geliebte heiraten?«
»Ich weiß, dass wir nicht sofort heiraten können! Aber wir sehnen uns beide sehr danach, wissen Sie.«
Rusk konnte sich vorstellen, dass die fragliche Geliebte sich in der Tat sehr danach sehnte, den Sack zuzumachen, bevor ihr »Seelenverwandter« von einem anderen hübschen jungen Ding in irgendeinem anderen Restaurant weggeschnappt wurde.
»Sie sollten sich außerdem auf eine ganze Menge Ärger für Ihre Kinder gefasst machen.«
Jetzt hatte er Barnetts ungeteilte Aufmerksamkeit.
»Man wird Ihren Kindern schmerzhaft vor Augen führen, dass Sie ihre Mutter wegen einer jüngeren Frau verlassen haben, und Ihre Kinder werden wissen, wer diese jüngere Frau ist.«
Barnett schüttelte missmutig den Kopf.
»Denken Sie vielleicht, Luvy würde irgendeine Anstrengung unternehmen, Ihre neue Liebe in das Leben der Familie zu integrieren?«
»Sie wird jedes Mal Zeter und Mordio schreien, wenn sie sie sieht. Sie haben auch in anderer Hinsicht recht. Luvy wird alles tun, um die Kinder gegen mich aufzuhetzen. Sie hat mir bereits gesagt, dass sie sich wünscht, ich würde an einem Herzanfall sterben und tot umfallen. Sie sagt, sie betet jede Nacht darum.«
»Das ist nicht Ihr Ernst.«
»Ich schwöre es bei allen Heiligen! Sie sagt, es wäre besser für die Kinder, wenn sie denken, dass ich tot bin, als wenn sie erleben müssten, wie ich sie wegen einer anderen Frau im Stich lasse.«
»Aber Sie lassen Ihre Kinder doch gar nicht im Stich, Carson!«
»Versuchen Sie mal, das diesem Miststück zu erzählen!«, fauchte Barnett aufgebracht und sprang erneut aus seinem Sessel. »Gottverdammt, es tut mir leid, Andy, aber manchmal bin ich so unglaublich frustriert, dass ich …«
»Was?«
»Ich weiß es nicht.«
Rusk dehnte das Schweigen. Jetzt, nachdem Barnetts Wut eine kritische Masse erreicht hatte, würde er sich so schnell nicht wieder beruhigen.
Rusk erhob sich und rollte seinen Sessel um den Schreibtisch herum; dann arrangierte er den von Barnett so, dass sich beide gegenübersitzen würden – sehr nah obendrein. Der Ölmagnat starrte den Anwalt mit unverhohlener Neugier und Misstrauen in den Augen an, als fragte er sich, ob Rusk möglicherweise schwul war.
»Bitte setzen Sie sich, Carson. Ich möchte mit Ihnen reden. Von Mann zu Mann.«
Das war eine Sprache, die Barnett verstand. Er drehte seinen Sessel um und setzte sich rittlings darauf, die mächtigen Unterarme nur Zentimeter von Rusks Gesicht entfernt.
»Was ich Ihnen jetzt sage, könnte sie vielleicht schockieren, Carson.«
»Egal. Fangen Sie an.«
»Ich nehme an, ein Mann wie Sie ist in seinem Geschäftsleben bereits in mehr als einer ungewöhnlichen Situation gewesen?«
»Wie meinen Sie das?«
»Nun ja … ich meine Schwierigkeiten.«
»Das können Sie laut sagen.«
Rusk nickte besonnen. »Manche Schwierigkeiten lassen sich meiner Erfahrung nach durch konventionelle Methoden beiseiteschaffen. Andere hingegen … andere erfordern kreatives Denken.
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