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Leises Gift

Leises Gift

Titel: Leises Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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Außergewöhnliche Maßnahmen, könnte man sagen.«
    Barnett musterte ihn misstrauisch. »Sprechen Sie weiter.«
    »Ich habe eine Menge Scheidungsfälle bearbeitet. Hunderte, um genau zu sein. Und einige dieser Fälle besaßen gewisse Ähnlichkeiten mit dem Ihren.«
    »Tatsächlich?«
    Rusk nickte. »Und einige dieser wenigen Fälle … nun ja, sie brachen mir das Herz. Mehr als einmal musste ich hilflos mit ansehen, wie ein liberal eingestellter Richter einem Mann die Hälfte von allem wegnahm, was er in seinem Leben verdient hat – oder noch mehr –, und ihm zu allem Überdruss auch noch verbot, seine eigenen Kinder zu sehen. Die Kinder, die er in die Welt gesetzt hatte! Wenn man so etwas erlebt – es fühlt sich beinahe unamerikanisch an, Carson, glauben Sie mir.«
    »Da haben Sie allerdings recht!«
    »Ich weiß, dass ich recht habe. Und nachdem ich eine Reihe solcher Fälle durchgestanden hatte, nachdem ich für einen Mandanten gekämpft hatte und hilflos zusehen musste, wie alles umsonst gewesen war … nun, da kam mir ein Gedanke.«
    »Was für ein Gedanke?«
    »Ich dachte, Gott vergib mir, aber wie viel gnädiger wäre es für diesen Mann und seine Kinder, wenn eine der Parteien in dieser verdammten Auseinandersetzung einfach verschwinden würde.«
    Barnetts Unterkiefer war herabgesunken wie der eines Collegeknaben, der sich einen gestohlenen Pornofilm ansieht. Seine Augen funkelten. Rusk konnte beinahe zusehen, wie der Gedanke in die grauen Zellen hinter diesen Augen sickerte. Er wagte nicht, sich von Carson Barnett abzuwenden, sondern hielt seinen Blick mit beinahe missionarischem Eifer fest.
    Barnett schluckte und sah auf den Teppich zu seinen Füßen. »Sie meinen …«
    »Ich meine, was ich gesagt habe. Nicht mehr und nicht weniger. Wenn eine bösartige und unversöhnliche Person ihr Äußerstes tut, eine andere Person, die sie angeblich liebt oder zumindest geliebt und mit der sie gemeinsame Kinder hat, wenn nun dieser Jemand die Person daran zu hindern versucht, diese Kinder weiterhin zu sehen, und darüber hinaus alles an sich reißt, was die andere Person in ihrem Leben verdient hat, erscheint es als beinahe göttliche Gerechtigkeit, wenn eine höhere Gewalt – das Schicksal vielleicht – interveniert und verhindert, dass solch ein Fall eintritt.«
    »Jesses …«, murmelte Barnett. »Da sagen Sie ein großes Wort.«
    »Ich sage das nicht zu vielen Leuten, Carson. Aber Sie stecken in einer verzweifelten Situation.«
    Der große Mann blickte Rusk dunkel und animalisch an. »Ist etwas von dem, was Sie da gerade gesagt haben, jemals passiert?«, fragte er. »Ich meine, ist eine solche Person jemals einfach … verschwunden?«
    Rusk nickte bedeutungsschwer.
    Barnett öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch Rusk stoppte ihn mit erhobener Hand. »Carson, wenn dieser Gedanke Sie fasziniert, sollten Sie nie wieder in dieses Büro kommen.«
    »Was?«
    »Sie sollten stattdessen übermorgen Mittag um zwei Uhr in den Jackson Racquet Club gehen und ein Dampfbad nehmen.«
    »Ich bin kein Mitglied in diesem Club«, sagte Barnett verlegen.
    Rusk lächelte. »Ein Besucherschein kostet Sie zehn Dollar.«
    »Aber …«
    Rusk legte den linken Zeigefinger an die Lippen; dann erhob er sich und reichte Barnett die Hand. »Carson, wenn Sie die Scheidung wollen, werde ich Sie mit Vergnügen vertreten. Angesichts Luvys Verhalten könnte es ein Jahr oder länger dauern, bis alles geklärt ist, doch ich verspreche Ihnen, dass ich mein Bestes geben werde. Und wie Sie bereits sagten, Sie könnten Ihrer Frau fünfundzwanzig Millionen Dollar geben und hätten immer noch genügend Geld für sich.«
    Barnett öffnete und schloss den Mund wie ein Mann, der in einem Schock verharrt.
    »Für einen Kerl wie Sie, der gleich mehrere Vermögen gewonnen und wieder verloren hat, bedeutet Geld wahrscheinlich nicht das Gleiche wie für jemanden wie mich.«
    »Ich bin auch nicht mehr der Jüngste«, gab Barnett leise zu bedenken.
    »Das stimmt«, sagte Rusk. »Die Zeit nagt an uns allen.«
    Er rollte seinen Sessel zurück hinter den Schreibtisch.
    Barnett beobachtete ihn wie ein Mann, der geglaubt hat, mit einem Hund in einem Zimmer zu leben, um plötzlich festzustellen, dass der Zimmergenosse in Wirklichkeit ein Wolf ist.
    »Bleiben Sie vor allem gelassen, Carson«, sagte Rusk. »Lassen Sie sich nicht von ihr herunterziehen.«
    »Der Jackson Racquet Club?«, murmelte Barnett.
    »Was haben Sie gesagt?«, fragte Rusk. »Ich habe Sie nicht

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