Leitfaden China
Beziehungspflege mündet, in der von der asiatischen Gesellschaft verlangten intensiven Form aufrecht zu erhalten. In vielen Fällen ist die finanzielle Basis für ein Chinaengagement eines KMUs vorhanden. Was fehlt, ist das Personal, welches dieses Engagement in der notwendigen nachhaltigen Form auch realisieren kann.
Ähnliches muss leider in Bezug auf die Geschäftsabwicklung gesagt werden, bei der es der westlichen Seite oft an Selbstvertrauen in Bezug auf das andere kulturelle Umfeld mangelt. Der einfachste Weg über einen chinesischen Angestellten oder, schlimmer noch, einen chinesischen Bekannten, führt leider oft in die Irre. Gute Geschäfte beginnen und enden beim Vertrauen in sich selbst, mag das Verhalten im Vergleich zur anderen Kultur noch so anders sein. Auch hier kann nur ein Eigenengagement Erfolg bringen – oder aber eine auf bewusste Kriterien abgestützte Delegation an eine chinesische Person. Wenn dieses Delegieren hingegen aus einem mangelnden eigenen Vertrauen kommt, sind die zukünftigen Probleme bereits absehbar. Um den Erwerb von Chinakenntnissen wird man deshalb kaum herumkommen.
Selbst bei einer guten Besuchsvorbereitung bleiben deshalb noch genug Fragen offen, die einer Antwort warten. Die Fragen beginnen bereits beim ersten Treffen selbst. Wie gehe ich auf einen Chinesen zu, wenn ich weiss, dass er so verschieden ist und ich doch die Gepflogenheiten gar nicht kenne? An wen kann ich mich wenden, wenn es Schwierigkeiten gibt? Wo könnten diese Schwierigkeiten liegen? Für einen ersten Besuch ist deshalb eine hohe Flexibilität und ein relativ breites Interesse gefordert, um gerade anfangs möglichst viele Probleme zuerst einmal zu sehen und in der Folge auch einschätzen und lösen zu können.
1. Erstkontakte
Bei einem Erstkontakt mit einer Person aus einer anderen Kultur gilt im Grunde, dass man so sein soll, wie man ist und ja nicht versucht, die Gepflogenheiten der anderen Kultur aufrechtzuerhalten, die man aus Büchern erlernt hat. Vieles in diesen Büchern ist sowieso auf reine Formen beschränkt. Versuchen Sie beispielsweise einmal, dem Ratschlag zu folgen, man gebe in China die Visitenkarte mit beiden Händen. Wenn dies nämlich beide tun, werden die Karten wohl kaum die Hand wechseln können! Der gesunde Menschenverstand verlangt vielmehr, die Karte so zu übergeben, dass das Gegenüber sie sofort lesen kann und sie nicht erst in der Hand umdrehen muss, weil sie mit der Schrift gegen ihn übergeben worden ist. Verhalten wir uns so, wie wir sind, dann ist die Kommunikation zumindest gesichert. Wenn nämlich versucht wird, sich «chinesisch» zu verhalten und dies nicht den lokalen Gepflogenheiten entspricht, weil man es nicht beherrscht, dann ist dies der Beginn eines Kommunikationschaos. Der chinesische Empfänger weiss dann nicht, wie er auf den westlichen Sender reagieren soll, und sendet irgend etwas zurück, was dann vom westlichen Empfänger wiederum nicht richtig verstanden wird. So redet man mit Sicherheit aneinander vorbei.
Es ist zwar richtig, dass wir als westliche Menschen von Chinesen oft als «Bauern» gesehen werden, weil wir uns im Mittelteil der Modellkurve nicht so höflich verhalten, wie sie dies in diesem Kurvensegment selbst tun. Chinesen gehen nämlich davon aus, dass sie seit langer Zeit einer Hochkultur entspringen, während unsere Kulturen in der Regel unterschätzt werden. Mit der Zeit wird aber hinter unserem Verhalten die Person und ihre Persönlichkeit sichtbar, was allein die Grundlage für ein Beziehung bilden kann. Auf diesem Wissen ist dann ein Vertrauensaufbau möglich, der allerdings gut und gern zwei, drei Jahre dauern kann, bis das Vertrauen tatsächlich gefestigt ist.
Der italienische Schriftsteller Alessandro Baricco hat einen solchen Erstkontakt in seinem Werk «Seide» (1997, S. 30/32) sehr eindrücklich beschrieben. Der französische Seidenwurmhändler Hervé Joncour aus dem Rhonetal trifft dabei zum ersten Mal auf Hara Kei, von dem er hofft, die Seidenwurmeier trotz Exportverbot aus Japan kaufen zu können.
«Dem uneinnehmbarsten Mann Japans, dem Besitzer all dessen, was die Welt von dieser Insel forttragen konnte, versuchte Hervé Joncour zu erklären, wer er war. Er tat dies in seiner Muttersprache, wobei er langsam redete, ohne genau zu wissen, ob Hara Kei in der Lage war, ihn zu verstehen.
Instinktiv liess er alle Vorsicht beiseite und erzählte ohne Erfindungen und Aussparungen schlichtweg die Wahrheit
. Er reihte kleine
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