Leitfaden China
Gerade für europäische Unternehmen stellt sich hier die Frage, ob sie nicht doch flexibler auf die Lohnforderungen eingehen wollen, als dies zu Hause der Fall ist. Allerdings dürfen dann die Lohnverhältnisse der Angestellten nicht mehr publiziert werden – eine Praxis, die heute in der chinesischen Privatwirtschaft mehr und mehr verbreitet ist. In Staatsbetrieben kennen die Angestellten in der Regel die Löhne auf den unteren Karrierestufen und vergleichen sie auch. Die Transparenz des chinesischen Arbeitsmarktes und seiner Einkommensstrukturen wird mit der Öffnung auch innerhalb eines Unternehmens längerfristig unter Druck geraten. Heute kann es durchaus geschehen, dass die Veröffentlichung des Salärs von Personen firmenintern mit der Entlassung der Person beantwortet wird, die für die Informationsvergabe nach aussen verantwortlich war.
Die zentrale Rolle des Personalmanagements wurde von einer entsandten Person folgendermassen geschildert: «Die Schlüsselfaktoren für Unternehmenserfolg in China sind Personen und Teams. Dies gilt natürlich auch für Europa, aber nicht im selben Ausmass wie hier». Dies hängt nicht unwesentlich mit der anderen Teamaufgabe der Führungsperson zusammen, auf die ich noch zu sprechen kommen werde.
Diskussionen mit dem Mutterhaus
Ein volles Drittel der interviewten Führungskräfte gaben Diskussionen mit dem Mutterhaus als schwierig an. Diese betreffen entweder die unklare strategische Haltung des Mutterhauses – «sie wissen immer noch nicht, ob sie sich in China wirklich engagieren wollen» – oder bestehen in grundsätzlichen Verständnisfragen. Ein chinesischer General Manager drückte dies folgendermassen aus: «Meine Hauptaufgabe ist es sicherzustellen, dass sich beide Seiten gegenseitig verstehen, ich muss zwischen den beiden Kulturen ausgleichen». Aus der Ferne den chinesischen Markt zu schildern, den Zeitaufwand für die Bildung eines Netzwerkes oder die Schwierigkeiten im Umgang mit den Behörden zu erklären, scheint zu Hause ein Problem zu sein, mit dem sich viele entsandte Führungskräfte beschäftigen müssen. Auch die mit dem Aufbau und Arbeitsgang verbundenen Kosten erstaunen immer noch, obwohl inzwischen deutlich geworden ist, dass China alles andere als ein Billigland ist. In manchen Fällen scheinen die Diskussionen mit der Zentrale zu Hause einer Sisyphusarbeit gleichzukommen. Bevor die Überzeugung wirklich gelingt, wird sie schon wieder in Frage gestellt.
Für lokale Führungskräfte in ausländischen Unternehmen existieren Probleme mit dem Mutterhaus ebenfalls, allerdings vor allem in der Form der Kommunikation. Es gelingt meist nur alteingesessenen chinesischen Chefs, die im Ausland studiert haben und schon vor ihrer Rücksendung nach China im Unternehmen angestellt gewesen waren, die Kommunikation mit dem ausländischen Hauptsitz in wirklich befriedigender Weise sicherzustellen. Sie kennen das Netzwerk im Mutterhaus und können sich bei entsprechenden Problemen direkt an die Verantwortlichen wenden. Ein in China neu angestellter lokaler General Manager hat hier wesentlich grössere Probleme, bis er sich richtig eingearbeitet hat. Dies scheint ein wichtiger Grund für die Weiterführung der Entsendung von ausländischen Führungskräften nach China zu sein. Sie kennen das Unternehmen, kennen ihre Ansprechpartner zu Hause, während sich gerade bei europäischen Klein- und Mittelunternehmen bereits Sprachschwierigkeiten ergeben können, wenn lokal angestellte chinesische Führungskräfte mit dem Mutterhaus in Englisch verkehren. Wie der untenstehende Abschnitt zeigt, bildet gerade die Tatsache, dass Englisch für beide Seiten in der Regel nicht die Muttersprache ist, ein grosses Feld von Missverständnissen sprachlicher und letztlich interkultureller Art.
Interkulturelle Fragen und ihr Einfluss
Auch die andere kulturelle Umgebung macht direkt Schwierigkeiten, wie heute von den vielen ausländischen Personen anerkannt wird. Die Kommunikation stellt im allgemeinen ein Problem dar, das sich nicht auf die Sprache allein beschränkt. Da viele Unternehmen mit ausländischer Investition heute zu 100% Eigenbesitz sind, werden Schwierigkeiten mit dem Joint Venture Partner im Gegensatz zu den neunziger Jahren nur noch von wenigen Personen erwähnt – aber von den meisten Unternehmen, die noch die Form eines Joint Venture haben. Nur rund ein Viertel der Joint Ventures dürfte zur vollen Zufriedenheit beider Partner funktionieren. Der Rest kämpft nach
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