Leitfaden China
oder Ott 2001) zu finden. Aber auch ihr gelingt es nicht, eine konkrete Wirklichkeit nahtlos in einen abstrakten Rahmen auf der Metaebene einzubinden. Ihr Scheitern ist durch den Versuch bedingt, mit einem rational-logischen Ansatz Konkretes und Abstraktes verbinden zu wollen.
Eine Modellvorstellung wird deshalb nicht präziser, wenn drei weitere Kriterien eingeführt werden. Die grundlegende Statik, welche die Analyse in sich trägt, kann nicht überwunden werden, um die fliessende Realität zu begreifen. Vorstellungen, welche die fliessende Realität erfassen sollen, sind nicht mit logischen Denkmustern fassbar, da sie auf Grund einer anderen Informationslage und einem anderen Informationsmanagement nur intuitiv verstanden werden können.
Diese Erkenntnis geht letztlich auf die geschilderten interkulturellen Modellvorstellungen von Individual- und Kollektivgesellschaft zurück. Asiaten stehen auf Grund der grösseren sozialen Dichten unter einer grösseren psychischen Beengung. Sie zwingt die Menschen dazu, ständig auf die soziale und natürliche Umgebung Rücksicht zu nehmen. Doch diese Rücksicht ist nur innerhalb eines sehr engen Wahrnehmungskreises gegeben, in dem die Wahrnehmung jedoch mit allen Sinnen arbeitet. Dies führt zu einer Überlastung der neuronalen Strukturen, welche eine logische Informationsverarbeitung nicht mehr zulässt. Das Verstehen einer Situation ist deshalb nur noch mit einem intuitiven Wahrnehmungsmuster möglich, das grösste Mühe mit Abstraktion hat. Ein analytischer Ansatz muss sich von einer gegebenen Situation lösen können, um die notwendige Distanz zu gewinnen. Damit wird nur noch eine reduzierte Informationsmenge notwendig, welche auch vorgegliedert ist in wichtige und unwichtige Informationen sowie in Ursachen und Wirkungen. Damit geht allerdings ein Teil der Realität unwiederbringlich verloren. Die hegelianische Dialektik mit ihren Schritten der These und Antithese führt nur scheinbar zur Synthese. Diese wird in einem analytischen Prozess nur noch als relativ realitätsferne Modellvorstellung möglich.
4. Globale und kulturrelevante Führungskriterien
Die Unterscheidung in konkrete Handlungssituation und abstrakte Metaebene löst auch die Frage nach globalen und kulturrelevanten Kriterien. Aus den Aussagen der befragten Personen und aus dem theoretischen Ansatz der Arbeit geht hervor, dass die Frage nach globalen und kulturrelevanten Kriterien keinen Gegensatz darstellt, sondern in erster Linie ebenfalls auf unterschiedliche Abstraktions-oder Beobachtungsniveaus zurückzuführen ist. Grundsätzlich handeln Manager weltweit nach denselben Kriterien, beispielsweise des Unternehmenserfolgs oder der Notwendigkeit der Teambildung. Auf dieser Metaebene sind die Kriterien des Managementerfolgs tatsächlich gleich. Unternehmenserfolg ist Führungserfolg und ein Misserfolg des Unternehmens entspricht einem Misserfolg der Unternehmensführung. Doch diese Ebene ist der Wirklichkeit relativ stark entrückt und kann auch für eine gezielte Personalauswahl so nicht verwendet werden. Dieses Abstraktionsniveau bietet lediglich den Rahmen, in dem die Ausformung der Prämissen und Kriterien des konkreten Falles liegen müssen. Es hat somit strategische Funktion, kann aber den operativen Anforderungen auf Grund des Betrachtungshorizontes nicht gerecht werden. Gehen wir hingegen eine Betrachtungsstufe tiefer, dann hängt diese Frage des Unternehmenserfolgs von den Kriterien der betreffenden Gesellschaft und des betreffenden Unternehmens im Gastland wie auch von der Führungskraft und ihrem eigenen Umfeld ab. Diese Kriterien basieren dann massgeblich auf den sozialen Wertmustern der betrachteten Gesellschaft.
In China und Japan kommt für die Frage des Unternehmenserfolgs beispielsweise dem Marktanteil, einem langfristigen Faktor, eine wesentlich höhere Priorität zu als in einem amerikanischen Unternehmen, das auf Grund des Druckes, der von seinen Geldgebern ausgeht, taktisch kurze Horizonte avisiert und deshalb eine möglichst hohe Gewinnmarge als strategisches Unternehmensziel in den Vordergrund stellt.
Ähnliches gilt für die Teambildung, die von Führungskräften immer wieder unterstrichen wird. Die vorliegende Arbeit hat gezeigt, dass Teambildung in einem chinesischen Umfeld auf einer völlig anderen Ebene beginnt, als in einer Individualgesellschaft mit einer weniger ausgeprägten Eigenund Fremdgruppenunterscheidung. Eine Frage allein nach der Teambildung hätte die
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