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Leitfaden China

Leitfaden China

Titel: Leitfaden China Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Roth
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unterschiedlichen Inhalte derselben kaum aufdecken können.
    Man kann mit einem gewissen Recht der Meinung sein, die Kriterien für Führungserfolg seien heute ausreichend bekannt. Betrachtet man parallel dazu die Ergebnisse in der Werteforschung (z. B. Klages, 1985), dann weisen diese darauf hin, dass die Werte weltweit in allen Gesellschaften mehr oder weniger dieselben sind. Hingegen sind die jeweiligen Wert
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von Gesellschaft zu Gesellschaft anders zu veranschlagen. Ähnlich liesse sich in der Frage der Erfolgskriterien von Führung argumentieren. Das Instrumentarium der Führung scheint weltweit dasselbe zu sein. Die vom jeweiligen kulturellen Hintergrund verlangte konkrete Kombination der verschiedenen Kriterien kann jedoch sehr unterschiedlich sein. Andere Gesellschaften verlangen auf Grund ihrer anderen Wertmuster auch ein anderes Führungshandeln. Die Vernachlässigung dieser Tatsache dürfte einer der Hauptgründe für die schlechte Voraussehbarkeit von Führungserfolg im Auslandeinsatz darstellen.
    Meines Erachtens sind es letztlich drei Faktoren, auf welchen die ungenügende Voraussehbarkeit von Führungserfolg in einem fremdkulturellen Umfeld beruht. Erstens fehlt oft das Verständnis für das Funktionieren der zukünftigen Gastgesellschaft. Dies geht nicht unwesentlich auf fehlende interkulturelle Modellvorstellungen zurück. Strategien können unter diesen Umständen keine gebildet werden. So muss sich die Personalauswahl mit rein operationellen Kriterien zufrieden geben, was sehr oft einem meddling through und keinem geplanten Einsatz entspricht. Wenn zweitens gewisse Vorstellungen über den Einsatzort bestehen, ist oft die schlechte Übereinstimmung dieser Vorstellungen mit den konkret verlangten Anforderungen für ein Scheitern verantwortlich. Und drittens ist die Unvorhersehbarkeit der menschlichen Reaktion der entsandten Person auf das neue Umfeld eine wichtige Unbekannte. Dieser Risikofaktor wird auch bestehen bleiben, selbst wenn es gelingt, die beiden ersten Faktoren präziser zu erfassen. Wie die entsandte Person auf die unbekannte soziale Umgebung reagiert, oder wie ihr Partner oder ihre Partnerin dies tut, wird selbst aus einem guten Assessment nur schwer oder gar nicht zu erkennen sein.
    Ein auf einem theoretischen Hintergrund erarbeitetes Entscheidungsmodell, das global gültige Faktoren einbezieht, müsste deshalb den strategischen Rahmen einer Auslandentsendung bilden. Für den konkreten Entscheidungsfall hingegen wären dann einerseits personale Charakterzüge und andererseits situative Einflussfaktoren des Einsatzlandes in das Modell zu integrieren. Die Entscheidungsparameter dürfen jedoch nicht mehr über den auf dem höheren Niveau vorgegebenen strategischen Rahmen hinausgehen und unterstreichen damit eine globale Gültigkeit von gewissen Managementkriterien. Der auf einem konkreten Niveau angesiedelte Entscheid hingegen kommt um deutlichere personale und situative Kriterien nicht herum, wenn er nicht in der Luft verharren soll.
    Es wäre jedoch ebenfalls kein richtiger Entscheid, allein die personale und kulturrelevante Seite zu berücksichtigen und globale Managementkriterien ausser Acht zu lassen, wie dies anfangs der achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts noch für viele Chinaanstellungen der Fall war. Man stellte damals jemanden auf Grund der chinesischen Sprachkenntnisse an, obwohl er nur bedingt Führungskriterien und fachliche Ausbildung vorweisen konnte. Wenn diese Anforderungen nachträglich nicht erfüllt wurden, scheiterte die Person früher oder später. Ein wichtiger Risikofaktor bestand allein schon darin, dass der Wunsch, Sinologie anstelle einer anderen Fachrichtung zu studieren, unter Umständen das Resultat von Problemen mit der eigenen Gesellschaft war. In der beruflichen Herausforderung mit China traten diese persönlichen Fragen dann unausweichlich hervor.
    Die heutigen Assessments müssten deshalb sowohl globale, wahrscheinlich eher auf personalen Faktoren beruhende Kriterien wie auch eine situativ-konkrete, auf die betreffende Kultur zugeschnittene Kriterien erfüllen. Nach wie vor sind die Assessments nicht so ausgelegt. Sie orientieren sich weitgehend an westlichen, maskulin definierten Führungsverhältnissen. So lange keine auch die interkulturellen Belange einbeziehende Gesellschaftstheorie oder kein entsprechendes Gesellschaftsmodell vorhanden ist, wird es auch schwierig bleiben, diese interkulturellen Komponenten ihrem Gewicht entsprechend

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