Leitfaden Homöopathie (German Edition)
Kulturen verbreitet, wurde von Aristoteles als formendes Prinzip dem stofflichen Prinzip gegenübergestellt und ist im Ayurveda als Prana, in der Traditionellen Chinesischen Medizin als Chi bekannt. Sigmund Freud nannte sie – zumindest einen Teilaspekt – in der Psychoanalyse Eros, Wilhelm Reich Orgon-Energie.
Dem Konzept der Lebensenergie, vis vitalis, wird oft eine romantische naturphilosophische Schlichtheit vorgeworfen. Gerne würde man auf diese unsichtbare spekulative Kraft als Erklärung verzichten und meinen, mit der Entdeckung der Erbinformation im Zellkern und mit der weitgehend vollständigen Beschreibung biochemischer Vorgänge sei nun das Leben umfassend erklärt. Damit wird aber nur der materielle Aspekt des Lebens mit diesem selbst gleichgesetzt.
Jeder Vorgang in der Natur kann als Veränderung von Materie oder als Veränderung von Energie oder als eine Kombination von beidem beschrieben werden. Eine Trennung dieser zwei Aspekte ist künstlich, zur theoretischen Anschauung aber sinnvoll. Der Glaube, Materie könne sich ohne Energie verändern oder auch nur bestehen – und Energie sei außerhalb, transzendent oder metaphysisch – ist bei ernsthafter Betrachtung der Naturphänomene nicht haltbar. Lebensenergie nicht sehen zu können, ist kein Beweis für ihre Nichtexistenz.
All dies gilt für den Kosmos im Großen und das individuelle Leben im Kleinen gleichermaßen. Es gilt für gesunde Lebensvorgänge wie für Krankheit und Heilung.
„Im gesunden Zustande des Menschen waltet die geistartige, als Dynamis den materiellen Körper (Organism) belebende Lebenskraft (Autocratie) unumschränktund hält alle seine Theile in bewundernswürdig harmonischem Lebensgange in Gefühlen und Thätigkeiten […].“ (Organon, § 9)
„Wenn der Mensch erkrankt, so ist ursprünglich nur diese geistartige, in seinem Organism überall anwesende, selbstthätige Lebenskraft (Lebensprincip) durch den, dem Leben feindlichen, dynamischen Einfluß eines krankmachenden Agens verstimmt; nur das zu einer solchen Innormalität verstimmte Lebensprincip, kann dem Organism die widrigen Empfindungen verleihen und ihn so zu regelwidrigen Thätigkeiten bestimmen, die wir Krankheit nennen […].“ (Organon, § 11)
„[…] alle solche krankhafte Verstimmungen (die Krankheiten) könne auch durch den Heilkünstler nicht anders von ihr [der Lebenskraft] entfernt werden, als durch geistartige (dynamische, virtuelle) Umstimmungskräfte der dienlichen Arzneien auf unsere geistartige Lebenskraft […].“ (Organon, § 16)
Kurz und knapp: Ein toter Organismus kann weder krank noch gesund werden. Nur das Lebendige wird krank und – bei geeigneter Einwirkung einer gesund machenden Energie – wieder gesund. Daher kann echte Heilung – die nicht gleichzusetzen ist mit Verdeckung von Symptomen, wohl aber mit der Behebung der Gesamtheit der Symptome – nur durch Einflüsse, konkret durch Arzneimittel bewirkt werden, wenn diese energetisch, also geistartig wirken.
Dieses Prinzip gilt universell, es ist nicht an eine Weltanschauung oder einen Glauben gebunden. Man kann sich dessen unbewusst bedienen oder es bewusst und systematisch einsetzen. Die systematische Anwendung der energetischen, geistartigen Arzneiwirkung ist ein wesentlicher Aspekt der Homöopathie.
2.3 Die Arzneimittelprüfung (AMP)
Die doch ziemlich komplexen Abläufe und Hintergründe einer Arzneimittelprüfung können hier nicht in vollem Umfang und mit allen Einzelheiten erläutert werden. Wegen der Bedeutung der Arzneimittelprüfung für die Homöopathie sollen die wichtigsten Prinzipien in kompakter Form dargelegt werden.
Geschichte
Versuche mit Arzneimitteln an Gesunden wurden in der Medizingeschichte schon vor Hahnemann durchgeführt (A. von Haller, A. von Störck). Dabei standen aber andere Fragestellungen und Zielsetzungen im Vordergrund. Hahnemanns vermutlich aus Neugier erfolgter Selbstversuch mit Chinarinde war noch unsystematisch mit der Fragestellung durchgeführt, welche Symptome Chinarinde bei ihm als Gesunden erzeugen könne. Das Ergebnis führte ihn letztlich zur Entdeckung des Ähnlichkeitsgesetzes. Nach zahlreichen Erfahrungen mit weiteren Arzneimittelprüfungen konnte im Laufe der Zeit eine Systematik zu deren Durchführung festgelegt werden.
Zielsetzung
Die Arzneimittelprüfung ist eine der wichtigsten Voraussetzungen zur praktischen Ausführung der Homöopathie, denn sie führt zur Materia medica homoeopathica . Der homöopathische Arzt bekommt
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