Leitfaden Homöopathie (German Edition)
Verlaufsbeurteilung ist immer das Gesamtbefinden. Im Akutfall ist es mit den Lokalbeschwerden identisch (starke Schmerzen = starke allgemeine Beeinträchtigung). Es ist aber immer darauf zu achten, ob eine andere Hauptbeschwerde in den Vordergrund tritt (häufig nach Abklingen der heftigen Akutsymptome) oder den Patienten mehr beschäftigt, z.B. eine bestimmte Sorge. Dann ist auch auf deren Entwicklung im Behandlungsverlauf und zur Verlaufsbeurteilung das Augenmerk zu richten.
Typischer Verlauf: Die Schmerzen nehmen (ggf. nach kurzer Erstverschlimmerung) immer weiter ab. Das Gesamtbefinden bessert sich. Sollten die Beschwerden doch wieder etwas zunehmen, wird das gleiche Mittel wiederholt. Wenn sich der Zustand weiter verbessert, lässt man die letzte Arzneigabe auswirken.
Wenn trotz sorgfältiger Verordnung keine Reaktion eintritt, ist vom Arzt wahrscheinlich etwas Wesentliches übersehen oder vom Patienten nicht genannt worden, z.B. eine andere wesentliche Beschwerde oder Sorge, ein Auslöser, der evtl. dem Patienten nicht bewusst, aber zeitlich eruierbar ist, eine merkwürdige Modalität, die der Patient selbstverständlich findet, weil er es nicht anders kennt usw., oder ein Begleitsymptom, das scheinbar mit den aktuellen Schmerzen nichts zu tun hat. Hier muss dann eine Neuverordnung folgen.
Gerade bei Wirbelsäulenbeschwerden muss manchmal erst eine physiotherapeutische, chiropraktische oder osteopathische Behandlung vorausgehen, bevor die Homöopathie richtig wirkt (Heilungsblockade, Kap. 4.3.3 ). Andere Blockaden können z.B. chronische Giftbelastung, besondere Lebensumstände usw. sein.
Unterstützende Maßnahmen
Äußerliche Behandlung (physiotherapeutisch, chiropraktisch, osteopathisch, neuraltherapeutisch, physikalisch, Bewegungstherapie usw.).
Psychosozialen Hintergrund bearbeiten, der häufig kausal ist.
Rückenschule.
Unfälle und unphysiologische Belastungen vermeiden. Dagegen ist die Unwirksamkeit von Ruhigstellung (Bettruhe, Schanzsche Krawatte) mittlerweile erwiesen.
Mechanische Ursache beheben (falls vorhanden), z.B. Fehlhaltung, Fehlstellung.
Prognose
Es gibt sowohl unter homöopathischer als auch anderer Behandlung alle Varianten: von vollständiger, endgültiger Heilung in Sekundenbruchteilen bis zu jahrelanger frustrierender Begleitung einer zunehmenden Berufsunfähigkeit. Hinweisend für die Prognose sind vor allem die bisherige Krankheitsdauer, die Verkomplizierung mit anderen Krankheiten und die psychosoziale Dimension einschließlich des sekundären Krankheitsgewinns. Insgesamt stellten sich die WS-Syndrome in der homöopathischen Praxis aber als sehr gut therapierbar dar.
Wichtige homöopathische Arzneimittel und ihre Differenzierung
!!! Bry., Kali-c., Rhus-t.
!! Hyper., Nux-v., Sil.
! Acon., Aesc., Ars., Bell., Berb., Calc-p., Cimic., Cocc., Coloc., Con., Eup-per., Guaj., Gels., Led., Nat-m., Phos., Puls., Ran-b., Sep., Staph.
Fast jedes Mittel kommt für akute Rückenschmerzen infrage und hat sie bereits einmal geheilt. Die Indikation zeigt sich durch die typische Konstellation von Modalitäten und Empfindungen, oft auch über die Rückenschmerzen hinaus. Deshalb können hier nur einige wichtige Mittel und Aspekte genannt werden. Chronische Rückenschmerzen bedürfen einer konstitutionellen homöopathischen Therapie ( Kap. 4.3 ). Zeigt der Patient mit chronischen Rückenschmerzen aber sehr ausgeprägte Symptome für eines der unten abgehandelten „Akutmittel“, so sollte die Verordnung dieses Mittels durchaus in Erwägung gezogen werden.
Causa
Schleudertrauma und Verletzungen der Wirbelsäule (z.B. durch Sturz auf das Steißbein oder auch Lumbalpunktion) indizieren
Hypericum
oder
Silicea
. Bei Schleudertraumen ist häufig auch
Rhus toxicodendron
angezeigt. Überanstrengung, Verheben, Durchnässung verlangen ebenso nach
Rhus toxicodendron
(mit der typischen Besserung durch fortgesetzte Bewegung und Wärme). Kalter Wind als Ursache spricht vor allem für
Aconitum
(typisch ist das plötzliche Einsetzen der Beschwerden), Zugluft für
Kalium carbonicum
(mit stechenden Schmerzen, die sich nach unten erstrecken),
Calcium phosphoricum
,
Rhus toxicodendron
oder
Cimicifuga.
Bei Auslösern im seelischen Bereich haben sich z.B.
Colocynthis
bei Schmerzsyndromen durch Ärger und/oder Entrüstung,
Ignatia
und
Natrium muriaticum
bei akutem oder anhaltendem Kummer,
Aconitum
bei akuten Schocksituationen (noch vor
Rhus toxicodendron
z.B. bei Schleudertrauma) oder auch
Cocculus
bei
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