Leitfaden Homöopathie (German Edition)
gehalten in die gesamte Medizin unserer Zeit.
Er provoziert natürlich Widerstand, der durch entsprechend starke oder häufig wiederholte Einwirkung gebrochen werden muss. Er hält nur an, solange er einwirkt oder, bei Steuerung über das Bewusstsein, ein erneutes Einwirken erwartet und befürchtet wird. Er funktioniert also mit dem Mittel der Angst, über die Funktionen der Erinnerung oder des Vorausdenkens. Dadurch ist er auf Dauer unsicher und störanfällig und klingt ab, wenn keine Verstärkung mehr erfolgt.
Die beliebige Einwirkung ist ungezielt. Die Reaktion des beeinflussten Organismus ist nicht sicher einzuschätzen und sie ist geprägt von dessen spezifischen Eigenarten. In einem sehr begrenzten Rahmen kann durch vielfache Erfahrung mit einem solchen Reiz und einer immer wieder ähnlichen oder gleichen Antwort eine Systematik gelernt werden. Meist allerdings passiert auf eine beliebige Einwirkung nicht viel mehr als allgemeine Aufmerksamkeit oder Irritation. In der Medizin gehören dazu viele der so genannten unspezifischen Regulationsverfahren wie Klimatherapie, „roborierende Maßnahmen“, „Ausleitung“ durch Senf- oder Canthariden-Pflaster und vieles andere.
Der medizinische Impuls
Eine medizinische Einwirkung hat das Ziel, den kranken Organismus gesund oder wenigstens „gesünder“ zu machen. Sie muss ihn bewegen, also eine Reaktion in ihm hervorrufen. Ist sie falsch gewählt, falsch angesetzt oder trifft sie einen gesunden Organismus, kann sie krank machen.
Das gilt grundsätzlich. Medizin unter Ausschluss jeglichen Risikos ist nicht machbar. Daher kann ihre Wirkung im Organismus mit Recht als gewollt krank machend bezeichnet werden, mit dem Ziel, dadurch zu einer Reizantwort und mit ihrzu einem Ausgleich mit der bestehenden Krankheit zu führen. Samuel Hahnemann (1755–1843), der Begründer der Homöopathie, prägte dafür den Begriff „Kunstkrankheit“ (Organon der Heilkunst, § 34) und nannte die Arznei ein krank machendes Agens, ihre Wirkung „Arzneikrankheit“.
Ein solches Krankmachen zur Gesundung oder zur befristeten Rückführung zu einer gewünschten Norm kann, wie oben allgemein ausgeführt,
mitsinnig = homöopathisch,
gegensinnig = enantiopathisch oder
beliebig bzw. „anders“ = allöopathisch
bewirkt werden.
Allopathie – Homöopathie: Begriffsbestimmung
Die Begriffe „Allöopathie“ und ihr Gegenteil „Homöopathie“ wurden von Hahnemann geprägt und haben folgende Bedeutung:
All(ö)opathie: Leiden durch ein Anderes (griech. allos: anders, fremd), Unähnliches.
Homöopathie: Leiden durch ein Ähnliches (griech. homoios: ähnlich, gleich).
Abzugrenzen davon ist die
Isopathie: Leiden durch das Selbige.
Zu ergänzen ist bei diesen Definitionen jeweils: [..] um gesund zu werden.
Im 18. und frühen 19. Jahrhundert war die Medizin in Europa geprägt von Aderlass, groben „ausleitenden“ Verfahren wie Abführen (Purgieren) und künstlichen Hautgeschwüren (Haarseile u.ä.) sowie der Gabe von Mixturen pflanzlicher und chemischer Herkunft in hohen Dosen. Die chronische Quecksilberintoxikation war z.B. eine häufige iatrogene Krankheit dieser Zeit.
Die Beliebigkeit und Undifferenziertheit dieser Medizin war für Hahnemann Anlass, den Arztberuf nach dem Studium zunächst nicht aufzunehmen und nach einer Phase chemischer Forschungen, Übersetzertätigkeit und eigener Publikationen eine neue Heilmethode zu entwickeln: die Homöopathie ( Kap. 1.2 ).
Der Begriff Allopathie hat sich erhalten, obwohl die Universitätsmedizin des späten 20. und frühen 21. Jahrhunderts mit der des 19. Jahrhunderts praktisch nichts mehr gemein hat. Ihre Pharmakotherapie ist gerade nicht beliebig, auch wenn der Gedanke des Universalheilmittels, der Panazee („Allheilkraut“) des 19. Jahrhunderts, bei manch unreflektierter Anwendung von Cortison, Antibiose oder Immunsuppression noch auftaucht.
Die Gabe von Arzneimitteln ist – wenn sie nicht eine Substitution fehlender körpereigener Stoffe (wie Insulin, Thyroxin, Vitamin B 12 usw.) ist – gegen krankhafte Symptome oder gegen krank machende Mikroorganismen gerichtet. Ihre Stoffe sind Hemmer, Blocker, Inhibitoren und Antis (z.B. Antidepressiva, Antihypertonika etc.) jeder Art. Sie ist Enantiopathie.
Was heißt schon Gesundheit?
Gesundheit ist ein Idealzustand, der in der Realität immer nur annähernd erreicht werden kann. Die Definition der WHO (Weltgesundheitsorganisation) ist allgemein bekannt: „Gesundheit ist der Zustand
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