Leitfaden Homöopathie (German Edition)
, z. B. Kaffee, Vanille u.s.w. bereitet, rohe, arzneiliche Kräuter auf Suppen, Gemüße von Kräutern, Wurzeln und Keim-Stengeln (wie Spargel mit langen, grünen Spitzen), Hopfenkeime und alle Vegetabilien, welche Arzneikraft besitzen, Selerie, Petersilie, Sauerampfer, Dragun, alle Zwiebel-Arten , u.s.w.; alter Käse und Thierspeisen , welche faulicht sind, (Fleisch und Fett von Schweinen, Enten und Gänsen, oder allzu junges Kalbfleisch und saure Speisen; Salate aller Art), welche arzneiliche Nebenwirkungen haben, sind eben so sehr von Kranken dieser Art zu entfernen als jedes Uebermaß, selbst das des Zuckers und Kochsalze s, so wie geistige, nicht mit viel Wasser verdünnte Getränke; Stubenhitze, schafwollene Haut-Bekleidung, sitzende Lebensart in eingesperrter Stuben-Luft , oder öftere, bloß negative Bewegung (durch Reiten, Fahren, Schaukeln), übermäßiges Kind-Säugen , langer Mittagsschlaf im Liegen (in Betten), Lesen in wagerechter Lage, Nachtleben, Unreinlichkeit, unnatürliche Wohllust, Entnervung durch Lesen schlüpfriger Schriften, Onanism oder, sei es aus Aberglauben, sei es um Kinder-Erzeugung in der Ehe zu verhüten, unvollkommner, oder ganz unterdrückter Beischlaf; Gegenstände des Zornes, des Grames, des Aergernisses, leidenschaftliches Spiel, übertriebene Anstrengung des Geistes und Körpers, vorzüglich gleich nach der Mahlzeit; sumpfige Wohngegend und dumpfige Zimmer; karges Darben u.s.w. Alle diese Dinge müssen möglichst vermieden oder entfernt werden, wenn die Heilung nicht gehindert oder gar unmöglich gemacht werden soll. Einige meiner Nachahmer scheinen durch Verbieten noch weit mehrer, ziemlich gleichgültigerDinge die Diät des Kranken unnöthig zu erschweren, was nicht zu billigen ist.“ (Organon, § 260)
Es gibt in der homöopathischen Praxis sowohl beim Arzt als auch beim Patienten die Tendenz, in einzelnen Fragen der Lebensführung (im weitesten Sinn) einen starken Bezug zu Hahnemanns Aussagen (s.o.) zu suchen (z.B. zum Kaffeegenuss) und nach den eigenen Wünschen und Bedürfnissen in Bezug auf diese Fragen zu urteilen. Dies ist zweifelsohne ein lohnenswerter Ansatz, da Hahnemann in seiner Genialität die homöopathischen Prinzipien gefunden und daraus ein funktionierendes, bis heute gültiges Heilsystem entwickelt hat. Von Hahnemann stammt auch die Aufforderung: „macht’s nach, aber macht’s genau nach!“.
Andererseits konnte Hahnemann die Homöopathie nur dank seiner stets kritischen Einstellung entwickeln: Der Chinarindenversuch, der letztlich zur Entdeckung des Ähnlichkeitsgesetzes führte ( Kap. 2.1.1 ), war nur möglich, weil er kritisch gegenüber den Thesen der damals gültigen Medizin war – und diese praktischen Überprüfungen unterzog. Außerdem stellte er auch seine eigenen Thesen immer wieder auf den Prüfstand und entwickelte sein Heilsystem dadurch immer weiter. Dies lässt sich unter anderem an der Entwicklung des „Organon“ verfolgen (Auflagen 1–6).
Viele Prinzipien der homöopathischen Behandlung sind ausgereift und haben allenfalls leichte Modifikationen erhalten, die sich als praktisch sinnvoll oder notwendig erwiesen haben (z.B. Arzneiherstellung, Arzneifindung oder Dosierung). Sie bilden das Herzstück der homöopathischen Behandlung und wurden immer wieder bestätigt.
Ebenso wie die Grundsätze der homöopathischen Heilmethode müssen auch die Thesen Hahnemanns, die sich auf die Rahmenbedingungen der homöopathischen Behandlung beziehen, überprüft und auf ihre zeitgemäße Anwendung hin hinterfragt werden. Im Gegensatz zur eigentlichen Therapie, die bei erfolgreicher Anwendung eine Verbesserung der Situation des Patienten bewirkt und damit mehr Freiheit und Lebensqualität für ihn bedeutet, sind die mit der homöopathischen Therapie üblicherweise verknüpften „Dos“ und vor allem die „Don’ts“ häufig mit einer Einschränkung relevanter Bedürfnisse des Patienten verbunden. Die Bedeutung solcher Beschränkungen für die arzneiliche Therapie und die Gesundheitsentwicklung des Patienten kann sehr unterschiedlich bewertet werden. Viele Menschen setzen solchen Einschränkungen nachvollziehbarerweise Widerstand entgegen, weil sie sich durch die Begrenzungen von Bedürfnisbefriedigungen in ihrer Lebensqualität beeinträchtigt fühlen. Es ist daher sinnvoll, die Notwendigkeit von Empfehlungen in Bezug auf die Lebensführung immer wieder anhand der eigenen Praxiserfahrungen ebenso wie ihre Durchführbarkeit und Nützlichkeit zu
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