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Leitstrahl für Aldebaran

Leitstrahl für Aldebaran

Titel: Leitstrahl für Aldebaran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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Anomalie etwa eine Woche nach der Stunde Null, nach dem Einfangen des KUNDSCHAFTERS also, ihr Maximum erreicht haben und dann wieder abnehmen würde; ferner, daß die Explosion des Treibstoffs der Außentanks keinen wesentlichen Einfluß auf diesen Verlauf haben würde. Für Rigel und teils auch für Gemma blieb zwar unverständlich, wieso Mira das sagen konnte, ohne zu wissen, worum es sich eigentlich handelte, aber das gegenseitige Vertrauen war jetzt schon so stark, daß sie sich darüber nur ein bißchen wunderten, ohne aber im geringsten unsicher zu werden.
    So kam nun unaufhaltsam der Termin näher, zu dem sie senden würden. Eine Woche vor diesem Termin begann Toliman mit den Planspielen. Das war ein zwar stupides, aber unerläßliches Training, mußte doch jeder die Arbeit von drei bis fünf Menschen tun, damit der Leitstrahl ohne Störung gesendet werden konnte. Denn sie würden dabei wegen der Energieknappheit nur einen Teil der Automatik einsetzen können; Reserven hatten sie zwar inzwischen, aber da man mit atmosphärischen Störungen rechnen mußte und sie auch hinterher wenigstens noch etwas Energie brauchen würden, ließ sich diese Belastung nicht umgehen.
    Und doch hatten die Planspiele nicht nur Trainingsfunktion. Bereits ihre Vorbereitung half ihnen, sich für die Aufgabe zu rüsten; es mußten ja alle denkbaren und undenkbaren Arten von Störungen eingearbeitet werden. Die zu erfinden, alle Bereiche der eingesetzten Technik ihrer planetarischen Umgebung und der Atmosphäre nach Störmöglichkeiten durchzukämmen, bedeutete, geistig gewappnet zu sein gegen alle Eventualitäten, die dann wirklich auftreten würden.
    Und das war nicht vergeblich gewesen. Am Tage der Sendung, die für nachmittags geplant war, fiel morgens das Barometer bedrohlich, und mittags schob sich ein schwarzer Wolkenvorhang über den Himmel. Kein Problem, kaum eine Schwierigkeit, wenn sie unter normalen Verhältnissen hier gewesen wären. Die Atmosphäre wäre bis zum notwendigen Grad erforscht, alle eventuellen Abweichungen lägen innerhalb der Toleranzgrenzen der Automatik. Aber so? Wie verhielt sich die Stratosphäre bei solchem Wetter? Wie veränderte sich die Ionosphäre? Die übliche Schichtung der Atmosphäre bei Planeten mit ausgeprägter Lufthülle gab es auch hier, aber die Wechselwirkung der Schichten aufeinander konnte ganz anders sein, vor allem bei hoher Witterungsaktivität. Und die schwingende Plasmasäule, die den Leitstrahl aussenden würde, konnte verdammt anfällig sein.
    Eine halbe Stunde vor Beginn der Sendung saßen sie alle mit Kopfhörern an ihren Plätzen, die Augen geschlossen. Jeder hatte entsprechend seiner Mentalität und seiner Hörerfahrungen ein Musikstück ausgewählt, das helfen sollte, sich auf die bevorstehende Aufgabe zu konzentrieren, manche übrigens auch im Widerspruch zu ihrer gewöhnlichen Gemütsverfassung: die ausgeglichene Gemma beispielsweise etwas ErregtModernes, Rigel natürlich das gleiche wie Gemma, Mira eine klassische Klaviersonate und Toliman die Klarheit und Unbedingtheit einer Fuge. Der Zeitpunkt der Sendung fand sie alle bereit.
    Gemma, als Funkerin, hatte das Kommando, es war wohl die am schwersten lastende Aufgabe, weil sie bei normalem Ablauf nichts zu tun hatte - nichts, als die Sendung zu starten und in jeder der zwanzig Sekunden auf tausend Abweichungen, Störungen, Hindernisse gefaßt zu sein, darauf, daß die andern in Bruchteilen von Sekunden Entscheidungen trafen und daß sie die in noch kleineren Bruchteilen beurteilen mußte - höchste Verantwortung bei geringster Möglichkeit zur Einflußnahme. Aber obwohl durchaus nicht alles normal ablief, wurden nur zwei Sätze gesprochen, und auch die erst gegen Ende der Sendung.
    Toliman schaltete ein. Er war verantwortlich für die Plasmasäule, für ihre Linearität und später für die Stabilität der Schwingungsamplituden bei den Sendeimpulsen. Durch die glasklaren Wände des KUNDSCHAFTERS leuchtete der Widerschein des bläulich-weißen Strahls, der nun senkrecht nach oben in die Wolken ging und den sie nicht direkt sehen konnten, weil der Gerätetrakt im Oberteil des Schiffes nicht durchsichtig war. Die Geräte zeigten Gemma, daß die Säule zwar nicht ohne Widerstände und Schwankungen, aber im wesentlichen doch kontinuierlich aufgebaut wurde.
    Mira, die das System der Hüllenradars bediente, überspielte einen Zacken auf den Schirm. Die Säule begann in fünfzehn Kilometer Höhe auszuufern. Toliman verstärkte die

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