Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Leitstrahl für Aldebaran

Leitstrahl für Aldebaran

Titel: Leitstrahl für Aldebaran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
Vom Netzwerk:
ausgesprochen.
    Der erste schwache Schein der Dämmerung weckte sie. Gemma schaltete sofort alle Bildschirme ein und berichtete dann: »Sie sind weiter vorgerückt, aber langsamer als am Tage. Sie haben das Gebirge erreicht. In der Schlucht - nein, in der Schlucht sind sie noch nicht. Oder doch? Da bewegt sich etwas.. ein paar, eine kleine Gruppe, aber noch nicht der große Zug. Und im Tal?«
    Unwillkürlich blickten alle nach draußen, dort war es noch finster, während die Schlucht am Südende des Tals wegen ihrer Ost-West-Richtung schon teilweise hell war.
    »Ich geh mal raus und inspiziere noch mal alles«, sagte Rigel.
    »Aber nur im schweren Schutzanzug!« forderte Toliman.
    Rigel winkte ab - selbstverständlich.
    »Ich mache Frühstück!« sagte Mira.
    »Aber ein kräftiges!« verlangte Toliman. Mira nickte - wer konnte wissen, ob sie mittags zum Essen kommen würden.
    »Guten Morgen, ihr Bestien!« sagte Rigel draußen.
    »Schon da?« rief Toliman.
    »Einzelne«, antwortete Rigel. »Sehen aber ganz harmlos aus. Ulkige Viecher.«
    »Komm rein!« verlangte Toliman.
    »Einen Augenblick noch«, bat Gemma. »Was tun sie?«
    »Nein«, sagte Toliman, »Rigel soll hereinkommen, geh selbst hinaus, und sieh sie dir an - du kennst sie schon besser.«
    Gemma sprang so flink hinaus, als hätte sie nur auf Tolimans Weisung gewartet. Sie freute sich ja auch wirklich darauf, zum ersten Mal diese merkwürdigen Tiere mit Muße betrachten zu können.
    Die Springmäuse bewegten sich in vereinzelten Gruppen durch das Tal nach Norden, allerdings weniger springend als laufend. Gemma ließ drei von diesen Gruppen vorüberziehen, sie betrachtete sie aus etwa zwei Meter Abstand, die Tiere nahmen von ihr keine Notiz. Es waren einmal sieben, einmal acht, dann sechs Tiere in einer Gruppe. Manchmal blieb eins stehen und fraß etwas, meist eins der vorderen, doch wenn die anderen kaum vorbei waren, machte es einen Satz vorwärts und schloß sich wieder der Gruppe an. Es mochte sein, daß es sich um Familien handelte, die sich im Sommergebiet gebildet hatten und an der Spitze des Zuges, ohne den Druck der Masse, noch stabil blieben, aber das war nicht zu überprüfen, die Tiere waren alle gleich groß. Über jeder Gruppe lag ein leiser, kaum störender Pfeifton, und das alles war so freundlich anzusehen, die Tierchen wirkten so possierlich, daß Gemma einen Augenblick lang das Gefühl hatte, sie könnten unmöglich eine so große Gefahr darstellen, wie sie bisher vermutet hatten.
    Das einzelne Tier sah wirklich einer Maus ähnlich, einer sehr großen Maus freilich. Nur anstelle der Nase schien es eine Art Dorn zu haben, eine Spitze, einen nach außen gewachsenen Zahn vielleicht, denn diese Spitze war heller als das Fell. Vielleicht bohrten die Tiere die Spitze in ihre Nahrung, ob pflanzlicher oder tierischer Art, blieb dahingestellt, und dann floß das Gift hinein und bewirkte eine Art Vorverdauung wie bei manchen Insekten auf der Erde? Vermutlich war der Stachel so hart, daß er damals ihre Helmscheibe minimal angeritzt und damit der Säure Zugang verschafft hatte. Ja, dieser Freßmechanismus und die Masse der Tiere - das waren wohl die Quellen ihrer Gefährlichkeit.
    Es dauerte noch zwei Stunden, bis das Telebild aus der Schlucht einen kompakten Strom der Springmäuse zeigte. Am Übergang von der Schlucht ins Große Tal, von dem sie ebenfalls ein Bild hatten, zerstreute sich dieser kompakte Strom aber sofort und löste sich auf in einzelne Gruppen; ein Vorgang, der Gemma außerordentlich interessierte. Anfangs fiel es ihr schwer, in dem Gewimmel überhaupt irgend etwas zu erkennen, aber nach ein paar vergeblichen Versuchen gelang es ihr, den Prozeß der Gruppenbildung einigermaßen zu verfolgen. Es waren immer benachbarte Tiere, die eine Gruppe bildeten, aber nicht immer und niemals ausschließlich die unmittelbar einander benachbarten Tiere. Gemma konnte mehrmals beobachten, daß ein einzelnes Tier sich offenbar geirrt hatte und von der zuerst gewählten Gruppe abschwenkte und einer anderen zustrebte.
    »Wann sprengen wir?« fragte Rigel ungeduldig.
    »Noch nicht«, sagte Gemma, »noch ist genügend Platz im Tal, daß die Tiere sich in Gruppen ordnen können, und dann sind sie nicht gefährlich.«
    »Je später, um so besser!« meinte auch Toliman.
    Aber während Toliman von gewissermaßen strategischen Erwägungen ausging, hatte Gemma noch einen anderen Grund für ihr Zögern. Ihr war der Gedanke unerträglich, die Felsmasse des

Weitere Kostenlose Bücher