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Leitstrahl für Aldebaran

Leitstrahl für Aldebaran

Titel: Leitstrahl für Aldebaran
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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doch dafür!«
    Auch Gemma nickte. Und Mira lächelte ihr manchmal überraschend warmes, freundliches Lächeln. »Wird sich wohl kein Argument dagegen finden lassen!« sagte sie.
    »Also gut«, entschied Toliman, »dann gilt ab jetzt alle Aufmerksamkeit dem Planeten!«
    Mit jedem neuen Meß- und Beobachtungsergebnis wurde der Planet der heimischen Erde ähnlicher. Die Schwerkraft war zwar um eine Kleinigkeit geringer, der Tag etwas kürzer, aber Jahreszeiten mußten sich ablösen - entsprechend einer Neigung des Äquators gegen die Ekliptik, die auch nur etwas geringer war als auf der Erde -, die Luft hatte die gleiche Zusammensetzung, Pflanzen gab es und Tiere, man hatte schon Tierherden in Savannen beobachtet, ja, und überhaupt erdähnliche Biotope - nicht nur Savannen, sondern auch Wüsten, Urwälder, Gebirgswelten, Sümpfe, nur eins nicht: Zivilisation.
    Wenigstens war von oben her nicht das mindeste Anzeichen dafür erkennbar.
    In der ersten der beiden Wochen, die bis zum nächsten Strahlungsausbruch verblieben, hatte jeder sein spezielles Forschungsgebiet, auf dem er die Beobachtungen auswertete: Gemma die Biomasse, Rigel die Oberflächengestalt, Mira das Bodenklima und Toliman die Atmosphäre als Landemedium; wobei es letzterem nicht unlieb war, daß sein und Miras Gebiet sich teilweise überschnitten.
    Was Mira nach dieser Zeitspanne zusammengetragen hatte, konnte sich schon sehen lassen, und es erwies sich auch gleich als wesentliches Hilfsmittel. Denn in der zweiten Woche ging es um die Festlegung des Landeplatzes. Ein Dutzend Vorschläge kamen in die engere Wahl, daraus sonderte sie - eben unter Nutzung ihres neuen Wissens - vier Stellen aus, wovon jeder eine zugewiesen erhielt mit dem Auftrag, sich näher damit zu befassen und sie dann wie eine wissenschaftliche Arbeit zu verteidigen. Toliman hatte sich dieses Verfahren ausgedacht, um die höchstmögliche Zweckmäßigkeit bei der Wahl des Landeplatzes zu sichern. Gewiß konnten sie von oben nicht alle Faktoren ausmachen und berücksichtigen, die vielleicht später einmal zu wirken beginnen würden; aber da man den KUNDSCHAFTER nach der Landung auf keinen Fall noch einmal umsetzen konnte wegen der Energieknappheit, wurde mit der Wahl des Landeplatzes eine sozusagen endgültige Entscheidung getroffen, deren Vor- und Nachteile sie alle zu spüren bekämen, und einen Fehler, der jetzt gemacht würde, konnte man später nicht mehr korrigieren.
    Zwei Tage vor der beabsichtigten Landung fand die Diskussion der vier Plätze statt.
    Gemma, die jüngste, begann. Sie verteidigte ihren Platz mit so viel rührendem Eifer, daß es den anderen schwerfiel, kritische Distanz zu wahren. Rigel sah man an, und man merkte es auch später bei seiner Verteidigung, daß er liebend gern seinen Platz für Gemmas Vorschlag geopfert hätte, nur um ihr eine Freude zu machen. Das war natürlich keine geistig sehr produktive Haltung, aber Mira machte das wett, indem sie an solchen Stellen, wo Gemma ins Schwärmen geriet, diese durch kluge, sachliche Fragen wieder auf das Thema zurückführte und damit ihren Vorschlag aufwertete.
    Toliman war sich einen Augenblick lang unschlüssig, ob es nicht besser gewesen wäre, wenn er als der Erfahrene den ersten Vortrag gehalten hätte. Er war auf die jetzige Reihenfolge gekommen, weil er die Jüngeren nicht hemmen wollte, aber nun wurde ihm klar, daß es der erste am schwersten hatte - immerhin war das für alle eine neue Methode, und sie alle übten sich im Grunde genommen am ersten Beitrag.
    Rigels Verteidigung dagegen war ziemlich lahm, und die andern mußten viel fragen. Trotzdem hatten am Schluß alle das Gefühl, dieser Platz sei es wohl nicht, nur wußten sie nicht genau, ob dieses Gefühl aus dem Sachverhalt her kam oder aus Rigels Art der Verteidigung.
    Mira ging zu aller Überraschung ganz anders an ihre Aufgabe heran.
    »Ich würde meinen Platz nicht wählen«, sagte sie. »Er gefällt mir nicht.«
    »Was soll denn das heißen!« sagte Toliman. In seiner Verblüfftheit gelang es ihm nicht, seine Empörung ganz zu unterdrücken.
    »Das soll heißen«, antwortete Mira ruhig, »daß ich zwar dies und das für meinen Platz vorbringen könnte, aber kaum überzeugend, weil ich selbst nicht davon überzeugt bin.«
    »Und warum nicht?« wollte Toliman wissen.
    »Hab ich doch gesagt. Weil er mir nicht gefällt.«
    Die anderen lauschten mit wachsendem Unbehagen auf diesen Dialog - Gemma, weil sie eine tiefe Abneigung gegen Spannungen aller Art
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