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Leitstrahl für Aldebaran

Leitstrahl für Aldebaran

Titel: Leitstrahl für Aldebaran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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hervorgekrochen: eine händereibende Genugtuung, daß er zu kommandieren hatte; gleich daneben eine affektierte Eitelkeit, die es doch tatsächlich zuwege brachte, daß er sein Gesicht in bedeutende Falten zu legen versuchte, zum Glück konnte er das nicht sehen, und auch die anderen guckten nicht her; eine für den Organisator fast unanständige Lust am Riskanten.. noch mal haarscharf vorbei.
    Nein, alles Unsinn, weg damit. Noch fünf Sekunden. Stehst du noch zu deiner Entscheidung? Ja. Jetzt - der Punkt Null war überflogen.
    »Wir überqueren noch einmal das Zielgebiet«, sagte er zu den andern. »Alle Meßkapazität auf die Troposphäre!«
    Er hätte jetzt das Kommandantenregime aufheben können, bis sie die nächste Dreiviertelumdrehung hinter sich hatten. Aber er wollte keine Diskussion haben. Er brauchte Ruhe und letztes Training, und er hatte das Recht darauf, denn er würde die Hauptlast der Landenavigation zu tragen haben. Er stülpte die Kopfhörer über und nickte den anderen zu - macht es wie ich, hieß das. Dann stellte er sich ein einstündiges Musikprogramm zusammen, das ihn erst entspannen, dann kräftigen und später in produktive Erregung versetzen sollte.
    Mira hatte sich nur eine kurze Pause gegönnt, während sie die Nachtseite des Planeten überquerten. Sie hatte Tolimans Entschluß schließlich doch richtig gefunden, trotzdem machte sie sich Sorgen, um die Landung nicht weniger als um Tolimans Autorität, wenn dabei etwas schiefgehen sollte.
    Das war selbstverständlich nicht der Grund, warum sie auf der Sonnenseite sofort wieder zu arbeiten begann, aber doch ein zusätzlicher Antrieb dazu. Und schon die ersten Messungen bestätigten leider ihre früheren Befürchtungen. Die Strahlungsintensität stieg jetzt wieder steiler an. Noch bevor sie den Punkt Null erreicht hatten, würde sich das Schutzfeld einschalten. Das verbrauchte eine riesige Menge Energie. Und am Boden herrschte keine gute Sicht mehr, aber da bestand noch Hoffnung, hier war ja Morgen, und man durfte annehmen, daß das Mittagswetter am Landeort besser sein würde.
    Mira überlegte angestrengt, zog die Stirn kraus. Da traf sie die energische, fröhliche Stimme Tolimans wie ein freundschaftlicher Knuff, obwohl die Frage gar nicht an sie gerichtet war.
    »Gemma, wie hoch wäre die Strahlenbelastung für uns während fünf Minuten, wenn wir auf das Schutzfeld verzichten?«
    Gemma rechnete, alle sahen das Ergebnis. »Knapp unter der Grenze«, sagte sie.
    Was wird er jetzt wohl entscheiden? dachte Mira. Aber Toliman entschied noch nichts, er stellte eine weitere Frage.
    »Und wenn wir in die schweren Schutzanzüge steigen?«
    Ihm fällt immer noch eine Möglichkeit mehr ein als uns andern, dachte Mira anerkennend. Deshalb ist er wohl auch als Organisator so gut.
    Das Ergebnis von Gemmas Berechnungen war: erträglich.
    »Umziehen!« kommandierte Toliman burschikos.
    Und dann, eingemummt in die schwersten Schutzanzüge, die es an Bord gab, näherten sie sich wiederum dem Punkt Null. Rot leuchteten die Strahlungsindikatoren, ein drohendes, alarmierendes Rot - aber sie waren erst angesprungen, als die Strahlungsintensität den Normalwert überstieg und die abgeschaltete Schutzautomatik nicht reagierte, und nach dem Flugplan waren das nicht einmal fünf, sondern nur viereinhalb Minuten vor Null, also kein Grund zur Beunruhigung.
    Erst wenige Sekunden vor Null leuchteten auch in den Helmen die Indikatoren auf, das kümmerte Toliman nicht mehr, das würde gleich vorbei sein. Aber die Energieaufnahme! Ja, das hatte sich gelohnt. Dann kam der heftige Schlag der Bremsung, beinahe sofort erloschen die Indikatoren in den Helmen, die Luftschicht begann schützend zu wirken, etwas später flackerten auch die roten Lampen der Skalen und erloschen nacheinander.
    Und dann schloß Toliman die Blenden über allen Außensensoren. Die aerodynamische Bremsung begann - die Stoßwellen erhitzter, ionisierter Luft, die jetzt um das Schiff brandeten, machten jede Aufnahme von Information unmöglich. Für eine genau berechnete Zeit stürzten sie jetzt blind dem Boden entgegen.
    Jetzt eine zeitliche Versetzung - dachte Mira und war sich im gleichen Augenblick darüber klar, daß das Unsinn war; es zeigte aber auch, wie wenig die aus Zeitverschiebung resultierenden möglichen Probleme bisher generell durchdacht waren.
    Gerade ihre Wissenschaft mußte doch den Praktikern, die jeden Tag auf solche Probleme stoßen konnten, den Kundschaftern im Raum also, eine

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