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Leitstrahl für Aldebaran

Leitstrahl für Aldebaran

Titel: Leitstrahl für Aldebaran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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gedankliche Basis liefern, auf der sie operieren konnten - selbst wenn diese Basis vorläufig nur aus Vermutungen und Denkansätzen bestand. Sie nahm sich fest vor, ein Memorandum über dieses Problem auszuarbeiten, wenn sie erst. Ja, wenn!
    Allmählich ließ der Bremsdruck nach. Das Körpergewicht wurde leichter, der freie Fall war nur noch wenig verzögert. Und dann ein Ruck - der Stratosphärenschirm hatte sich entfaltet.
    Toliman schaltete die verschiedenen Gruppen der Außensensoren nacheinander wieder ein. Lämpchen, Skalen, Kurven blinkten auf, und schließlich erschien das Bodenbild vor ihnen auf dem Schirm, verschleiert erst und fast farblos, dann Konturen und Farbe annehmend, als die Selbstreinigung der Sensorenköpfe fortschritt.
    Also, wie sah es nun aus?
    »Gemma und Rigel, an die Schirmsteuerung«, befahl Toliman. »Mira, behalt die Troposphäre im Auge!«
    Sie waren etwa dreißig Kilometer hoch, die Sinkgeschwindigkeit betrug jetzt zehn Meter in der Sekunde, zu schnell noch für die Landung, andererseits nicht schnell genug - der Wind trug sie zwar auf ihr Ziel zu, aber zu schnell, noch eine gute dreiviertel Stunde würden sie in der Stratosphäre bleiben. In der zehn Kilometer hohen Troposphäre dann würden die eigentlichen Probleme erst kommen, dort konnten sie keine weiträumigen Korrekturen mehr vornehmen. Was also tun?
    Erst mal rechnen.
    Toliman ermittelte sorgfältig den realen Kurs und verglich ihn mit dem Programm. Ja, so würden sie rund zehn Kilometer zu weit fliegen. Der Wind hatte in der Stratosphäre offenbar sehr aufgefrischt.
    Wenn er jetzt durch Raffen des Schirms die Sinkgeschwindigkeit erhöhte, mußte er dann in der Tropopause kurz die Bremstriebwerke einschalten. Das bedeutete Treibstoffverlust, aber sicherlich geringeren, als wenn er zurücksteuern müßte. Außerdem, je eher sie unten ankamen, um so besser; die Strahlung konnte noch wer weiß was für Auswirkungen im Bodenwetter haben.
    Wie zur Bestätigung seiner Befürchtungen verkündete Mira in diesem Augenblick: »Wachsende Turbulenzen im Bodenbereich!«
    »Schirm zwanzig Prozent raffen!« ordnete Toliman an. Gemma und Rigel hantierten an den Steuerleinen des Schirms, und dann sank das Schiff sichtbar schneller - sichtbar wenigstens an den Anzeigegeräten.
    Mira machte sich nun doch ernsthafte Sorgen. Immer wieder sagte sie sich, sie müsse Toliman vertrauen. Aber immer wieder fragte sie sich auch, ob er die Verhältnisse am Boden nicht unterschätzte. Sie konnte jetzt keine Diskussion anfangen, das einzige, was sie tun konnte, war, ihm die Daten so deutlich zu nennen, daß er sie in seine Überlegungen und Berechnungen einbeziehen mußte. Sie war viel zu ehrlich, um sich einzubilden, daß sie selbst das Schiff etwas besser landen könnte, aber es gelang ihr auch nicht, dieses vollständige und beinahe blinde Vertrauen in Tolimans Fähigkeiten herzustellen, das man eigentlich bei so einem Unternehmen zum Schiffsführer haben mußte. Gemma und Rigel waren da wohl besser dran.
    Wieder gab sie ihm neue Daten, und da sah Toliman zu ihr herüber und nickte ihr zu. Aus der Art, wie er es tat, erkannte sie, daß er ihre Besorgnis verstand und auch ihre Hinweise, die sie ihm geben wollte, und nun war sie doch sehr erleichtert.
    »Voraus taucht jetzt das Zielgebiet auf«, sagte Toliman, »Mira, konzentrier dich auf die Bodenwetterverhältnisse.«
    Obwohl alles ganz ruhig vor sich ging, wuchs die Spannung und ergriff auch die beiden Jüngeren. In diesem Stadium der Landung entging Toliman nichts an Bord, nicht die leiseste Regung in den Gemütern, nicht die kleinste Veränderung in den Werten. Da nun aber auch der Eintritt in die Tropopause bevorstand, war es vielleicht gut, das geplante Manöver zu erläutern; das konnte die Anfänge der Aufregung dämpfen.
    »Achtung, Gemma und Rigel«, sagte er, »bei plus hundert werft ihr auf mein Handzeichen den Strato-Schirm ab. Ich gebe dann für fünf Sekunden einen schwachen Bremsimpuls, und wenn ich die Hand wieder hochhalte, reißt ihr die Tropo- Schirme auf.«
    Das Manöver klappte ausgezeichnet, Toliman brauchte kaum Konzentration dafür, seine Augen hingen nur am Treibstoffmesser, in Sorge, daß auch ja nicht zuviel verbraucht würde. Nein, nach Abschluß des Manövers stand die Anzeige immer noch ein ziemliches Stück über der roten Linie, die das für den Leitstrahl benötigte Minimum markierte.
    Unter ihnen lag jetzt das Mittelgebirge, in dessen größtem Tal sie landen wollten;

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