Lektionen der Leidenschaft: Roman (German Edition)
ihr da präsentierte. Ihre schlimmsten Befürchtungen wurden bestätigt. Sie betrachtete das Kleid der dünnen Gestalt, das eher zu einer ältlichen Witwe gepasst hätte, die blässlich blauen Augen, den fahlen Teint, der sie an ein Gespenst erinnerte. Sie ließ ihrem Ärger freien Lauf.
» Ach, ist das so? Ich könnte mir vorstellen, dass Miss Foxworth unendlich viel angenehmere Dinge zu tun hat, als eine solche Aufgabe zu übernehmen.« Amelia hielt inne, um sich zu zügeln. Vergeblich. Ihr boshaftes Verlangen, der armen Camille vor Augen zu führen, was für ein bedeutungsloses und erbärmliches Leben sie doch führte, ließ sich nicht unterdrücken. » Andererseits kann ich mir vorstellen, dass Sie als alleinstehende Frau ohne Heiratsaussichten nicht so recht wissen, was Sie den lieben langen Tag mit Ihrer Zeit anstellen sollen.«
Kaum war ihr diese ungeheuerliche Bemerkung rausgerutscht, bereute Amelia es bereits zutiefst und hätte ein Vermögen dafür gegeben, alles rückgängig machen zu können. Was war nur in sie gefahren? Sie verfluchte sich selbst und den Teufel in ihrem Kopf, der ihr die giftigen Worte eingeflüstert hatte. Aber jetzt war es zu spät für Reue.
Thomas atmete zischend aus. Miss Foxworths einzige Reaktion bestand darin, kurz nach unten zu blicken, als wolle sie ihre Kränkung verbergen, während Amelia sich nur wünschte, der Erdboden möge sie verschlucken.
Miss Foxworth hatte ihr schließlich nie etwas Böses getan. Ihr einziges Verbrechen bestand darin, dass sie Thomas Armstrong freundschaftlich verbunden war.
» Wie du siehst, hat Lady Amelia immer noch nicht gelernt, sich in Gesellschaft höflich zu benehmen«, stieß Thomas mit zusammengebissenen Zähnen hervor. Zaghaft lächelte er Camille an. » Wenn du uns bitte entschuldigen würdest, ich möchte gerne allein ein Wörtchen mit Lady Amelia reden. Sobald ich fertig bin, rufe ich dich wieder herein.«
Miss Foxworth nickte schüchtern, den Blick unverwandt auf den Boden gerichtet, während sie still das Zimmer verließ und leise die Tür hinter sich schloss.
Thomas’ attraktives Gesicht sah wie versteinert aus. Amelia brachte nicht den Mut auf, ihm in die Augen zu schauen, als sie das Wort an ihn richtete.
» Ich weiß ganz genau, was Sie mir sagen wollen. Also ersparen Sie sich die Predigt. Ich bin mir sehr wohl darüber bewusst, dass das, was ich geäußert habe…«
Seine Hand schoss nach vorn und packte mit unnachgiebigem Griff ihren Unterarm. Er zerrte sie zu sich heran. So wie er dastand, wirkte er ausgesprochen bedrohlich. » Wehe Ihnen, wenn Sie es auch nur noch ein einziges Mal wagen, meine Gäste zu beleidigen, zumal dann, wenn ich dabei bin.« Seine Stimme war nicht mehr als ein gefährliches Flüstern. Innerlich kochte er vor Wut. Sein Gesicht war rot angelaufen. Er sah aus, als würde er ihr am liebsten den Hals umdrehen.
Sie zuckte zusammen, und Angst begann sich in ihren Gliedmaßen einzunisten und sie zu lähmen. So sehr, dass sie sich nicht einmal zu befreien versuchte, als er seinen Griff lockerte.
» Warum um alles in der Welt ist die Wahl ausgerechnet auf diese Frau gefallen? Ist Ihre Selbstsucht so groß, dass Sie jemanden brauchen, der Ihnen Tag und Nacht um den Bart geht?« Genauso sah sie die Sache, doch es wäre sicherlich klüger gewesen, den Mund zu halten.
Thomas antwortete nicht sofort, starrte sie zunächst einmal fassungslos an. Allerdings schien seine Wut einer merkwürdigen Stimmung gewichen zu sein, die sie sich nicht wirklich erklären konnte. » Was genau glauben Sie eigentlich, dass ich mit ihr anstellen will?«
» Es kümmert mich nicht, was Sie mit ihr anstellen wollen. Ich verspüre schlicht nicht den Wunsch nach einer Anstandsdame, wer auch immer dafür vorgesehen ist.«
Er ließ ihren Arm los und trat einen Schritt zurück. Amelia atmete erst einmal tief durch, befreit von seiner verwirrenden Nähe, nach der es sie einerseits verlangte und die sie andererseits lieber mied, zumindest wenn sie Wert darauf legte, klar denken zu können.
Er hörte nicht auf, sie eindringlich zu mustern. » Ach, du liebe Güte, ich glaube, Sie sind eifersüchtig.« In die sanften Worte mischte sich eine gewisse Verwunderung. Thomas hätte nicht zufriedener dreinblicken können als der Petruchio, der es schafft, die Widerspenstige zu zähmen.
Amelia stieß ein Lachen aus, bevor sie ihre Sprache wiederfand. » Nichts könnte mir ferner liegen. Aber ich kann mir gut vorstellen, dass dieser Gedanke
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