Lektionen der Leidenschaft: Roman (German Edition)
Schlimmste verhindert hätte.« Er spie den Namen des Mannes mit einem Abscheu aus, als gäbe es keinen widerlicheren Laut auf Gottes weiter Flur.
» Harry«, stieß Thomas mit einem lang gezogenen Seufzer hervor und lehnte sich wieder zurück. » Vielleicht wäre es das Beste, wenn du ihr erlaubst zu heiraten, wen immer sie will. Das schiene mir einfacher, als sie durchs ganze Land zu verfolgen. Das Heiratsalter hat sie schließlich erreicht.«
Soll doch irgendein armer, unglücklicher Kerl daherkommen und sie nehmen, dachte Thomas. Er war sich sicher, dass der Mann schon bald nach der Hochzeit merkte, was er sich da aufgehalst hatte, und öffentlich Zeter und Mordio schrie.
Ein dumpfer Knall erfüllte den hohen Raum, als Harrys Fäuste donnernd auf die glänzende Oberfläche des Mahagonitischs niederfuhren. » Nein! Ein Verschwender wie er ist wirklich das Letzte, was ich als Schwiegersohn gebrauchen kann. Himmel noch mal, mir ist durchaus klar, dass es nicht einfach ist, mit meiner Tochter auszukommen. Aber als Vater ist es meine Pflicht, sie vor solchen Männern zu schützen.« Er senkte seine Stimme. » Ihre arme Mutter würde sich im Grabe umdrehen, wenn sie wüsste, was aus ihrer einzigen Tochter geworden ist.«
In den Augen seines Freundes glomm eine zu Herzen gehende Traurigkeit auf, als er seine verstorbene Frau erwähnte. In diesem Moment schämte Thomas sich seines unsensiblen Vorschlags, Harrys Tochter mehr oder weniger zu ermuntern, einen Spieler und Glücksritter zu heiraten. Aber bei Gott, wenn überhaupt jemals eine Frau ein solches Schicksal verdient hätte, dann stand Lady Amelia Bertram sicher ganz oben auf dieser wenig rühmlichen Liste.
Es wäre Wahnsinn, über Harrys Bitte auch nur nachzudenken. Thomas würde den Teufel tun– und doch fühlte er sich als Freund verpflichtet, seine Ablehnung zu rechtfertigen. » Und was soll ich während deiner Abwesenheit mit ihr anstellen? Vermutlich wirst du mir nicht erlauben, sie arbeiten zu lassen?« Der Gedanke zauberte ein kleines bedauerndes Lächeln auf sein Gesicht. Schade, denn nichts weniger hätte sie verdient. Thomas war allerdings überzeugt, dass die verwöhnte junge Lady nicht einmal wusste, was das Wort Arbeit bedeutete. Ganz zu schweigen davon, dass so etwas für sie infrage käme. Er konnte sich lebhaft vorstellen, wie sie ihr keckes Näschen arrogant in die Luft reckte.
Harrys Gesicht jedoch strahlte wie das eines Waisenkinds aus dem East End, das eine funkelnde Krone auf der Straße gefunden hatte. » Also, darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht. Das ist wirklich eine großartige Idee, wenngleich etwas ungewöhnlich. Ja, genau das könnte sie gebrauchen, um sich ein Mindestmaß an Mäßigung anzugewöhnen. Und diesmal bin ich fest entschlossen, ihr eine Lektion zu erteilen. Wohlgemerkt, bei dieser Arbeit darf es sich allerdings nicht um eine niedere Tätigkeit handeln«, fügte er mit ernsterer Miene hinzu.
Thomas staunte: Harry würde ihm tatsächlich gestatten, seine Tochter arbeiten zu lassen. Dabei war seine Bemerkung eigentlich nur scherzhaft gemeint. Amelia bei der Arbeit– welch absurde Vorstellung. Und doch so passend. Lord Armstrong lächelte.
Kurz darauf entdeckte er ein verräterisches Funkeln in den Augen des Marquess, das ihn zur Vorsicht mahnte. Mit Recht. » Vielleicht könntest du sie als Begleiterin deiner Schwestern einsetzen?«
Seiner Schwestern? Thomas erstarrte. Alles, nur das nicht. Diesen Zahn musste er dem guten Harry schleunigst ziehen, bevor Amelia mit Kisten und Koffern auf der Schwelle seines Hauses auftauchte. » In diesem Winter reisen meine Schwestern mit meiner Mutter für sechs Wochen nach Amerika.«
Auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, seiner Familie Lady Amelia aufs Auge zu drücken, käme dem Schrecken einer der zehn biblischen Plagen, die Ägypten heimsuchten, ziemlich nahe.
Seufzend fuhr Thomas sich mit der Hand durchs Haar. » Lieber Himmel, was verlangst du von mir? Du hast uns doch zusammen erlebt. Es würde mir leichter fallen, einen wilden Keiler zu zähmen als deine Tochter. Schon nach einer einzigen Stunde wäre meine Geduld erschöpft. Und dann erst mehrere Wochen. Deine Tochter braucht einen Wachhund.«
Harry presste die Lippen zu einem dünnen Strich zusammen.
» Vielleicht findest du ja einen passenden Gentleman für sie, der besser geeignet ist, ihr Temperament im Zaum zu halten«, korrigierte sich Thomas. Er durfte nicht vergessen, mit wem er gerade sprach.
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