Lektionen der Leidenschaft: Roman (German Edition)
keine erfreuliche Aussicht war.
Er fasste sie bei der Hand und zog sie auf das geblümte Sofa. » Wir müssen reden.«
Grace gehorchte, ohne Einwände zu erheben. Zwar versuchte sie ihren Körper in eine verführerische Position zu bringen, doch in ihren haselnussbraunen Augen malte sich ein Hauch Unbehaglichkeit ab. » Du willst reden? Bevor wir uns ins Schlafzimmer zurückziehen?« Wieder wirkte ihr Lächeln gekünstelt.
» Ich bin nicht deshalb zu dir gekommen. Ich bin hier, um dir zu sagen, dass ich unser Arrangement beenden möchte«, erklärte er nüchtern, hielt ihre Hand aber immer noch in seiner.
Die heftige Ohrfeige erwischte ihn unversehens und hinterließ einen stechenden Schmerz auf seiner linken Wange. Das war der Moment, in dem er sich wünschte, er hätte beide ihrer Hände genommen und nicht bloß eine.
» Du verfluchter Dreckskerl.« Unbändige Wut verzerrte ihre Gesichtszüge, die er bislang immer recht anmutig fand, und verwandelte sie zu einer bizarren Maske. Ihre Augen wirkten wie die eines gereizten Raubtiers, und aus ihrem Mund klang ein Zischen wie von einer Schlange. Und dann sprang sie auf und traktierte ihn mit Schlägen.
Thomas schoss ebenfalls hoch, um sie abzuwehren, hielt ihre Hände fest. » Um Himmels willen, Grace, reiß dich doch zusammen«, sagte er und umklammerte ihre Handgelenke, während sie vergeblich versuchte, sich zu befreien.
» Ein Jahr lang habe ich mich für dich aufgespart! Zwölf Monate, in denen ich jeden Gentleman in ganz London hätte haben können. Du solltest wissen, dass sie alle nur mich wollten. Hast du überhaupt eine Ahnung, wie viele Männer es waren, die mir ihren Schutz anboten? Männer, die ich deinetwegen abwies. In den letzten drei Monaten konntest du es doch kaum erwarten, zu mir zu kommen.«
Plötzlich und unerwartet hörte sie mit ihren Attacken auf. Ihr Körper wurde schlaff, und sie sank auf das Sofa zurück. Thomas ließ sie los und brachte sich schnell auf der anderen Seite des Tisches in Sicherheit, außerhalb der Reichweite ihrer Arme.
Ein heftiges Zittern lief durch ihren Körper, bevor sie das Gesicht mit den Händen bedeckte und laut zu schluchzen begann.
Thomas konnte wirklich alles ertragen, nur keine weinende Frau, die sich am Rande der Verzweiflung befand. Es lag mindestens drei Jahre zurück, dass er eine solche Szene zuletzt erdulden musste. Dass Grace normalerweise nicht zu jenen weiblichen Wesen gehörte, die zu Tränenausbrüchen neigten, hatte bei seiner Entscheidung, sie als Geliebte zu wählen, den Ausschlag gegeben. Wenn es um sie selbst ging, legte sie in der Regel eine Gelassenheit an den Tag, die er nur bewundern konnte. Aber genau das verlangte er auch von einer Geliebten. Da wollte er vor hysterischen Ausbrüchen sicher sein, nur zuverlässig seine sexuellen Bedürfnisse erfüllt bekommen. Darüber hinaus spielte Grace ihre Rolle, falls er gelegentlich eine Begleitung wünschte, geradezu vorbildlich. So weit war mit ihr alles in Ordnung gewesen, doch nun das. Allerdings beschwerte sie sich seit geraumer Zeit darüber, dass er sie nicht mehr so häufig aufsuchte wie am Anfang. Das war, als Thomas zu spüren begann, dass dieses Arrangement nicht von Dauer sein konnte und sollte. Dass das Ende indes so schnell kam, überraschte selbst ihn.
» Du hast doch von Anfang an gewusst, dass solche Vereinbarungen wie unsere nur vorübergehend sind«, sagte er und bewegte unruhig die Füße. Er sah, wie ihr Brustkorb sich unter tiefen, zittrigen Atemzügen hob und senkte.
Plötzlich riss sie den Kopf hoch, nahm die Hände vom Gesicht, gab den Blick auf die verweinten Augen und die tränenverschmierten, fleckigen Wangen frei. » Es ist diese Frau, nicht wahr? Sie hat verlangt, dass du mich aufgibst, stimmt’s?«
Amelia, soThomas’ erster Gedanke. Wie hatte Grace nur von ihr erfahren können? » Welche Frau?«, fragte er scharf zurück.
» Diese verdammte Herzogin, die Duchess of Bedford. Die vor drei Wochen hier war. Oh, erst wollte sie gleich wieder gehen, als sei sie versehentlich im falschen Haus gelandet. Sagte, dass sie geglaubt hätte, eine gewisse Mrs. Franklin würde hier wohnen. Aber selbst als ich ihr erklärte, dass hier keine Mrs. Franklin wohnt, ist sie nicht gegangen. Sie fing an, mich über dich auszufragen. Ob wir miteinander bekannt seien? Und dann erzählte sie mir, wie nahe ihr euch früher standet.« Grace hielt inne, um sich die Tränen von den Wangen zu wischen. » Ich bin nicht dumm. Ich weiß
Weitere Kostenlose Bücher