Lektionen (German Edition)
Angestelltem.» Er lächelte. «Nichts zwischen Pfadfinderführer und Pfadfinderjungen, Priester und Gemeindemitglied und insbesondere Lehrer und Schüler. Kannst du das verstehen?»
«Es wäre gegen deine Moral?»
«Ich habe keine Moral, nur die Ethik, und die ist weit verbindlicher.»
Sarah blinzelte eine Träne weg. «Ich glaube aber, ich lie–»
«Sag es nicht. Auf jeden Fall empfindest du allerhöchstens eine Vernarrtheit.»
«Nicht wahr!»
«Jetzt schmoll nicht.»
«Sonst versohlst du mir den Hintern?»
Jonathon seufzte. «Sarah, soll es so zwischen uns werden? Wirst du mich jedes Mal anmachen, wenn ich Vorlesung halte? Falls ja, wirst du mir das Leben sehr schwer machen.»
Sarah senkte den Blick. «Tut mir leid. Nein, ich werde dich nicht anmachen, versprochen, nicht rundweg. Ob auch hinterrücks nicht, kann ich nicht versprechen.» Sie hob den Blick wieder und starrte Jonathon geradezu in die Augen. «Nur vergessen Sie nicht, Professor Trelawney, dass ich Sie jede Minute, die ich in Ihrem Seminar verbringe, begehren werde. Wann immer Sie Ihre ethische Auffassung ändern sollten, brauchen Sie nur einen Finger zu krümmen, und ich werde Ihnen gehören, wie immer Sie mich haben wollen.»
Sein Gesicht war wie versteinert. «Dann ist die Lage also diese, dass wir unsere Vergangenheit geheim halten, du mich aber auf jede dir mögliche unverfängliche Weise zu quälen vorhast. Ich werde dich wie jede andere Studentin behandeln und unzugänglich für deine Versuche unterschwelliger Verführung sein.» Er seufzte. «Unglücklicherweise muss uns diese Spannung, auf der du beharrst, einander unleidlich machen. Am Ende werden wir uns gegenseitig verabscheuen, und das ist traurig. Es wird ein paar sehr beglückende Erinnerungen meinerseits beschmutzen, wenn nicht auch deinerseits.»
Sarah ballte die Fäuste. «Du … Du … Du Mann, du!» Sie stand auf und rannte aus dem Zimmer, ehe sie in Tränen ausbrach.
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Kapitel 20
«Sarah. Nancy. Kommt rein.» Veronicas Stimme war sorgfältig neutral gehalten.
Die beiden jungen Frauen, die eine scheinbare Ewigkeit lang im Wartezimmer hatten ausharren müssen, erhoben sich gleichzeitig. Sie schlurften in Veronicas Büro. Craig saß bereits auf einem Stuhl ohne Armlehnen. Er hielt eine Reitpeitsche in der Hand. Veronica schloss hinter ihnen die Tür.
«Ihr dürftet wissen, weshalb ich euch beide hereingebeten habe. Ich bin soeben unterrichtet worden, welch erschütternd schlechten Dienst euer Benehmen zu Silvester dem Ansehen von Classique erwiesen hat.» Während sie sprach, umkreiste Veronica langsam die beiden Mädchen.
«Dieser Mistkerl hat gesagt, er würde nicht petzen», schimpfte Nancy. «Was für ein Arschloch.»
«Ich hatte auch Mrs. Pettifer für eine zufriedene Kundin gehalten.» Sarah errötete beim Gedanken an die kurze, aber eingehende Schmusestunde, die sie mit Caroline verbracht hatte.
«Die Pettifers haben sich zum Glück nicht beschwert. Dennoch wurde ich auf euer erschütterndes Verhalten aufmerksam gemacht. Anmerkungen?»
«Wer war es dann? Mimi? Andrea? Diese Schlampen.» Nancys Stimme hob sich. «Oder war es Naomi – ich hab sie da gesehen, und sie ist eine bösartige Klatschtante –»
«Kein Klatsch. Tatsachen. Meine Mädchen wälzen sich auf dem Boden und beharken einander mit Fingernägeln. Mädchen von Classique. Das Bild hat sich mir ins Hirn gebrannt.»
«Tut mir leid», sagte Sarah. «Wird nicht wieder vorkommen.»
«Nein, wird es nicht», erwiderte Veronica. «Hast du irgendwelche Vermutungen bezüglich der Identität meiner Informantin, Sarah?»
Sarah zuckte mit den Schultern. «Eigentlich nicht. Spielt das eine Rolle?»
«Du hast keine Vermutungen, weil du keins meiner Mädchen kennst. Trifft das etwa nicht zu?»
«Nun ja, ich arbeite unabhängig –» Sarah versiegte die Stimme.
«Und spielst nicht im Team», stellte Veronica fest. «Das mag in deinem anderen Leben gutgehen, doch hier bei Classique erwarte ich von meinen Mädchen, dass sie sich gegenseitig unterstützen. Verstanden?»
«Ja, Madam.» Sarah ließ den Kopf hängen. «Ich hätte Nancy nicht dumm aussehen lassen dürfen. Aber was meinst du, wie ich mich gefühlt habe, als ich im Kostüm von Dorothy erschien?»
«Nancy? Irgendeine Ahnung, weshalb Sarah in einem derart unpassenden Aufzug dort aufgetaucht ist?»
«Ich war in Eile und hab wohl das falsche Kostüm erwischt.» Nancy schob den Unterkiefer vor. «Ich wollte bloß zu Gefallen
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