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Lelord, Francois

Lelord, Francois

Titel: Lelord, Francois Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hector
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flüssiges Gold und den Himmel in eine Feuersbrunst
aus purpurfarbenen und violetten Wolken - eine herrliche Neige des Tages für
einen Mann, der in der Neige seines Lebens angelangt war und dessen Augen nur
noch das Licht einer solchen Abendstunde ertragen konnten.
    Leutnant
Ardanarinja trat näher und kniete vor ihm nieder. Die beiden jungen Frauen
warfen ihr böse Blicke zu. Es hieß, dass der General keinen Alkohol trank, weil
er sich seine Potenz erhalten wollte, und dass er trotz seines Vertrauens in
die traditionelle Heilkunde die Pülverchen aus Rhinozeroshörnern,
Hirschgeweihen und Tigerpenissen aufgegeben hatte und jetzt lieber die neuen westlichen
Medikamente nahm. Leutnant Ardanarinja sagte sich mit einem innerlichen
Lächeln, dass die amerikanischen Pharmalabore unwissentlich eine Menge für die
Rettung bedrohter Tierarten getan hatten. Ihr war aber auch klar, dass der
General, einer der Hauptprofiteure der Waldvernichtung, sich kaum um die Umwelt
scherte.
    Aber sie
gebot diesem Strom aus unverschämten Gedanken sofort Einhalt, denn das alte
Krokodil, das da vor ihr saß, würde trotz seines schwindenden Augenlichts
vielleicht einen ganz leichten Mangel an Respekt in ihren Gesichtszügen
ausmachen, und niemand wollte so genau wissen, was mit den Menschen passiert
war, denen es an Respekt vor dem General gemangelt hatte oder die jedenfalls in
diesen Verdacht geraten waren.
    Der
General befahl mit einer Kopfbewegung, man solle Leutnant Ardanarinja Tee
servieren, und eine der Frauen stellte eine Schale vor ihr ab. Die andere
verschwand im Inneren des Hauses, um etwas zu Essen zu holen. Leutnant
Ardanarinja fiel dabei auf, dass die beiden Frauen hinter ihren bemalten
Lidern und ihren weiß geschminkten Wangen noch ganz jung waren - höchstens
sechzehn. Wahrscheinlich hatte man sie in einem Nachbardorf rekrutiert, und
ihre Familien fühlten sich geehrt, dass die Töchter einem der mächtigsten
Männer des Landes dienten; auf jeden Fall war es das einzige Gefühl, das sie
offen zeigen durften. Aus der Feindseligkeit, die Leutnant Ardanarinja bei
ihnen beobachtet hatte, konnte sie ablesen, dass man sie als Konkurrentin
betrachtete, als die vielleicht nächste Kurtisane. Die armen Kleinen waren sich
ihres größten Trumpfes gar nicht bewusst: Der General mochte nur sehr junges
Gemüse.
    Jetzt
ergriff er das Wort, um Leutnant Ardanarinja aufzufordern, die Landschaft zu
bewundern. Es hatte sich ein Wind erhoben, und an den Flussbänken rauschte das
Blattwerk. All die Ländereien, die sich rundum erstreckten, gehörten dem
General - die Dörfer und deren Bewohner inbegriffen, auch wenn das so in keinem
Gesetz stand. Zwei Damhirsche tauchten am Waldsaum auf, hielten inne und hoben
ihre anmutigen Hälse, um die Menschen auf dem Balkon zu beobachten; dann
näherten sie sich vorsichtig dem Ufer und begannen zu trinken.
    »Mögen sie
unbeschwert weiden, und möge der Wind ihr Fell streicheln«, sagte Leutnant Ardanarinja
in Pali. Der General lächelte. Dieses Zitat aus dem Lotos-Sutra in der Sprache
des Buddhas erfreute ihn, denn er hielt sich für einen glühenden Buddhisten,
und gleichzeitig schmeichelte es seinem Stolz, so gebildete Mitarbeiter zu
haben.
    Leutnant
Ardanarinja sah, dass auch eine der jungen Frauen das Zitat erkannt hatte und
sie mit neuem Respekt anblickte.
    »Und unser
Freund, wo weidet der gerade unbeschwert?«
    »Wir haben
ihn gefunden, mein Gebieter.«
    Der
General schob die Teetasse zurück, die ihm eines der Mädchen gerade reichte.
»Wo?«
    »Beiden
Varak Lao.«
    »Wie
bitte?«
    »Ja, mein
Gebieter«, sagte Leutnant Ardanarinja und begann sofort mit ihren
Erläuterungen, damit dem General keine Zeit blieb, seine Fassungslosigkeit zu
zeigen - einem solchen Verlust an Würde wollte sie keine Sekunde zu lange
beiwohnen, denn sonst hätten ihr später vielleicht Repressalien gedroht. Sie
erklärte, wie sie der Spur der Freunde gefolgt war.
    »Aber die
Varak Lao sind Fremden überaus feindlich gesinnt«, sagte der General. »Sogar
die Varak haben Angst vor ihnen.«
    »]a.«
    Der
General saß in Gedanken versunken da. Sie hatten Englisch gesprochen, aber auch
die jungen Frauen hatten gemerkt, dass es um wichtige Dinge ging. Sie wagten
nicht mehr, ihnen Tee nachzuschenken. Schließlich sagte der General: »Dieser
Mann ...der muss über gewisse Kräfte verfügen ...«
    »Bestimmt,
mein Gebieter.«
    Der
General war sehr abergläubisch; er konsultierte Zauberer, gab sich magischen
Ritualen hin und

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