Lelord, Francois
wenn Sie schlechte Neuigkeiten über uns
hören.«
»Aber Sie
wollen doch nicht etwa mit?!« Pater Jean war gerade bewusst geworden, dass
auch die Lady und Maria-Lucia dabeistanden.
»Doch«,
meinte die Lady. »Die anderen sind einverstanden.«
»Von
wegen«, sagte Hector.
»Aber die
da haben nichts dagegen«, sagte die Lady und zeigte auf die Varak Lao, die
schon einen Elefanten für sie ausgewählt hatten.
»Es kann
gefährlich werden!«, warnte Pater Jean.
Der
Elefant kniete anmutig nieder und beugte der Lady seine enorme Masse entgegen.
Ohne jedes Zeichen von Furcht hob sie ihren Fuß und setzte ihn auf den Nacken
des Tieres. Dann drehte sie sich noch einmal zu Pater Jean um und sagte:
»Hochwürden, ich glaube an das ewige Leben.«
Hector reitet
Hector fühlte sich in eine andere Welt versetzt, als das
riesenhafte Geschöpf seinetwegen die Knie beugte und er es wie einen großen
Felsen besteigen musste, um in den hölzernen Reitkorb zu gelangen, zwei
V-förmig ineinander verschränkte Gitterroste, die absichtlich so entworfen zu
sein schienen, dass in ihnen trotz der Kissen jede erdenkliche Körperhaltung
unbequem war. Der Mahut nahm ohne Sattel auf dem Nacken des Elefanten Platz.
Von Zeit zu Zeit versuchte Hector, sich anders hinzusetzen, aber dabei
streiften seine Füße jedes Mal die Ohren des Tieres, und er konnte nur hoffen,
dass der Dickhäuter ihm das nicht übel nahm. Vor sich sah er den Elefanten von
Brice und Valerie, der sich gelassen den Weg durchs üppige Grün bahnte. Brice
drehte sich mit entzückter Miene um, während Valerie eine Unterhaltung mit
ihrem Mahut begonnen hatte. Seit ihrer Abreise aus der Stadt der Engel hatte
sie die meiste Zeit damit verbracht, die Anfangsgründe der Varak-Sprache zu
erlernen, wobei ihr ein Wörterbuch half, das ein Missionar im vergangenen
Jahrhundert erstellt hatte - ein Pater, der, wie dem Vorwort zu entnehmen
war, den Märtyrertod gestorben war. Natürlich gaben die Varak Lao vor, nicht
dieselbe Sprache zu sprechen wie ihre Verwandten, die Varak, jene schwächlichen
Wesen, die in den Tälern lebten, aber eigentlich war es doch dieselbe, wenn man
von einigen Ausdrücken absah, die sich auf die Spezialität der Varak Lao
bezogen: das Ritual mit den erbeuteten Häuptern. Die Kopfjagd war nämlich kein
Freizeitvergnügen und auch kein Wirtschaftszweig, sondern eine richtige Religion,
und der hübsche Kopf eines Fremdlings ließ todsicher den Wohlstand ins Dorf
einziehen.
Ganz vorn
ging der Elefant mit der Lady und Maria-Lucia. Von hinten wirkte die Lady seltsam
zart; es musste die Eindringlichkeit ihres Gesichts sein, die einem das Gefühl
vermittelte, sie würde den ganzen Raum allein einnehmen. Maria-Lucias langes
schwarzes Haar wiederum erweckte den Eindruck, die Assistentin würde, anders
als die anderen, in diesen Wald gehören.
Jetzt
wurde das Gelände abschüssig und holprig, und Hector begann sich zu fragen, ob
sie es schaffen würden; es schaukelte ganz furchtbar, und er hatte ständig das
Gefühl, gleich aus dem Reitkorb zu rutschen. Vielleicht kam der Elefant ja auch
ins Straucheln und rollte den Abhang hinab ... Der Mahut jedoch schien mühelos
das Gleichgewicht, ja eine Gleichmut zu bewahren, die eines meditierenden
Buddhas würdig gewesen wäre.
Allmählich
gelang es Hector, die in Wellen in ihm aufkeimende Übelkeit zu unterdrücken.
Plötzlich
blieb der Elefant an der Spitze wie angewurzelt stehen, und auch die anderen
gingen nicht weiter. Die Mahuts schienen zu lauschen. Hector konnte zunächst
nichts vernehmen, nur irgendwo in der Ferne ein paar Vögelrufe, aber dann
hörte er, wie Zweige brachen und Laub raschelte. Und dann Elefantenschreie.
Zu ihrer
Rechten sah er die Bäume erzittern, das Blattwerk rührte sich, und große
Schatten strichen durch den Schatten. Wilde Elefanten. Diesmal spürte Hector, wie
sein Herz jubilierte. Er hatte das Gefühl, in das Königreich seiner Kindheit
zurückzukehren, in die Welt der Forschungsreisenden und der unentdeckten
Urwälder.
Die
Schatten verschwanden, und die Zweige brachen jetzt in größerer Entfernung. Die
Arbeitselefanten nahmen ihren Kurs wieder auf.
Allmählich
gewöhnte sich Hector an den Eindruck, nur ein Packen Ballast zu sein, und
spürte jetzt die Hitze wieder. Sie knallte ihm auf den Kopf. Er sah, dass der
Rücken von Brice' Hemd durch einen Schweißstrom zweigeteilt war. Und gleich
darauf sah er gar nichts mehr, denn es hatte begonnen zu regnen - oder
vielmehr, es
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