Lelord, Francois
spendete den Klöstern hohe Summen, um sich von manchen seiner
Taten freizukaufen. Es freute Leutnant Ardanarinja, dass ihn offenbar ein
Gefühl beschlich, das wohl nur die übernatürliche Welt in ihm auslösen konnte -
Angst.
Sie sprach
schnell weiter, denn auch die Angst des Generals wollte sie keine Sekunde zu
lange miterleben. Und so berichtete sie ihm alles: von Edouards Freunden bei
den K'rarang, von Hector und der Lady.
Die beiden
Frauen hatten begonnen, ihnen Früchte zu servieren; sie schälten sie direkt vor
ihren Augen, was wahrscheinlich eine vom General angeordnete Vorsichtsmaßnahme
war: Mangos von zartem Gelb, Mangostanen mit ihrem elfenbeinfarbenen Herzen im
blutroten Schrein, Zimtäpfel, deren Saft zwischen ihren Fingern hinabtropfte.
»Das wird
nicht leicht«, sagte der General schließlich.
Die Varak
hatten eine Art Nichtangriffspakt mit der Regierung. Es würde schwierig und
vielleicht sogar unmöglich sein, Truppen in ihr Territorium zu schicken, selbst
wenn es darum ging, einen Verbrecher festzunehmen. Die Rivalen des Generals
würden eine solche Expedition nicht gutheißen. Und die Varak selbst würden
nicht den geringsten Enthusiasmus zeigen, ihre Leute zu den Varak Lao zu
schicken, denn deren Ruf als Kannibalen und Kopfjäger löste noch immer
Schrecken aus, auch wenn ihre Sitten sich inzwischen geän dert haben mochten.
Wenn man
nämlich gegessen wird, kann die Seele in aller Ewig keit keine Ruhe finden.
Hector schläft bei der Arbeit ein
Die Lady weinte.
»Ich
möchte sterben«, sagte sie zwischen zwei Schluchzern. Sie lag auf ihrer Matte,
das Gesicht in den Händen, und hin und wieder warf sie Hector den Blick eines
waidwunden Tieres zu.
Er war
erschöpft, es war sein dritter Tag in diesem Dorf - die Hitze, die schlaflosen
Nächte auf dem Fußboden -, er konnte keinen klaren Gedanken fassen, um etwas zu
finden, womit sich vielleicht ein konstruktives Gespräch beginnen ließe.
Maria-Lucia
hatte sich neben die Lady gesetzt und begnügte sich damit, ihr die Hand auf die
Schulter zu legen und beruhigende Worte ins Ohr zu flüstern, wie man es sonst
bei Kindern tut. Letzten Endes schien das auch wirkungsvoller zu sein als das
Eingreifen eines Psychiaters, der nach den allerneuesten Techniken der
kognitiven Psychologie ausgebildet war.
Schließlich
richtete die Lady sich auf und blieb in Maria-Lucias Armen sitzen, während die
Assistentin selbst mit dem Rücken an der Zimmerwand lehnte. Maria-Lucia war
kleiner und zierlicher als die Lady, aber jetzt hatte sie die besänftigende
und umhüllende Präsenz einer Mutter, und zu alledem warf sie Hector über die
Schulter der Lady auch noch einvernehmliche Blicke zu.
Die ganze
Szenerie erinnerte immer weniger an eine richtige psychiatrische Sitzung, aber
Hector sagte sich, dass es immerhin mildernde Umstände gab.
»Außer ans
Sterben - woran denken Sie noch?«
Schluchzer.
Schweigen.
»Ich fühle
mich leer ... Ich bin einfach nichts.«
»Wie vor
dem Elefanten?«
»Ja.«
Im Grunde
hatte er bereits verstanden, weshalb die Lady sterben wollte. Die Angst vor dem
Elefanten musste ihr Gefühl, unbedeutend und verletzlich zu sein,
wiedererweckt und auf die Spitze getrieben haben. Sie brachte ihr ganzes Leben
damit zu, genau dieses Gefühl zu verdrängen: durch den Erfolg, durch Drogen,
durch Männer. Wahrscheinlich hatte sie dasselbe damals als Kind gefühlt, als
ein Partner ihrer Mutter zu ihr ins Kinderzimmer gekommen war und die Tür
hinter sich zugemacht hatte.
»Ich kann
nicht mehr ... Diese Leere ...«
Auch der
plötzliche Abbruch der Dreharbeiten hatte es nicht besser gemacht; der
männliche Filmpartner der Lady war gerade von einem hundsgemeinen Fieber
niedergestreckt worden, und man hatte ihn mit dem Hubschrauber ausfliegen müssen.
George und Ann schienen sich damit abgefunden zu haben, die Dreharbeiten
aussetzen zu müssen, und suchten auf der Weltkarte nach einem Dschungel, in dem
die Regenzeit später begann. In zwei Tagen würde die ganze Crew in Richtung
Hauptstadt abziehen, aber diese Programmänderung schien die Seelenlage der
Lady vollends durcheinandergebracht zu haben, denn unvorhergesehene Ereignisse
mochte sie nur, wenn sie von ihr selbst ausgelöst worden waren.
Hector sagte
ihr noch ein paar Dinge wie: »Aber nein, Sie sind nicht nichts, sehen Sie doch
mal, wie sich Maria-Lucia und ich um Sie kümmern«, aber er hatte den Eindruck,
dass seine Worte weniger nützten als Maria-Lucias Taten: Sie wiegte die
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