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Lelord, Francois

Lelord, Francois

Titel: Lelord, Francois Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hector
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Gelegenheit gehabt, die anderen
Varak Lao über Hector und seine Freunde aufzuklären. Angesichts des totalen
Schweigens fragte sich Hector, ob Valerie wohl das richtige Wörterbuch
konsultiert hatte, aber dann begriff er, dass es für die Varak Lao einfach
unglaublich und sogar schreckenerregend war, wenn sich eine blonde, blauäugige
Frau in ihrer Sprache an sie wandte. Das ganze Dorf schien einen Augenblick
lang wie versteinert. Vielleicht würde man dieses Ereignis zur Erbauung
künftiger Generationen in einen Baumstamm schnitzen.
    Schließlich
bekam Valerie Antwort von einer der jungen Frauen, und es entspann sich ein Gespräch.
Idwa meditiere, erklärten sie Valerie. Bis er fertig sei, sollten sie sich in
dem langen Haus einrichten.
    Und wann
würde Idwa kommen?
    Morgen.
Vielleicht.
    »Morgen
oder vielleicht?«, fragte Brice. »Bei den Varak Lao ist das ein und dasselbe
Wort«, meinte Valerie.
    Die Lady
ertrug es nicht länger, dass sich nicht alles um sie drehte. »Wie süß die
sind!«, rief sie aus und zeigte auf die Kinder. Und ehe Hector sie aufhalten
konnte, marschierte sie schon mit ausgestreckten Armen auf eine Gruppe von
Kindern zu. Eine Varak-Lao-Frau stellte sich brüsk dazwischen, während die
Kleinen ohne ein Lächeln zurückwichen. Die Lady blieb verdrossen und auch ein
wenig erschrocken stehen.
    »Ich
glaube, dass Fremde die Kinder nicht berühren dürfen«, sagte Valerie. »Auf jeden
Fall haben Frauen nicht das Recht, die Jungs anzufassen.«
    »Und haben
fremde Jungs das Recht, die Frauen der Varak Lao anzufassen?«, wollte Brice
wissen.
    »Hör doch
auf, das ist wirklich nicht der richtige Moment.«
    »Hier ist
es schrecklich!«, sagte die Lady mit Zorn in der Stimme. »Ich will...« Aber
mitten im Satz brach sie ab.
    Hector
vermutete, dass sie es sich verkniffen hatte zu sagen: »Ich will wieder fort!«,
also verkniff er es sich, ihr zu entgegnen: »Habe ich es Ihnen nicht gleich
gesagt?«
    »Sie
sagen, dass Idwa vor dem Tod meditiert«, erklärte Valerie. »Oder vor einem
Toten? Ich habe das nicht richtig verstanden ...«
    »Edouard
hat sich wirklich verändert«, meinte Brice.
    »Jenes Feuer vor mir ist
erloschen«, sagte Hector.
    Ein
anderes Feuer war hingegen geschürt worden, und zwar unter einem Loch im Dach
jenes Hauses, das man für Hector und seine Freunde vorbereitet hatte. Ein
Kessel mit Suppe wurde gerade warm. Sie befanden sich jetzt tausend Meter höher
als zu Beginn ihrer Reise, und die Kühle der Nacht zog heran. Vorsichtig
bewegten sie sich über den Bambusfußboden, der unter ihren Schritten
schwankte. Hector dachte sehnsüchtig an den Bretterboden der K'rarang. Aber er
wusste ja, dass Glück eine relative Sache war.
     
    Hector nimmt ein Bad
     
    Hector erwachte.
Der Himmel im Türausschnitt begann blasser zu werden. Seine Reisegefährten
schliefen - die Glücklichen!
    Am
Vorabend hatten sie den verfügbaren Raum unter sich aufgeteilt. Die Lady,
Maria-Lucia und Valerie hatten den hinteren Teil des Hauses bekommen, während
Brice und Hector in der Nähe des Eingangs lagen - ein Versuch der Geschlechtertrennung
(über ein quer durch den Raum gespanntes Seil hing eine Matte, um die
Frauenecke abzuschirmen) und ein Zeichen dafür, dass die Männer die Gruppe
beschützten, auch wenn weder Brice noch Hector ernsthaft glaubten, dass ausgerechnet
aus Richtung Tür Gefahr drohte.
    Jetzt
verspürte Hector das dringende Bedürfnis, sich zu waschen, woran man deutlich
sah, dass er noch nicht an Abenteuer - an richtige Abenteuer - gewöhnt war. Er
kroch zur Bambusleiter und stieg sie vorsichtig hinab. Er erinnerte sich, unter
den Pfeilern des Nachbarhauses eine Art Badewanne gesehen zu haben, einen
ausgehöhlten Baumstamm, in den Wasser lief, das man mittels einer Reihe
ineinandergesteckter Bambusstangen von einem Bach abgeleitet hatte. Im heller
werdenden Morgenlicht fand er die Waschstelle wieder. Zwei kleine schwarze
Schweine waren gerade dabei, ihren Durst zu stillen; als sie Hector sahen,
hoben sie ihm zuerst ihre Rüssel entgegen und nahmen dann Reißaus. Es war mehr
ein Trog als eine Badewanne, aber in dieser Gegend sollte man lieber keine
Ansprüche stellen.
    Hector
entkleidete sich und stieg ins Wasser. Er musste einen Aufschrei unterdrücken,
weil es so kalt war. Gerade hatte er begonnen, die morgendliche Stunde, in der
er noch ganz allein sein konnte, zu genießen, als sich auf einem kleinen Weg
zwischen den Pfahlhäusern eine Gruppe junger Varak-Lao-Frauen im

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