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Lelord, Francois

Lelord, Francois

Titel: Lelord, Francois Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hector
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mitverantwortlich. In gewisser Weise habe ich
ihn wirklich fallen lassen, als ich damals das Abendessen abgesagt habe, während
er dringend den Trost eines Freundes gebraucht hätte. Und warum habe ich
abgesagt? Damit ich meinen nichtigen Vergnügungen nachgehen konnte ...«
    Hector
dachte, dass Idwa in seinem Freund Edouard immer weiter heranwuchs.
     
    Hector begegnet einem Wunder
     
    Sie gewöhnten sich an die Geräusche des Waldes zu den verschiedenen
Tageszeiten. Inzwischen konnten sie mindestens drei Arten von regelmäßig
wiederkehrenden Vogelrufen unterscheiden. Am schwersten zu ertragen waren die
Dorfhähne, die schon wie entfesselt zu krähen begannen, wenn die Morgendämmerung
noch weit war. Hector hatte den Eindruck, dass es immer derselbe Hahn war, der
seinen Schrei zu ungebührlich früher Stunde losließ, und dass sich die übrigen
Hähne dann verpflichtet fühlten, ihm zu antworten. Zu gerne hätte er diesen
gestörten Hahn ausfindig gemacht, um mit ihm ein kleines animistisches
Opferritual zu veranstalten.
    Tagsüber
sahen sie auch graue Affen mit langen Schwänzen, und Edouard hatte ihnen
erzählt, dass es hier noch Orang-Utans gab, aber dass man sich ihnen nur schwer
nähern konnte.
    »Und
Tiger?«
    »Durch all
die verschiedenen Milizen laufen hier eine Menge Männer mit Gewehren herum, und
natürlich gibt es auch Wilderer. Aber in der Abenddämmerung begegnet man manchmal
noch welchen.«
    Sie
versuchten, sich die Zeit nicht allzu lang werden zu lassen, aber der Artikel
würde bestenfalls am nächsten Morgen in Europa erscheinen, und dann war es hier
schon früher Nachmittag, und vielleicht würde er ja auch erst ein, zwei Tage
später gedruckt werden. Brice hatte die Neuigkeit gewiss schon an Leutnant
Ardanarinja weitergetragen, aber die wollte sich, wenn Hector während ihrer
kurzen Wortwechsel am Walkie-Talkie das Thema anschnitt, auf kein Gespräch darüber
einlassen. Wahrscheinlich musste sie die Sache erst dem General melden und
seine Befehle abwarten.
    Am
Nachmittag nahm Edouard sie zu dem Elefanten mit, für dessen Zähmung ihn
sämtliche Varak-Lao-Dörfer der Umgebung verehrten. Sie hatten erwartet, das
Tier bei den übrigen Elefanten zu finden, also angepflockt neben dem Gemeinschaftshaus,
aber Edouard führte sie zu dem großen Bauwerk, das mit geschnitzten Pfosten
umgeben war.
    Die Tür
ging auf, und Hector erkannte im Halbdunkel die Umrisse eines riesigen Körpers,
der ganz gestreift aussah durch die Sonnenstrahlen, die durch die Zwischenräume
der Bretter drangen.
    Ihre Augen
gewöhnten sich an die Dunkelheit, und Maria-Lucia bemerkte es als Erste: »Aber
er ist ja ganz anders als die anderen!«
    Edouard
nickte nur. Tatsächlich zeigte dieser Elefant, der sie neugierig anschaute,
nicht das schwärzliche Grau seiner Artgenossen. Er war ... rosa! Er hatte
beinahe die Hautfarbe eines Europäers, mit dunkleren Zonen an den Flanken und
am Rand der Ohren. Seine Augen, mit denen er die Neuankömmlinge aufmerksam
fixierte (auch für den Elefanten war es die erste Begegnung), waren von einem
fahlen Gelb, wodurch er weniger menschenähnlich wirkte als seine Artgenossen.
    »Er ist
ein Albino«, sagte Edouard. »Er ist rosa, und solche Tiere nennt man, warum
auch immer, weiße Elefanten.«
    Der
Elefant setzte einen Schlusspunkt hinter diese Erklärung, indem er ein paar
enorme Kothaufen fallen ließ, die ganz normal gefärbt waren.
    Ein weißer
Elefant, das begehrteste Symbol des Königtums in dieser Weltgegend. Könige, die
keinen weißen Elefanten besaßen, hatten bisweilen Kriege geführt, um einen zu
erobern, denn ohne dieses mythische Tier wurde ihr Geschlecht weder von ihren
Untertanen noch von den Nachbarn anerkannt. Hieß es nicht außerdem, dass der
weiße Elefant eine der Inkarnationen des Glückseligen war? Nun begriff Hector,
weshalb Edouard den Varak Lao wie ein Fabelwesen vorgekommen war, und wenn man
so sah, wie sein Freund mit seiner knöchernen Hand den Kopf des Elefanten
streichelte, der diese Liebkosungen sichtlich genoss, fragte man sich schon, ob
das nicht wirklich ein Wunder war.
    Ein
Knacken und Spucken des Walkie-Talkies ließ sie und den Elefanten
zusammenschrecken und riss sie aus ihrer Verzauberung. Es war Leutnant
Ardanarinja.
    Sie
drückte sich kurz und bündig aus: Wenn der Zeitungsartikel erscheinen sollte,
hätten die Varak Lao schon bald einen schönen und ganz frischen Männerkopf mehr
für ihre Sammlung.
     
    Hector tröstet eine Freundin
     
    Hector

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