Lelord, Francois
besonderen Sympathien für die Lady.
Sie verkörpert nicht so richtig die buddhistischen Tugenden.«
»Da kann
ich ihm nur zustimmen.«
»Ich
glaube sogar, dass er denkt, ein wenig Askese würde ihr nicht schaden. Sie
hätten lieber mich dabehalten sollen.«
Sie
entgegnete nichts darauf. Hector wollte ihr klarmachen, wie sinnlos das Ganze
war, wenn Edouard sich weigerte, das Geld zu überweisen. Was sollten sie dann
mit der Lady anfangen? Sie konnten zwar immer noch versuchen, Edouard zu
entführen, aber Idwa wurde von den getreuen Varak Lao beschützt.
»Ich werde
Ihnen helfen«, sagte Hector.
Er hatte
den Eindruck, ihr Lächeln durchs Walkie-Talkie hindurch zu spüren. »Lassen Sie
hören.«
»Ich
schicke Ihnen meinen Freund Brice. Er ist ein exzellenter Psychiater; er wird
die richtigen Worte finden, wenn er mit der Lady spricht. Und da Sie ihn ja
schon so gut kennen, können Sie sicher sein, dass es keine Falle ist.«
Stille.
Hector hätte viel dafür gegeben, Leutnant Ardanarinjas überraschte oder wütende
Miene sehen zu können. Ein Bond-Girl mit den eigenen Waffen zu schlagen, wäre
ein köstliches Vergnügen gewesen, hätte Hector nur nicht ständig daran denken
müssen, dass der Mann mit den leeren Augen sein Haus und seine Familie kannte.
»Außerdem
wird Brice Ihnen erklären, was wir zu tun beschlossen haben. Ich reiche das
Funkgerät mal weiter, damit Sie besprechen können, wo und wie Sie sich
treffen.«
Später,
die Nacht war schon hereingebrochen, kehrte er erschöpft in ihr Haus zurück.
Dort saß Valerie, ganz ins Studium des Varak-Lao-Wörterbuchs vertieft. Sie hob
den Blick und lächelte. »Nun, kommt Bewegung in die Angelegenheit?«
»Ja, ich
hoffe schon. Wo ist Maria-Lucia?«
»Bei Idwa.
Sie diskutieren gerade die Gemeinsamkeiten oder vielleicht auch die Unterschiede
zwischen Buddhismus und Christentum.«
»Die
Unterschiede sind gewaltig, aber in puncto alltägliche Lebensführung könnte man
einen idealen Buddhisten nur schwer von einem idealen Christen unterscheiden.«
Plötzlich
wurde Hector klar, dass er zum zweiten Mal seit Antritt der Reise mit Valerie
allein war. Das erste Mal war der Moment am Vortag gewesen, als sie sich nackt
gesehen hatten. Er durfte unter keinen Umständen ... Schnell streckte er sich
in der Zimmerecke aus, in der er am weitesten von Valerie entfernt war. Aber
vielleicht sollte er doch lieber zu Edouard ge hen und
mit ihm den grundlegenden Unterschied zwischen dem Parinirvana und dem
himmlischen Königreich diskutieren? Er richtete sich wieder auf.
»Ich
spüre, dass du verlegen bist«, sagte Valerie.
»Ahm ...
nein ... wieso ... überhaupt nicht...«
»Aber ja
doch!«
Alle
Untersuchungen hatten bestätigt, dass Frauen im Lesen nonverbaler Botschaften
den Männern überlegen waren - eine nützliche Befähigung, wenn man sich um die
Menschenjungen kümmern musste! Selbst ohne Spezialausbildung hatte Valerie nach
all ihren Begegnungen mit Völkerstämmen, deren Sprache sie nicht immer konnte,
wahrscheinlich ein ebenso scharfes Auge wie Leutnant Ardanarinja, wenn es darum
ging, etwas vom Gesichtsausdruck eines Menschen abzulesen.
»Ist es
wegen gestern?«
»Wieso
wegen gestern?«
»Du weißt
ganz genau, was ich sagen will.«
Er hatte
den Moment genau vor Augen - wie ihnen in der Morgendämmerung, an einem
rauschenden Bächlein, bewusst geworden war, dass sie einander begehrten - und
absurderweise wurde er jetzt auch noch rot! »Ja, es ist wohl wegen gestern.«
Valerie
lächelte, diesmal wie eine gute Kameradin. »Tut mir leid, dass es dich verlegen
macht. Ich wollte dir sagen, dass ich es bedaure ...«
»Was gibt
es da zu bedauern?«
»Das weißt
du genau.«
»Ahm ...
ich bedaure es auch ...«
»Ich
glaube, zuerst habe ich es gespürt. Wenn ich nichts unternommen hätte, wäre es
dir vielleicht gar nicht bewusst geworden.«
»Hm, kann
sein. Bei mir war es Verleugnung, wie der Psychiater sagt.«
»Natürlich.«
Er konnte
Valerie nicht lange anschauen, er hatte das Gefühl, dass er, wenn sich ihre
Blicke zu lange begegneten, zu ihr gehen und sie küssen würde. Aber das durfte
er nicht...
»Mach dir
keine Sorgen«, sagte sie. »Es war nur eine momentane Laune. Wenn du jetzt
versuchen würdest, mich zu küssen, würde ich Nein sagen.«
»Ach so,
wenn ich es versuchen würde?«
»Ich weiß
genau, dass wir hinterher beide unglücklich wären.«
Hector
schaute Valerie an, ihr offenes Lächeln, ihre strahlenden Augen, und er
verspürte für
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