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Lelord, Francois

Lelord, Francois

Titel: Lelord, Francois Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hector
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verwünschte sich. Valerie weinte. Edouard war in
seine Hütte gegangen, um zu meditieren.
    Sie hatten
sich für so clever gehalten. Jetzt sagte sich Hector, dass sie sich eher
benommen hatten wie ein paar Pfadfinder, die glauben, sie könnten der Mafia
einen Streich spielen. Bevor die nächsten Akte der Katastrophe eintreten
konnten, war Hector zum Satellitentelefon gestürzt, um Clara zu sagen, sie
solle mit Petit Hector und dem Hund einige Tage bei einer Freundin verbringen,
die in einem gut gesicherten Gebäudekomplex wohnte.
    Er fragte
sich, was einen derartigen Idioten aus ihm gemacht hatte. Die Hitze
vielleicht? Der Eindruck, in einer Parallelwelt gelandet zu sein? Der naive
Gedanke, eine Beziehung zu Leutnant Ardanarinja aufgebaut zu haben? Die Nachbarschaft
der Elefanten? Idwas spirituelle Präsenz, die ihnen allen ein seltsames Gefühl
von Beschütztheit gab? Oder war es der Wunsch gewesen, Druck auf die Leute
auszuüben, die es gewagt hatten, seiner Familie einen Todesboten zu schicken,
einen Kerl, der sich in sein Haus eingeschlichen und den Kopf seines Sohnes
gestreichelt hatte?
    Buddha
hätte dazu gesagt, er habe sich von Unwissenheit, Stolz und Wut verblenden
lassen.
    Valerie
hatte sich vergeblich bemüht, den Journalisten anzurufen. Die Verbindung ließ
sich nicht herstellen, das Netz war in diesen frühen Abendstunden überlastet.
Und morgen wäre es zu spät, um den Artikel, der bereits im Druck sein musste,
noch zurückzuziehen.
    Hector
hatte versucht, mit Leutnant Ardanarinja zu sprechen, aber sie hatte das
Walkie-Talkie gleich an Brice weitergereicht.
    »Brice?«
    »Ja, ich bin's.
Ihr wisst also schon Bescheid, wie die Dinge stehen. Ich bitte euch, stoppt das
Ganze sofort. Als wahre Freunde werdet ihr mich doch nicht im Stich lassen?«
Brice versuchte, in dem unbeschwerten Tonfall zu sprechen, den sie an ihm
kannten, aber die Angst, die unüberhörbar aus ihm sprach, übertrug sich auf
alle anderen.
    »Nein«,
sagte Hector, »natürlich nicht.«
    »Wir
lassen dich niemals im Stich, Brice«, rief Valerie.
    »Tut mir
leid wegen all der Missverständnisse«, sagte Edouard, »aber wir lassen dich
doch nicht einfach fallen, alter Junge.«
    »Ich bitte
euch darum«, sagte Brice, »ich bitte euch darum.«
    Hector
spürte, dass er gleich zu weinen beginnen würde.
    »Ende des
Gesprächs«, sagte Leutnant Ardanarinja.
    Hector
konnte ihr gerade noch sagen, dass, falls Brice etwas zustieße, ein weiterer
Artikel mit mehr Einzelheiten erscheinen würde, und Edouard hatte hinzugefügt,
dass der General keinen einzigen Dollar wiedersehen werde, wenn seinem Freund
auch nur ein Härchen gekrümmt würde. Aber Leutnant Ardanarinja hatte darauf
mit keiner Silbe reagiert.
    Danach
ging sie, wenn Hector sie zu kontaktieren versuchte, nicht mehr ans
Walkie-Talkie. Wahrscheinlich musste sie ihre Befehle abwarten, die nach dem
morgendlichen Dienstbeginn der europäischen Botschaften eintreffen würden, wenn
es in diesem Dschungel also Nachmittag war.
    Edouard
hatte mit den Varak Lao gesprochen, aber keine greifbaren Ergebnisse erzielt.
Sie wollten die Rückkehr ihres Häuptlings abwarten. Und man konnte ja
verstehen, dass sie keine Lust hatten, einen Krieg gegen die Varak und die
Nationalarmee vom Zaun zu brechen, nur um das Leben eines Ausländers zu
retten, der noch dazu die ärgerliche Neigung hatte, ihre Frauen zum Kichern zu
bringen und viel zu viel Palmwein zu trinken - ein himmelweiter Unterschied
zum Verhalten des heiligmäßigen Idwa, gelobt sei sein Name. Sie konnten Hector
und seinen Freunden lediglich sagen, wo sich Leutnant Ardanarinja und ihre
kleine Truppe gerade aufhielten, denn die Aufklärer der Varak Lao hatten sie
natürlich längst aufgespürt und folgten jetzt all ihren Bewegungen.
    Hector war
klar, dass man ohne einen Varak-Lao-Führer keine Chance hatte, bis zu Brice
vorzudringen. Aber selbst dann ... was hätte man tun können? Profisöldner mit
bloßen Händen angreifen? Leutnant Ardanarinja bezirzen? Er hatte ja gerade erst
schmerzlich erfahren, was es brachte, wenn sie sich auf einem Gebiet
versuchten, mit dem sie sich nicht auskannten.
    Später lag
Hector im Gemeinschaftshaus und schickte sich an, die längste Nacht seines Lebens
zu verbringen. Maria-Lucia hatte es vorgezogen, mit Idwa beten zu gehen, und so
war er wieder einmal mit Valerie allein.
    »Schläfst
du?«, fragte sie.
    »Nein.«
    Dann
herrschte Stille.
    »Was für
eine Strafe ...«, sagte Valerie nach einer Weile

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